5.4 Bundesverfassungsgericht, 1 BVR 1759/91, Verfassungsbeschwerde (zur Prüfungspflicht der Genossenschaften) - gekürzt -
5. ordentliche Bilanz
6.1 Freistaat Sachsen auf dem Weg zum Rechtsstaat
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5.5 Vom Eigenkapital einer ordentlichen Bilanz zum Eigenkapital i. S. § 44 LwAnpG bei Fortführung und bei fehlgeschlagener Rechtsnachfolge

1. Rechtliche Grundlagen

 

Der Begriff „Eigenkapital“ ist festgelegt im § 272 HGB. Danach zählen zum Eigenkapital das gezeichnete Kapital sowie Kapitalrücklagen und Gewinnrücklagen.

Im § 266 HGB ist die Bilanzgliederung festgelegt. Danach ist zum Schluss eines Wirtschaftsjahres neben dem gezeichneten Eigenkapital, der Kapitalrücklage und Gewinnrücklage (aus erwirtschafteten Gewinnen) auch der Gewinn- bzw. Verlustvortrag sowie der im abgeschlossenen Wirtschaftsjahr erwirtschaftete Überschuss oder Jahresfehlbetrag in der Gliederung des Eigenkapitals je einzeln auf der Bilanzpassiva auszuweisen.

Nach §§ 150, 152 Aktiengesetz gelten die handelsrechtlichen Vorschriften entsprechend. Gleiches gilt mit engen Spielräumen nach § 42 GmbH-Gesetz und § 33 GenG.

 

In § 4 (1) Einkommensteuergesetz finden wir eine Definition des Eigenkapitals als Betriebsvermögen, wonach sich der Gewinn ergibt aus dem Unterschiedsbetrag des Betriebsvermögens, sprich Eigenkapital, am Ende des Wirtschaftsjahres abzüglich des Betriebsvermögens am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres, zuzüglich Entnahmen abzüglich Einlagen. Betriebsvermögen (EK) ist auch hier zu verstehen i.S. HGB.

Bei Kapitalgesellschaften sind (Privat-)Entnahmen und (Privat-)Einlagen nicht möglich, es sei denn, als verdeckte Gewinnausschüttung oder verdeckte Einlagen bzw. eigenkapitalersetzende haftende Gesellschafterdarlehen.

 

Im Übrigen gelten die handelsrechtlichen Vorschriften nicht nur für Kapitalgesellschaften, sondern auch für Einzelunternehmer oder Gesellschaften bürgerlichen Rechts/Personengesellschaften, wenn die Voraussetzungen der §§ 1 bis 7 HGB erfüllt sind.

Rechnerisch ergibt sich das Eigenkapital jeweils aus der Summe der Bilanzaktiva abzüglich der Verbindlichkeiten, der Rückstellungen i. S. HGB § 249 und Anzahlungen.

 

Dabei ergibt sich die Summe der Aktiva grundsätzlich aus den Anschaffungskosten, abzüglich der Abschreibungen für Abnutzung(AfA), aller Aktiva-Wirtschaftsgüter/Vermögensgegenstände.

 

Die Grundsätze der Ordnungsmäßigkeit der Buchführung (GoB) ergeben sich aus § 238 HGB. Danach muss die Buchführung so geschaffen sein, „dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung verfolgen lassen.“

 

Der Jahresabschluss ist gemäß § 243 HGB nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung zu erstellen.

Nach §§ 239 ff HGB sind diverse Details über die Führung der Handelsbücher sowie der Bilanzierung und Bewertung vorgeschrieben. Ebenso in § 6 EStG.

Die Verletzung der GoB kann schwerwiegende, auch strafrechtliche, Konsequenzen haben, insbesondere ist dabei auch an steuerrechtliche Folgen und das Insolvenzstrafrecht zu denken. Eine Missachtung der GoB kann zur Nichtigkeit des Jahresabschluss führen.

 

Bei der ordentlichen Bilanz i. S. § 44 LwAnpG handelt es sich um eine Bilanz, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung erstellt ist und das Eigenkapital danach ermittelt und richtig wiedergibt - § 243 HGB.

Die Grundsätze der Bilanzkontinuität, Bilanzidentität, Bilanzvollständigkeit und Bilanzwahrheit (Bilanzklarheit) sind zwingend zu beachten.

Schließlich spielen dabei die Maßgeblichkeitsgrundsätze eine zu beachtende Rolle. Zunächst gilt die Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz. Umgekehrt gilt (eingeschränkt) die Maßgeblichkeit der Steuerbilanz für die Handelsbilanz (umgekehrte Maßgeblichkeit).

 

Möglichkeiten der Abweichung von diesen Maßgeblichkeitsgrundsätzen sind aus steuerrechtlichen und handelsrechtlichen Ansatz- oder Bewertungswahlrechten denkbar, – sofern keine Einheitsbilanz erstellt wird, wonach Handelsbilanz und Steuerbilanz identisch ist.

Zwingende Bewertungsvorschriften oder zwingende Unzulässigkeit von Bewertungen in Handels- oder Steuerbilanz können zu unterschiedlichen Wertansätzen in der Steuer- oder Handelsbilanz führen.

 

Von Bedeutung ist schließlich die Tatsache, dass nach §§ 316 ff HGB die Unternehmen zu prüfen sind – sofern es sich nicht um ein kleines Unternehmen i.S. § 267 Abs. 1 HGB handelt. Der Abschlussprüfer hat einen Bestätigungsvermerk zu erteilen, § 322 HGB.

