5.5 Vom Eigenkapital einer ordentlichen Bilanz zum Eigenkapital i. S. § 44 LwAnpG bei Fortführung und bei fehlgeschlagener Rechtsnachfolge
6. Förderrichtlinien
6.2 Hektar ist gleich Hektar ?
Seite drucken Seite drucken

6.1 Freistaat Sachsen auf dem Weg zum Rechtsstaat?

"Landpost" Heft 13/2007 

In Sachsen nichts Neues! Seit Jahren ist es – nicht nur wenigen Experten, sondern der Verwaltung, den Bediensteten in den Ämtern – hinreichend bekannt, dass ein Landesverwaltungsgesetz fehlt. Nach der Sächsischen Verfassung (Artikel 82 und 83) ist u.a. die Zuständigkeit der Verwaltung durch Gesetz zu regeln (Gesetzesvorbehalt).

Ein solches Landesverwaltungsgesetz hat  der Freistaat Sachsen seither aber nicht verabschiedet, obgleich deren Fehlen schon seit mehr als 10 Jahren bekannt ist und Artikel 83 Abs. 1 der Verfassung klar zum Ausdruck bringt „Aufbau, räumliche Gliederung und Zuständigkeiten der Landesverwaltung werden durch Gesetz geregelt.“ Da eine solche gesetzliche Regelung fehlt, sind  Verwaltungsakte, die ohne eine so gesetzlich  geregelte sachliche Zuständigkeit getroffen werden, nichtig. Das Sächsische Oberverwaltungsgericht in Bautzen hat hierzu schon vor Jahren (1999) in einer Entscheidung ausdrücklich betont, dass in solchen Fällen auch eine Heilungsmöglichkeit nicht besteht.

Regelungsbedarf ist Ländersache

Die Regelung im „Verwaltungsorganisationsgesetz des Freistaates Sachsens“  beschränken sich auf die Verwaltungsorganisation, die Behörden, wie z.B. die Regierungspräsidien, die Landratsämter, die Arbeitsämter, Abteilungen der Ämter und Referate. Die sachliche Zuständigkeit ist damit jedoch nicht geklärt. Verwaltungsrecht - Fachzeitschriften haben schon mindest seit dem Jahr 2000 hierüber berichtet (LKV, NVwZ).

Dabei sollte Artikel 83 der Sächsischen Verfassung nach der SED/DDR-Erfahrung der Verwaltungswillkür vorbeugen. Aufgrund der klaren Gesetzeslage in Artikel 83, wonach die Zuständigkeit „durch Gesetz“ ! zu regeln ist, kann auch eine Verordnung diesen Mangel nicht beheben.

Nach Artikel 30 Grundgesetz (GG) ist dieser Reglungsbedarf ausdrücklich Ländersache, so dass hier auch die Bundesregierung nicht heilend eingreifen kann. Vielmehr ist hierzu im Artikel 59 der Sächsischen Verfassung klar festgelegt, dass die Staatsregierung an der Spitze der vollziehenden Gewalt steht.

Akte ist rechtswidrig

Die Funktionsfähigkeit der staatlichen Verwaltung ohne rechtliche Grundlage des noch fehlenden Landesverwaltungsgesetzes konnte daher seither nicht eintreten, mit der Folge, dass in Ermangelung  einer gesetzlichen Regelung der sachlichen Zuständigkeit solche Verwaltungsakte rechtswidrig, also nichtig waren und weiterhin nichtig sind. Hierzu zählen auch die Bewilligungsbescheide von Fördermitteln der Landwirtschaft und dem ländlichen Raum, die folglich seither nichtig waren und weiterhin nichtig bleiben.

Nachdem aber Jahr für Jahr Landes-, Bundes- und EU-Fördermittel in Milliardenhöhe auf dieser rechtswidrigen nichtigen Grundlage  ausgezahlt wurden, sind diese Gelder verbraucht.  Eine Rückforderung solcher Fördermittel nach Überprüfung wegen unkorrekter Fördermittelverwendung und unrichtiger Fördermittelanträge ist nicht möglich, da hierfür die Rechtsgrundlage – das Landesverwaltungsgesetz - gefehlt hat und auch 8 Jahre nach der Entscheidung des Oberverwaltungsgericht Bautzen noch immer fehlt.

