6.15 Subventionen ohne Ende
6. Förderrichtlinien
6.17 Die Vorschläge zur GAP
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6.16 Die GAP und der Rechnungshof

Nun hat er gesprochen – der Europäische Rechnungshof (der Hof), die Aufsichtsbehörde der EU, vergleichbar mit unserem Bundesrechnungshof zur Kontrolle des Haushaltsvollzugs, der von der EU verausgabten Finanzmittel.

Der Agraranteil mit seinen vielen Milliarden EUR, der größte Anteil am Finanzhaushalt der EU, und hier die GAP, stehen dabei in Folge des anstehenden Reformvorschlags im Mittelpunkt. Der nun vorliegende Bericht, das aktuelle Prüfungsergebnis zu diesem Vorschlag, verdeutlicht unmissverständlich, welche Mängel noch aufzuarbeiten sind, wenn die Reform der GAP 2014 in Kraft treten soll und deutet zumindest an, wo noch gravierende Unklarheiten vorliegen.

Die Mängelliste ist lang und vieles bleibt fraglich.

Da bemängelt der Hof die fehlende Vorgabe klarer Ziele der GAP und ihrer Reform. Ergebnisorientierung bleibe offen. Das Ergebnis des Milliarden-Einsatzes wird so nicht messbar werden.

Die Förderung des Ländlichen Raumes auf vier verschiedenen Regelungsebenen lässt einen abgestimmten Rahmen vermissen. Die jeweiligen Förderungsinhalte, der Mitteleinsatz, die erwarteten Ergebnisse bleiben unklar. Erfahrungsgemäß wurden diese seither von den oft unberechtigten Empfängern, den Begünstigten schön geredet und verschleiert.

Im Nebel bleibt die Forderung, dass vorrangig „aktive Landwirte“ gefördert werden sollen. Agrarkapitalgesellschaften ohne persönliches, unternehmerisches Risiko, diese „Unternehmer“ – Inhaber –, dürfen da keinen Schlupfwinkel finden. Für Agrarindustrie – Kartelle, Massentierhaltung und ihre jeweiligen Güllepartner, einige Molkereien, Südzucker, KTG Agrar AG, Tiemann – GS agri, Fleming und Wendeln, Wiesenhof und viele andere mit ihren jeweiligen Partnern, von diesen abhängigen Landwirtschaftsbetrieben, können selbstverständlich nicht als „aktive Landwirte“ eingestuft werden.[1] [2]

Solche Monopole und Oligopole haben die Neigung, dass die staatlichen Finanzhilfen der abhängigen landwirtschaftlichen Betriebe nach oben weiter fließen, und sei es über ihre Preispolitik.

Nur „aktive Landwirte“, persönlich engagierte, eigenverantwortliche Unternehmer vor Ort im Betrieb können die Fördervoraussetzungen erfüllen.

Die GAP lässt jedoch seither alles offen und hat es nicht leicht, diesen Missbrauch von öffentlichen Finanzhilfen – Steuergeldern – für die Zukunft zu verhindern.

Unklar ist und bleibt bisher noch der konkrete Inhalt der II. Säule. Zunächst ist für die 27 EU-Staaten eine abgestimmte, definierte Terminologie erforderlich, um auch auf dieser Ebene die Voraussetzungen für Gleichbehandlung zu schaffen und die regionalen Unterschiede im Preis-, Kostenniveau und der Lebenshaltungskosten zu berücksichtigen.

Verwirrende Abkürzungen ohne klare einheitliche Definition für die 27 EU-Staaten müssen zu nicht akzeptablen Differenzen führen. Europaweite Durchführungsverordnungen und ein entsprechendes Kontrollsystem sind zwingend erforderlich, um die Effizienz zu sichern.

Ziel soll es primär sein, das Pro-Kopf-Einkommen je Person, die Produktivität zu steigern. Dabei sind die großen Einkommensdifferenzen und unterschiedliche Lebenshaltungskosten innerhalb der 27 EU-Staaten von großer Bedeutung.

Die Wirksamkeit der seither in der I. Säule vorgesehenen Staffelung und Deckelung wird vom Hof in diesem Zusammenhang als wenig wirksam eingestuft.

Von einem Bedarfsnachweis ist nichts zu lesen. Oder soll tatsächlich ein gut verdienender aktiver Landwirt, sei es aus seinem landwirtschaftlichen Betrieb oder anderweitig, zum Beispiel Windenergie oder andere Einkommensquellen, noch öffentlich gefördert werden? Was wird der Hof dazu sagen? Bei Arbeitslosen und Sozialhilfebedürftigen geht das schließlich nur mit Bedarfsprüfung.

Ein großes Fragezeichen bleibt bei der II. Säule. Was ist, was bleibt und was wird künftig dort an wen gefördert werden? Öffentliche Zahlungen für öffentliche Leistungen – das hört sich gut an. Doch die Gefahr, dass die seitherige Ungerechtigkeit der GAP künftig vor allem in der II. Säule ihre Fortsetzung findet, ist nicht ausgeschlossen.