Genossenschaften sind grundsätzlich prüfungspflichtig. Ab 2 Mio. € Bilanzsumme jährlich, darunter alle 2 Jahre.

Auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.01.2001, 1 Bv R 1759/91 sei dabei verwiesen.

 

Danach soll durch die Pflichtmitgliedschaft einer Genossenschaft im Prüfverband „die Position der Genossenschaftsmitglieder im Innenverhältnis zur Genossenschaft gesichert und gestärkt werden. Im Rahmen der Geschäftsführung -Prüfung wird unter anderem die Erfüllung des zugunsten der Mitglieder bestehenden Förderzwecks gemäß § 1 Abs. 1 GenG kontrolliert. Gleichzeitig werden der ordnungsgemäße wirtschaftliche Umgang mit den von den Genossen gehaltenen Geschäftsanteile überprüft und die Genossen damit vor den wirtschaftlichen Folgen des Eintritt einer möglichen Nachschuss- oder Haftungspflicht (§§ 22 a, 23 GenG) geschützt“.

 

Schließlich „soll das Prüfungssystem die Sicherheit gewähren, dass eine Genossenschaft von vornherein nicht insolvent wird. Gleichzeitig dient dieses Prüfungssystem damit auch dem Zweck, die Rechtsform der Genossenschaft als Mittel zur Selbstverwaltung und Selbstorganisation tendenziell wirtschaftlich Schwacher aufrechtzuerhalten und die Voraussetzungen zu schaffen, dass diese Rechtsform im Wirtschaftsleben bestehen kann. Zum Dritten bezweckt die vergleichsweise engmaschige Kontrolle angesichts der nicht unerheblichen Bedeutung der Genossenschaften im Wirtschaftsleben auch den Schutz der Allgemeinheit und der Stabilität des gesamten Wirtschaftssystems.

Diese Zwecke lassen sich insgesamt dem Sozialstaatsgebot des Grundgesetzes (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) und dem Schutz der Privatautonomie (Art. 2 Abs. 1 GG) zuordnen. Durch sie soll eine selbstbestimmte, vergleichsweise risikolose Teilhabe breiter Bevölkerungskreise am Wirtschaftsleben sichergestellt werde, um gleichzeitig dem Ziel einer gerechten Sozialordnung ein Stück näher zu kommen.“

 

Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang auch die Prüfungsstandards des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW-PS).

Dort wird ausdrücklich unter den GoB besonders verwiesen auf die Vollständigkeit, Richtigkeit, Zeitgerechtheit, Ordnung, Nachvollziehbarkeit und Unveränderlichkeit der lückenlos zu erfassenden Geschäftsvorfälle - § 238 und § 239 HGB.

Nach den IDW-PS 400 ist der nach Abschluss der Prüfung zu erteilende Bestätigungsvermerk vom Abschlussprüfer zu widerrufen – oder abzuändern, wenn nach Beendigung der Prüfung Tatsachen festgestellt werden, die mit dem erteilten Bestätigungsvermerk nicht vereinbar sind.

 

Da die ordentliche Bilanz mit (uneingeschränktem) Bestätigungsvermerk heute und künftig (nach Basel II) von noch größerer Bedeutung ist für die Kreditgewährung und andere Finanzierungsquellen – Leasing/Lieferantenkredit – als seither schon, ist die ordentliche Bilanz auf der Grundlage einer ordnungsgemäßen Buchführung für jedes Unternehmen wichtiger denn je, schlicht eine Existenzfrage.

Im Übrigen stehen in all diesen handelsrechtlichen aber auch steuerrechtlichen und prüfungsrechtlichen Vorschriften, sowohl der Gläubigerschutz, als auch die Sorgfaltspflicht der Geschäftsführung im Mittelpunkt und haben bei Verstößen haftungs- und strafrechtliche Konsequenzen.

 

Auf § 252 HGB, §§ 12 und 21 LwAnpG, §§ 6 und 36 DM-Bilanzgesetz sei hier verwiesen. Auch der Ausweis eines deutlich zu geringen Eigenkapital kann zur Nichtigkeit der Bilanz führen und strafrechtliche Folgen haben (§ 331 HGB, § 147 GenG).

§ 44 Abs. 1 und 6 LwAnpG (Eigenkapital und Vermögenszuordnung) ist anzuwenden auf die Landwirtschaftlichen und Gärtnerischen Produktionsgenossenschaften sowie deren Kooperativen Einrichtungen (§§ 4, 14, 22, 23, 39, 68 LwAnpG).

§ 44 Abs. 1 LwAnpG regelt u.a. den Abfindungsanspruch durch Kündigung vor der Umwandlung (Teilung, Zusammenschluss) ausgeschiedener Mitglieder. Dieser entspricht dem Wert der Beteiligung am Eigenkapital an der LPG. Nach § 44 Abs. 6 LwAnpG ist das Eigenkapital zu ermitteln auf der Grundlage der ordentlichen Bilanz, die nach Beendigung der Mitgliedschaft aufzustellen ist.

Basiert der Abfindungsanspruch auf § 36 LwAnpG (Barabfindung), § 28 Abs. 2 LwAnpG (bare Zuzahlung, wenn das Mitgliedschaftsverhältnis im neuen Unternehmen fortgesetzt wird), oder § 51 a LwAnpG (wenn das LPG-Mitgliedschaftsverhältnis vor dem 16.03.1990 beendet wurde), ist der Anspruch ebenso auf der Rechtsgrundlage von § 44 LwAnpG zu ermitteln.

 

Die Gründungsvorschriften des § 29 LwAnpG (Kapitalschutz) sind jeweils zu beachten, ebenso wie die Vorschriften der §§ 12 und 21 LwAnpG (Gläubigerschutz).

Entsprechende gesetzliche Vorschriften gelten nach HGB, AktG, GmbHG und GenG.

Das LwAnpG vom 29.06.1990, in Kraft getreten am 20.07.1990, wurde mit dem Einigungsvertrag (EV) vom August 1990 in bundesdeutsches Recht überführt und hier mehrfach geändert.

Da wir es hier beim LwAnpG ausschließlich mit Unternehmen zu tun haben, die in der DDR gegründet wurden bzw. nach damaligen Recht – dem LPGG – entstanden sind, sind hier die gesetzlichen Vorschriften des DM-Bilanzgesetzes vom September 1990 (mit nachfolgenden Änderungen) als Bilanzierungsvorschriften zu beachten.

Nach §§ 5, 33 DM-Bilanzgesetz sind die einschlägigen handelsrechtlichen Vorschriften, insbesondere der §§ 243 – 261 HGB (Bewertung, Bilanzierung) zu beachten. Ebenso §§ 266, 317, 327, 336 und 337 HGB (Bilanzgliederungsvorschriften, Lagebericht, Prüfungsvorschriften).

 

Nach § 6 DM-Bilanzgesetz sind die Vermögensgegenstände und Schulden unter Annahme der Fortführung der Unternehmenstätigkeit einzeln zu bewerten. Dabei gilt, wie immer im Handelsrecht, das Vorsichtsprinzip, d.h., das eine Überbewertung nicht zulässig ist – Gläubigerschutz.

Die zum 01.07.1990 zu erstellende DM-Eröffnungsbilanz erfordert nach § 7 DM-Bilanzgesetz eine Neubewertung zu Wiederbeschaffungs- oder Wiederherstellungskosten – anstatt Anschaffungskosten abzüglich AfA (§ 253 Abs. 2 HGB).

 

Aufgrund der Tatsache, dass in 1990 / 91 / 92 – Zeitraum von Erstellung und Prüfung der DM-Eröffnungsbilanz per 01.07.1990 – noch eine große Unsicherheit bezüglich der Bewertung der Wirtschaftsgüter bestand, sind die Vorschriften der §§ 10, 17 und 36 DM-Bilanzgesetz von besonderer Bedeutung (zwingendes Recht).

Rückstellungen nach § 249 HGB sind danach nur zulässig, soweit für den Vermögensgegenstand nicht bereits auf der Bilanzaktivseite nach §§ 9, 10 DM-Bilanzgesetz ein Wertabschlag vorgenommen wurde.

 

Wurden Wirtschaftsgüter/Vermögensgegenstände auf der Bilanzaktivseite aufgrund von Umweltlasten oder ihres Reparatur- und Sanierungsbedarfs – oder aus anderen Gründen - bereits niedrig bewertet (mit Abschlägen), kann hierfür auf der Bilanzpassivseite das Eigenkapital nicht nochmals durch Rückstellungsbildung gemindert werden.

 

Rückstellungen sind zudem nach § 36 bzw. § 17 DM-Bilanzgesetz – eigenkapitalerhöhend – aufzulösen, wenn die durchzuführende Maßnahme nicht bis spätestens 31.12.1997 begonnen wurde und keine besonderen Umstände nachweislich vorliegen – Verwaltungsakte i.S. Umweltamt.

Nach § 36 DM-Bilanzgesetz sind Berichtigungen von Wertansätzen – per 01.07.1990 – in den Folgejahren zwingend vorgeschrieben, wenn solche erforderlich werden und bis zur Erstellung bzw. Prüfung des Jahresabschlusses für das in 1994 endende Wirtschaftsjahr bekannt werden.

 

Danach, ab dem Jahresabschluss 1995, sind die entsprechenden handelsrechtlichen Vorschriften (§ 272 HGB) zu beachten. Dies gilt auch bei sogenannter wertaufhellenden Tatsachen.

Die nach § 17 DM-Bilanzgesetz über den 31.12.1997 hinausgehende Berechtigung zur Fortführung von Rückstellungen endet mit dem Jahresabschluss 2000 (§ 36 DM-Bilanzgesetz).

Für die Inventur und das Inventar gelten die handelsrechtlichen Vorschriften entsprechend, §§ 240, 241 HGB.

 

Sofern in den Jahresabschlüssen ausgewiesene Werte einzelner Bilanzpositionen nicht plausibel erscheinen, kann für den Sachverständigen durch Kontroll-/Vergleichsrechnungen ggf. mittels WertV, WertR oder Bewertungsgesetz eine Überprüfung veranlasst sein. Per 01.07.1990 unrichtige Werte mussten jedoch schon nach HGB und DM-Bilanzgesetz zwingend berichtigt werden. Stille Reserven waren nach § 44 Abs. 6 LwAnpG dem Eigenkapital hinzuzurechnen.

Im Übrigen muss schon die Bewertung eines jeden einzelnen Vermögensgegenstand des Unternehmens nach DM-Bilanzgesetz per 01.1071990 – Neubewertung zu Fortführungswerten – sowie in den Folgejahren – nach HGB – grundsätzlich immer korrekt den wahren Wert i.S. des Gesetzes wiedergeben.