Cross Complaints, Greening, Modulation, Umweltschutz, Erzeugung gesunder Nahrungsmittel, Pflege des Ländlichen Raumes, Erhalt der Kulturlandschaft und der Bodenfruchtbarkeit und vieles mehr stehen auf dem Plan. Doch was ist in welchem Umfang mit öffentlichen Mitteln wo und wie zu fördern, um ein vorgegebenes nachprüfbares Ziel zu erreichen, wenn es ohne Förderung tatsächlich nicht erreichbar ist.

Der Einfluss der Subventionierung über die GAP auf die Pacht- und Bodenpreise ist offenbar nicht bedacht worden.

Fruchtfolge und Humuswirtschaft zum Beispiel sind schon immer, seit Jahrhunderten, Elemente einer gesunden Landbewirtschaftung und im Bewusstsein der Bauern, der aktiven Landwirte, zwecks Erhalts der Bodenfruchtbarkeit und damit der Existenz selbstverständliche Werte auf dem Lande. Wenn diese in den letzten 20 Jahren in Folge des Agrarstrukturwandels und einer damit einhergehenden, geradezu unverantwortlichen Förderpolitik beschädigt wurden, sind diese Förderstrategien zu prüfen und zu ändern, ggf. abzuschaffen. Investitionshilfen auch der Agrarkapitalgesellschaften, der Agrarkonzerne, Liquiditätshilfen, Zinszuschüsse, Altschuldenerlass und weiter jährliche Milliarden belasten das Vertrauen in die Agrarpolitik unerträglich.

Die Vorgabe klarer betrieblicher Verpflichtungen, zum Beispiel zur Fruchtfolge und zur Humuswirtschaft, zum Umweltschutz, Vorbeugung von Erosionsschäden, Unterlassung von Überdüngung, unangemessener Pflanzenschutz und Einsatz chemischer Mittel etc. wären notwendig, entgegen der „Förderpolitik“ der einschlägigen Industrie, der es um ihre Umsätze und Gewinne geht. Was mit der chemischen Keule zerstört wird, interessiert offensichtlich nicht. Wer diese obigen Bedingungen nicht einhält, muss mit Strafen, Ordnungsgeld, Gebühren und Verpflichtung ihrer Beseitigung rechnen. Wer solche Regelungen einhält, sich also gesetzeskonform verhält, als aktiver Landwirt in seinem Betrieb hiergegen nicht verstößt, erhält keine solche Strafe, aber hierfür auch keine Fördermittel für sein gesetzeskonformes Verhalten.

Schließlich bekommt der Verkehrsteilnehmer, der sich an die Straßenverkehrsordnung gesetzeskonform verhält, hierfür auch keine Prämie, sondern nur bei Verstößen hiergegen Ordnungsgeld und Punkte – also Strafe.

Dieses Prinzip sollte bei jeder Subventionsvergabe gelten bei der Verfügung über öffentliche Mittel, Steuergelder oder öffentlicher Darlehensaufnahme, Verschuldung des Staates.

Die sog. II. Säule lässt noch vieles, wenn nicht alles, offen. Konkrete Ziele festzuschreiben für den jeweiligen Mitteleinsatz, die Mittelverwendung, ihre Kontrolle und eine Prüfung des Ergebnisses, lassen auf sich warten. Die Sorge, dass es hier zu einer ähnlich ungerechten Mittelverteilung kommen könnte, wie seither bei der I. Säule, ist nicht unberechtigt.

Wo ist welcher, wie viel Einsatz von öffentlichen Finanzmitteln notwendig, um die öffentlichen Leistungen zu erhalten? Oder sind solche auch in vielen Fällen, wie in früheren Jahrzehnten, ja Jahrhunderten, erreichbar, dank rationaler ökonomischer, verantwortungsbewusster Wirtschaftsweise und Interessen der aktiven Landwirte? Kostengerechte Erlöse sind in diesem Zusammenhang unverzichtbar, die der aktive Landwirt für seine Leistungen braucht. Eine Subventionierung der Verbraucherpreise des Konsumenten könnte dann beim Endverbraucher, im Handel, erfolgen, anstatt beim Erzeuger/Produzenten.

Eine umfassende Transparenz müsste die Zusammenhänge verdeutlichen. Ohne Beachtung solchermaßen rechtsstaatlicher Kontrollmöglichkeiten können auch die 27 EU-Staaten in dieser Gemeinschaft/ der GAP nicht bestehen.

 

siehe auch Kapitel:    22.3    -  Eigentum verpflichtet 

www.kuchs.de             8.1     -  Transparenz 

                                  6.12  -  Reform der GAP 

                                  0.12  -  e.G. Kahla 

                                  1.15  -  Erfolgsmeldungen 

                                  1.17  -  Freiheit, Einheit, Rechtsstaat 

                                  6.3    -  Eine Sonderpublikation 


[1] Unabhängige Bauernstimme, Heft 4/2012

[2] Kritischer Agrarbericht 2001, 2007, 2010, 2011

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