 

2. Rechtsprechung zu § 44 Abs. 6 LwAnpG

 

Strittig war und ist im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nach LwAnpG, immer wieder die Frage, wie das in § 44 Abs. 1 LwAnpG zugrundezulegende Eigenkapital i.S. § 44 Abs. 6 LwAnpG auf der Grundlage der ordentlichen Bilanz zu ermitteln ist.

Sicher ist, dass die sogenannten Altschulden nach § 16 Abs. 3 und 4 DM-Bilanzgesetz nicht zu bilanzieren bzw. vom Eigenkapital in Abzug zu bringen sind. Sind die Altschulden als Verbindlichkeiten in der Bilanzpassiva ausgewiesen, haben diese das Eigenkapital bereits gemindert.

Die vorliegende, auch höchstrichterliche, Rechtsprechung zu den handels- (und steuer-) rechtlichen o.g. gesetzlichen Vorschriften und zum maßgebenden Eigenkapital i. S. § 44 Abs. 6 LwAnpG ist eindeutig.

Bereits in seiner Entscheidung vom 07.08.1962 hat das Bundesverfassungsgericht, Az.: 1 BvL 16/60, festgestellt, dass der Vermögensanteil eines Gesellschafters ein nach Artikel 14 GG geschützter Eigentumsvermögensrechtsanspruch ist. Auf diese Entscheidung verweist der Bundesgerichtshof auch in seinem Beschluss vom 08.12.1995, BLw 28/95, zur Vermögensauseinandersetzung, § 44 LwAnpG.

 

Im Urteil, 1 BvL 16/60 lässt das BVerfG auch keine Zweifel bezüglich der verfassungsrechtlichen Bedeutung des Eigentums aufkommen.

 

„ a) In Ausübung der durch Art, 14 Abs. 1 Satz 2 GG erteilten Ermächtigung, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, muss der Gesetzgeber sowohl die Wertentscheidung des GG zugunsten des Privateigentums beachten als auch alle übrigen Verfassungsnormen, insbesondere den Gleichheitssatz, das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit und das Prinzip der Rechts- und Sozialstaatlichkeit.“

 

„ Das Eigentum ist ebenso wie die Freiheit ein elementares Grundrecht; das Bekenntnis zu ihm ist eine Wertentscheidung des GG von besonderer Bedeutung für den sozialen Rechtsstaat. Das Eigentum ist das wichtigste Rechtsinstitut zur Abgrenzung privater Vermögensbereiche. Es bedarf deshalb besonders der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung.“

 

In der Begründung zum Beschluss BLw 28/95 hat der Bundesgerichtshof auch zum Ausdruck gebracht, dass

 

„die umgewandelten Anteile oder Mitgliedschaftsrechte (§ 36 Abs. 1 LwAnpG) quotal dem Anteil am Eigenkapital gemäß § 44 Abs. 1, Ziffer 2 LwAnpG entsprechen.“

„Dies gilt unabhängig von der neuen Rechtsform des Unternehmens. Auch bei der Umwandlung in eine eingetragene Genossenschaft ist jeder künftige Genosse proportional zu seinem Geschäftsguthaben bei der LPG an der Genossenschaft beteiligt. Unterschiede zwischen der Abfindung nach § 44 LwAnpG und der Barabfindung nach § 36 LwAnpG könnten sich demnach nur dann ergeben, wenn die Bewertung des Eigenkapitals nach § 44 LwAnpG nach anderen Maßstäben zu erfolgen hätte als die Bewertung des Kapitals des neuen Unternehmens, an dem die verbliebenen Mitglieder entsprechend ihrem umgewandelten Anteil beteiligt sind, oder wenn der Anteil an dem neuen Unternehmen nicht in vollem Umfang abgefunden werden müsste. Beides ist jedoch nicht der Fall.

Wie der Senat bereits entschieden hat, ist das nach § 44 Abs. 6 LwAnpG aufgrund der Bilanz zu ermittelnde Eigenkapital nicht der nach Buchwerten ermittelte Bilanzwert des Unternehmens, sondern sein tatsächlicher Wert, d.h. der Verkehrswert aller Vermögensgegenstände, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung sämtlich zu erfassen sind.“

 

„Dies ergibt sich schon daraus, dass die aus Anlass der Umwandlung ausscheidenden Mitglieder nicht schlechter gestellt sein dürfen als die vorher durch Kündigung ausgeschiedenen.“

„Dafür spricht aber auch der gesellschaftsrechtliche Grundsatz, dass für die Abfindung eines ausscheidenden Gesellschafters der wahre Wert des Unternehmens als lebende wirtschaftliche Einheit unter Auflösung der stillen Reserven und Berücksichtung des „inneren Geschäftswerts“ zu ermitteln ist (BGH, Urt. V. 30. März 1967, II ZR 141/64, NJW 1967, 1464).“

 

„Schließlich muss das aus Anlass der Umwandlung ausscheidende Mitglied auch das erhalten, was seine umgewandelte „gesellschaftsrechtliche Beteiligung“ an dem neuen Unternehmen tatsächlich wert ist. Unter angemessener Barabfindung ist daher nicht weniger als die volle Abfindung des Anteils zu verstehen. Auch dies ergibt sich aus dem Benachteiligungsverbot und der gesellschaftsrechtlichen Regelung des § 738 BGB.“

„Wenn aber sowohl für die Barabfindung als auch für die Abfindung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG der tatsächliche Wert des Unternehmens maßgebend ist und die angemessene Barabfindung nicht weniger als die volle Abfindung zum Verkehrswert des Anteils darstellt, kann die Barabfindung die Abfindung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG nicht unterschreiten.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass im Gesellschaftsrecht vertragliche Abfindungsbeschränkungen den Bestand des Unternehmens durch Einschränkung des Kapitalabflusses sichern dürfen.“

 

„Denn diese Beschränkungen beruhen auf einer privatautonomen Entscheidung der Parteien, während die Barabfindung nach § 36 LwAnpG auch den Zweck verfolgt, die enteignende Wirkung der staatlich verfolgten Zwangskollektivierung nicht zu perpetuieren, sondern im Verhältnis von Mitglied und Nachfolgeunternehmen der LPG weitgehend rückgängig zu machen.“

 

Schließlich findet der Schutz des Eigentums und des Sozialstaats auch in Art. 14 Abs. 2 GG seinen Niederschlag, wonach Eigentum verpflichtet. Darin liegt sicher auch die Pflicht eines jeden Einzelnen, sich um sein Eigentum fürsorglich zu kümmern, es zu pflegen und zum eigenen sozialen Schutz, als Bestandteil seiner Heimat, zu gebrauchen. Der Eigentumsgedanke, der in der DDR und mit dem LPGG weitgehend abgeschlafft und verpönt wurde, wurde und wird von vielen ehemaligen LPG-Mitgliedern und ihren Erben, die die Pflicht zum Schutz der sozialen Sicherung des Eigentums ebenso trifft, nach wie vor nicht ausreichend wahrgenommen.

Kinder, Erben von LPG-Mitgliedern, die sich um die Ansprüche nach § 44 Abs. 1 LwAnpG bemühen, kommen dabei nur ihrer Pflicht nach Art. 14 Abs. 2 GG nach.

 

In weiteren Beschlüssen hat der Bundesgerichtshof diese Rechtsprechung bestätigt, so in seinen Beschlüssen, vom 08.05.1998, BLw 18/97 und vom 23.10.1998, BLw 16/98.

Danach ist „das abfindungsrelevante Eigenkapital nicht der betriebswirtschaftlich ermittelte „wahre Unternehmenswert“, sondern das Eigenkapital, dass sich bei einer an den Bilanzierungsvorschriften des DM-Bilanzgesetzes orientierten Bewertung aller Vermögensgegenstände und Schulden unter Berücksichtigung etwaiger stiller Reserven und notwendiger Hinzurechnungen oder Kürzungen ergibt“.

Maßgebend ist danach der „wirkliche Wert des fortgeführten Unternehmens, einschl. des inneren Wertes unter Einbeziehung der stillen Reserven."

 

Die ordentlichen Bilanzen bis zum Jahre 2000/2001, mit dem vom Wirtschaftsprüfer/Genossenschaftsprüfverband versehenen Bestätigungsvermerk, müssen es daher ermöglichen, den möglichen Unternehmenswert i. S. des Gesetzes, unter Beachtung des grundrechtlich geschützten Eigentumsanspruchs zu ermitteln, ohne dass ein vom Gericht bestellter Sachverständiger alle Vermögensgegenstände der Aktiva und die Rückstellungen neu bewertet, sofern Bilanzen und Prüfungsberichte korrekt einzustufen sind (§§ 10, 17, 36 DM-Bilanzgesetz).

 

Eine Beschränkung auf strittige Werte einzelner Vermögensgegenstände und offenkundig unplausible, nicht nachvollziehbarer Wertansätze ist dabei vertretbar und prozessökonomisch sinnvoll.

 

Ein Vergleich mit den steuerlichen Betriebsprüfungsberichten und den entsprechenden Konsequenzen bezüglich des Maßgeblichkeitsgrundsatzes können dabei eine brauchbare Hilfe, auch für den Sachverständigen, sein.

Nennenswerte Abweichungen in einem Sachverständigengutachten hiervon können dazu führen, dass die Jahresabschlüsse als nichtig zu werten sind mit allen Konsequenzen – der Rücknahme der Prüfungsbestätigungsvermerke bezüglich der Jahresabschlüsse der zurückliegenden Jahre, sowie möglicher haftungs- und strafrechtlicher Folgen.

 

Stellt ein vom Gericht bestellter Sachverständiger ein nennenswert (Differenz mehr als 10 %) geringeres Eigenkapital (wahrer Wert i.S. § 44 Abs. 6 LwAnpG) fest, als das fortgeführte Bilanzeigenkapital, so ist zu fragen, wie denn die DM-Eröffnungsbilanz und die (bis ins Jahr 2000 und länger) fortgeführten Werte ermittelt wurden (Gutachten?), weshalb keine Anpassung der Werte das Finanzamt bei der Prüfung akzeptiert hat (Feststellung durch Sachverständigen?), oder ob die Bilanzen als nichtig zu werten sind, mit allen Konsequenzen bezüglich Förderungskonzepte, Bankfinanzierung, Überschuldung.

Die gleichen Konsequenzen hat aber auch der Ausweis eines deutlich zu geringen Eigenkapitals in den Bilanzen – OLG Dresden, WLw 1226/00 vom 19.01.2004, § 221 HGB, § 147 (2) GenG, § 123 BGB.

 

Unter keinen Umständen kann das Unternehmensrisiko, dass das fortgeführte LPG-Unternehmen in neuer Rechtsform mit der Teilung/Zusammenschluss und Umwandlung auf sich genommen hat, den vermögensabfindungsberechtigten (ausgeschiedenen) LPG-Mitgliedern nachträglich, rückwirkend angelastet werden.

Diese Überlegung ist vor allem dann von Bedeutung, wenn das Unternehmen ab 1991/92 in neuer Rechtsform nennenswerte Verluste/Jahresfehlbeträge in den Bilanzen ausgewiesen und so einen Teil des Vermögens/Eigenkapitals (der LPG-Mitglieder) aufgezehrt hat.

 

Ab Umwandlungsbeschluss – Abfindungsstichtagsbilanz – gehen unternehmerisches Risiko nicht mehr zulasten der Abfindungsansprüche, so wenig, wie die unternehmerische Chance mittels höherer Abfindungsansprüche durch Wertsteigerungen/Gewinne den Abfindungsberechtigten zugute kommen können.

 

Die Rechtsprechung zum maßgebende Eigenkapital i. S. § 44 LwAnpG orientiert sich somit strikt an den oben angeführten Rechtsgrundlagen.

Schon ab 1993 sind wegweisenden Entscheidungen bekannt, BGH, BLw 58/92, BLw 46/92 beide vom 21.04.1992, ferner AG Bautzen vom 09.02.1994, Az. 2 Lw 309/93, vom BGH bestätigt – BLw 42/94 vom 30.06.1994.

 

Weitere Beschlüsse des Bundesgerichtshofs haben schon bald nach 1991 den Weg aufgezeigt:

BLw 103/93 vom 01.07.1994, BLw 7/94 vom 01.07.1994, BLw 100/93 vom 01.07.1994, BLw 98/93 vom 22.2.1994 (T), (P); BLw 53/92 vom 24.11.1993, BLw 64/93 vom 24.11.1993, BLw 57/93 vom 24.11.1993 (GPG), BLw 39/93 vom 24.11.1993 (zwingendes Recht), BLw 57/92 vom 24.11.1993 (GoB), BLw 8/93 vom 24.11.1993, BLw 52/92 vom 24.11.1993, BLw 63/93 vom 24.11.1993, BLw 53/92 vom 24.11.1993, BLw 20/92 vom 04.12.1992, BLw 55/92 vom 21.04.1993 und LwZR 10/93 vom 01.07.1994 (KAP).

 

3. Fehlgeschlagene Rechtsnachfolge

 

Das LwAnpG von 1990/91 hat im § 69 festgelegt, dass das LPGG mit Ablauf des 31.12.1991 außer Kraft tritt und Unternehmen, die auf der Grundlage des LPGG existieren, sich ab 01.01.1992 in Auflösung (Liquidation) befinden, wenn Sie nicht vorher ihr Rechtskleid durch Teilung, Zusammenschluss bzw. Umwandlung wechseln.

Daneben war nach § 41 LwAnpG auch die Auflösung der LPG durch Mitgliedervollversammlungsbeschluss bis 31.12.1991 möglich.

Bekanntlich wurden im Rahmen der Teilung, der Zusammenschlüsse und der Umwandlung nach LwAnpG zahlreiche Fehler begangen, die vom Gesetz, §§ 4 bis 38 LwAnpG, nicht gedeckt waren.

Auch hierzu liegt seit 1993 umfangreiche Rechtsprechung und Literatur vor.

 

Nach § 34 Abs. 1, Ziffer 1 LwAnpG besteht die LPG nach Umwandlung und Registereintragung in der neuen Rechtsform fort.

Viele Mängel der Teilung, des Zusammenschluss und der Umwandlung wurden daher durch Registereintragung „geheilt“.

 

Wie der Bundesgerichtshof in verschiedenen Beschlüssen entschieden hat, sind jedoch häufig festzustellende Fehler der Umstrukturierung nicht heilbar, da mit dem Ziel des Gesetzes nicht vereinbar, mit der Folge, dass trotz Registereintragung das Unternehmen in alter Rechtsform, nämlich der LPG, fortbesteht und sich ab 01.01.1992 in Auflösung, d.h. in (bisher unerkannter) Liquidation befindet, mit der Konsequenz, dass das Vermögen der LPG nicht auf das möglicherweise wirksam neu gegründete Unternehmen übergegangen ist. Dieses neue Unternehmen war von Anfang an vermögenslos. Alle Bilanzen waren ab 1991/92 nichtig.

Eine wirksame Neugründung bei fehlgeschlagener Gesamtrechtsnachfolge setzt voraus, dass die Mindestanforderungen einer Neugründung nach GenG, GmbHG, AktG, HGB erfüllt und mögliche Neugründungsmängel durch Registereintragung geheilt sind. Anderenfalls haben wir es bei dem neuen Unternehmen mit einer Scheingesellschaft zu tun, die im Register zu löschen ist.

 

Als auch durch Registereintragung nicht heilbare Mängel der Teilung, des Zusammenschlusses und der Umwandlung nach LwAnpG – Gesamtrechtsnachfolge - hat der Bundesgerichtshof festgestellt,

a) die Verdrängung von LPG-Mitgliedern

b) die Wahl einer nicht zulässigen Rechtsform

c) die Verletzung des Identitätsgrundsatzes

d) das Fehlen eines Vollversammlungsbeschlusses in dem zum Ausdruck gebracht wird, dass die Mitglieder diese neue Rechtsform durch Teilung, durch Zusammenschluss oder durch Umwandlung gewollt haben (Rechtskleidwechsel).

In diesen Fällen tritt die konstruktive Wirkung des §§ 20, 34 LwAnpG nicht ein, der öffentliche Glaube ist verletzt, dies betrifft auch die Grundbücher, § 891 BGB.

 

Die gesetzliche Vermutung der Richtigkeit der Registereintragungen und Grundbücher greift daher in vielen Fällen nicht. Derart unrichtige Register und Grundbücher sind beseitigen.

Als Verdrängung von LPG-Mitgliedern ist am häufigsten festzustellen, dass nicht alle LPG-Mitglieder zur Vollversammlung eingeladen wurden und z. B. ganze Gruppen – Rentner – keine Einladung zur Vollversammlung erhalten haben. Auch die Kündigung der LPG-Mitgliedschaft durch die LPG ist eine Verdrängung, da vom Gesetz nicht vorgesehen.

 

Die Kontinuität der Mitglieder ist hier nicht gewahrt.

Nur in wenigen Ausnahmefällen ist es vorgekommen, dass eine Rechtsform gewählt wurde, die nach dem Gesetz nicht vorgesehen war, z.B. eine GbR bzw. eine GmbH & Co. KG, eine AG oder GmbH nach LwAnpG a.F. von 1990 und die Registereintragung bereits vor der Verabschiedung der 1. Novelle vom Juli 1991 erfolgte.

Die Identität ist vor allem dann verletzt, wenn nicht das gesamte Bilanzaktiv- und Bilanzpassivvermögen der LPG auf das neue Unternehmen übergeht, sondern im Rahmen der Teilung, des Zusammenschlusses oder der Umwandlung neue Unternehmen gegründet werden (von nur wenigen LPG-Mitgliedern), und diesen neuen Unternehmen ein Teil des Bilanzaktivvermögens übertragen wird. Oder wenn lt. Teilungsplan Bilanzaktiva- und Bilanzpassiveigenkapital und Mitgliederansprüche (Quote) nicht identisch ist. Die Quote eines jeden LPG-Mitglieds am Eigenkapital der LPG muss durch die Umstrukturierung identisch bleiben.

Ohne Teilungsplan und exakte lückenlose Zuordnung aller Vermögensgegenstände schlug die Teilung fehl – OLG Dresden, 3 W 1286/96 vom 07.04.1997, Mängel der Teilung und des Zusammenschlusses heilen nicht nach § 34 Abs. 3 LwAnpG durch Registereintragung, solche heilen nur nach Umwandlung, sofern heilbar – LG Dresden vom 06.10.1996, 2 - T – 0923/95 und 2-T-1015/99 vom 22.11.1999.

 

Wie aus dem DGF-Forschungsbericht zur Umwandlung hervorgeht, sind im Durchschnitt etwa 11 % der Umwandlungen gescheitert. Das Problem der gescheiterten Teilungen und Zusammenschlüsse ist in dieser Studie nicht mit untersucht worden. Dürfte aber erfahrungsgemäß um ein Mehrfaches höher liegen.

Bekanntlich waren bei den Teilungen und Zusammenschlüssen im jeweiligen LPG-Territorium der LPG (P) mit den LPG (T) die Mängel, insbesondere auch bezüglich der gescheiterten Identität, wesentlich größer, als bei den Umwandlungen. Aber auch fehlende Vollversammlungsbeschlüsse, fehlende, nicht nachvollziehbare unvollständige Teilungspläne führten nicht selten zur Nichtigkeit (§ 134 BGB) der Umstrukturierung, da in solchen Fällen Verstöße gegen gesetzliche Vorschriften vorliegen.

 

Nach §§ 41 und 42 LwAnpG gelten die Abfindungsvorschriften des § 44 LwAnpG auch im Falle der Auflösung.

Der Abfindungsanspruch orientiert sich dabei grundsätzlich am Liquidationsüberschuss. Lediglich wenn die Mitgliedschaft in der LPG vor Beginn der Liquidation, also vor dem 01.01.1992 beendet wurde, ist das Eigenkapital der letzten LPG-Bilanz vor Beginn der Liquidation (31.12.1991) maßgebend (oder vor einem Umwandlungsbeschluss, § 41 LwAnpG).

Wird die Liquidation, die fehlgeschlagene Rechtsnachfolge, erst in späteren Jahren nach Eintragung des neuen Unternehmens in das Register, z.B. im Jahre 1995/1998 oder im Jahre 2005, festgestellt, so hat das neu gegründete Unternehmen das LPG-Vermögen ohne Rechtsgrundlage zu Fortführungswerten genutzt und hierüber verfügt. Für diese Nutzung wird der Liquidator ein Nutzungsentgelt berechnen müssen – nach BGB a.F. 4 % Verzinsung/Jahr des per 01.01.1992 „übernommenen“ Eigenkapitals bzw. der Bilanzsumme – Aktivvermögen – abzüglich tatsächlich geleisteter Verpflichtungen aus der Bilanzpassiva.

 

Strittig ist in all diesen Fällen vor allem die Frage, zu welchem Wert kann der Liquidator die LPG i.L. rückwirkend per 01.01.11992 durch notariellen Vertrag, an das neu gegründete Unternehmen veräußern und damit eine Einzelrechtsnachfolge legalisieren, nachvollziehen. Schließlich ist dabei das Vorkaufsrecht zu beachten - § 42 Abs. 2 LwAnpG.

Sicher ist, dass in all diesen Fällen die LPG i.L. zu Fortführungswerten fortgeführt und keine Liquidation durchgeführt wurde.

Zur Ermittlung des möglichen Kaufpreises kann nur die letzte LPG-Bilanz per 31.12.1991 unter Berücksichtung der o. g. Bilanzierungs- und Bewertungsvorschriften – Fortführungswerte - maßgebend sein.

Liquidationswerte sind nur dann anzusetzen, wenn die Liquidation unmittelbar bevorsteht. So auch Bundesrichter Dr. Wenzel „Agrarrecht“ Heft 2/1997 und Heft 9/1998, Bruhmüller, Janakiew Heft 9/1998, BGH, BLw 18/97 und 16/98, Agrarrecht 2/99 und 7/98.

Liquidationswerte kommen daher nur in Betracht, wenn die Liquidation von der Vollversammlung beschlossen wurde (§ 41 LwAnpG), oder wenn das Registergericht in 1991/92 das geteilte bzw. umgewandelte neue Unternehmen aufgrund von Mängeln (siehe oben) nicht einträgt.

 

Wird das neu gegründete Unternehmen jedoch trotz Gründungsmängel im Register eingetragen, nimmt es das Vermögen der LPG in Besitz und verfügt darüber, ohne Gesamtrechtsnachfolge und folglich ohne Eigentumsrechte hierüber zu erwerben, kann im Zuge der Einzelrechtsnachfolge der Verkauf der LPG an das neue Unternehmen, nur der „wahre Wert“ i. S. § 44 Abs. 6 LwAnpG, Stand 31.12.1991/ 01.01.1992 maßgebend sein und vom Liquidator im Rahmen seiner Sorgfaltspflicht vertreten werden.

Wird die LPG durch Mitgliedervollversammlungsbeschluss oder aber infolge verweigerter Registereintragung in 1990/91/92 liquidiert, ergibt sich der Liquidationswert aus dem Preisangebot am Markt – Einzelveräußerungswert/Meistgebot/Vorkaufsrecht. Ein Schätzwert kann nicht bei einem niedrigen Zerschlagungswert liegen. Der Verkauf der LPG als Ganzes zu einem wesentlichen niedrigeren Wert als der Bilanzaktiva, bewertet nach DM-Bilanzgesetz – Fortführungswerten -, war nur in den wenigsten Fällen gerechtfertigt, wenn das Unternehmensrisiko in 1991 begründet sehr hoch einzuschätzen (z. B. Landpachtfragen), Risiken (Altslasten) und Umweltauflagen aus tatsächlichen Gründen sehr ungewiss waren. Solche Unsicherheiten mussten aber auch in den Bilanzen, Prüfungsberichten, Lageberichten, steuerliche Prüfungsberichten ihren Niederschlag finden.

 

Vom Liquidationskaufpreis (Bilanzaktivvermögenswerte) waren danach Passiv-Verbindlichkeiten, soweit vom neugegründeten Unternehmen im Rahmen der Einzelrechtsnachfolge übernommen, sowie berechtigte und realisierte Rückstellungen als Teilkaufpreisausgleich in Anrechnung zu bringen. Ebenso sind Auszahlungen nach § 44 Abs. 1 (§ 36, § 28 (2), § 51a) LwAnpG als Kaufpreisanzahlung in Abzug zu bringen. Der Restbetrag ist nach Zahlung als Liquidationsüberschuss zu verteilen (§ 44 Abs. 1 LwAnpG).

 

Literaturhinweise:

Abicht, Y,. Fehlgeschlagene Umwandlung als steckengebliebene Sachgründung

Bayer, W., DFG-Forschungsprojekt, Rechtsprobleme der landwirtschaftlichen Unternehmen

nach 1989

Bruhmüller und Janakiew, Agrarrecht 9/1998

Hommelhoff, P., Goette, W., Kleindiek, D., Eigenkapitalersatzrecht

Hommelhoff, P., Hagen, H., Röhricht, V., WDEG- ZGR

Klepsch, M., Prüfungsrecht und Prüfungspflicht der Registergerichte

Koch, U., Das Bilanzproblem nach § 44 Abs. 6 LwAnpG

Kuchs, Werner, Agrarrecht 9/1998

Kuchs, Werner, Einigkeit …. für die deutsche Landwirtschaft, Dok. Teil I

Kuchs, Werner, Zur agrarpolitischen Lage …., Dok. Teil II, www.kuchs.de

Schweizer, D., Das Recht der Landwirtschaftlichen Betriebe nach LwAnpG

Stumpf, R., Handbuch zum LwAnpG, www.rainerstumpf.com

Wenzel, J., Wertermittlungsforum 1/1999

Wenzel, J., Agrarecht 1/1995, 2/1997, 5/1998, 2/1996, 11/2000, 3/1998

Agrarrecht/Agrar- und Umweltrecht

Briefe zum Agrarrecht (NL-BzAR), Heft 1/97

GG / HGB / LwAnpG / DMBilG / EStG / FGG

HLBS, Handbuch für den Landwirtschaftlichen Sachverständigen

HLBS-Report, Sankt Augustin, www.hlbs.de

IDW Fachgutachten und Stellungnahmen, www.wpk.de

OFD Cottbus, S 1952-2-St110, 19.11.1998, DM-Bilanzgesetz/Bp.

Recht der Landwirtschaft (RdL), www.agricola-verlag.de

Wertermittlungsforum (SVK), www.svkonline.de

 

hierzu auch die Kapitel 7.3; 4.4; 4.3 und 1.15

5.4 Bundesverfassungsgericht, 1 BVR 1759/91, Verfassungsbeschwerde (zur Prüfungspflicht der Genossenschaften) - gekürzt -
5. ordentliche Bilanz
6.1 Freistaat Sachsen auf dem Weg zum Rechtsstaat