Wer im konkreten Fall bei nachträglicher Beanstandung eines Fördermittelantrags oder der Fördermittelverwendung zur Rückzahlung von Fördermitteln aufgefordert wurde und  zurückgezahlt hat, ist der Dumme und selber schuld. Denn ohne diese Rechtsgrundlage auch keine Rückforderung! Zumindest von der Verwaltung, dem Rechtsstaat, bei den Bauern und LPG-Unternehmen rechtlich nicht durchsetzbar.

Es würde doch wohl an ein Wunder grenzen, wenn in konkreten Fällen Bedienstete aus den Ämtern ihre LPG-Großbetriebe über diese Chance zur Verweigerung von Rückzahlungsforderung nicht aufgeklärt hätten. Die Privatbauern durften dagegen bedenkenlos, da unwissend, zurückzahlen.

Das Vertrauen in den Rechtsstaat hat damit wieder einen schweren Schlag erlitten. Die Hoffnung aus der Wendezeit, dass Behördenwillkür der Vergangenheit angehört, hat hiermit einen weiteren Dämpfer erhalten.

Viele Akteure sind betroffen

Betroffen sind nach der nunmehr vorgesehenen neuen Rechtslage, die Aufgrund der Gebietskreisreform/Verwaltungsreform und künftiger verstärkter Mitwirkung der SAB ab Mitte 2008 gelten soll, unter anderem die Förderung benachteiligter Gebiete, Betriebe in wirtschaftlicher Notlage, überbetriebliche Maschinenverwendung und die Selbsthilfe landwirtschaftlicher Betriebe, Marktstrukturverbesserungen, Zusammenschlüsse, Verarbeitung und Vermarktung, Fischerei, Imkerei, Tierzucht, Investitionen, Einkommenssicherung der Landwirte und landwirtschaftlicher Arbeitnehmer, Aus- und Fortbildung, Erstaufforstung, umweltgerechte Landwirtschaft sowie Erzeugerorganisationen. Mehr hierzu im Internet unter www.sachsen.de/Verwaltungsreform.

Wer hätte auch das gedacht, wofür in den zurückliegenden 15 Jahren ohne Rechtsgrundlage, auf der Grundlage nichtiger Fördermittelbescheide, Geld aus der öffentlichen Kasse zu bekommen war?

Vor diesem Hintergrund wird auch klar, warum sich die LPG-Unternehmen und ihre Lobby – bis in die Ministerien - mit Händen und Füssen gegen jede Transparenz ihrer Fördermittelzuflüsse wehren, wie in der Landpost Nr. 33/2006 dargestellt. Wenn nun auch Frau Fischer Boel noch erfahren würde, was hier so gespielt wird.

Diese nun nicht mehr länger zu verhinderte neue gesetzliche Grundlage ab 2008 zur Fördermittelbewilligung lässt es aber offensichtlich zu, dass wenigstens frühere Stasimitarbeiter ein weiteres Aufgabengebiet bei der Flurbereinigung, der Bodenordnung zwecks Zusammenführung von Boden und LPG-Gebäuden  besetzen können, wie in der Landpost Nr. 9/2007 informiert. (Internet wie oben).

Dabei geht es hier um keineswegs unbedeutende Beträge. So ist in den Fördermittelrichtlinien seit 1991 – EU-Anpassungshilfeverordnung - festgelegt, das bei den LPG-Unternehmen u.a. ordnungsgemäße Rechtsnachfolge und Vermögensauseinandersetzung Fördervoraussetzung sind. In der bekannten Jena-Studie, die sich nur mit der Frage der Umwandlung von LPGs befasst hat, nicht auch mit den entsprechenden Problemen bei der Teilung und dem Zusammenschluss von LPGs 1990/91, obgleich hier die gleichen Voraussetzungen erfüllt sein müssen, wie bei der Umwandlung, um rechtswirksam Gesamtrechtsnachfolgeunternehmen zu werden, wurde festgestellt, dass im Freistaat Sachsen 50 gescheiterte Umwandlungsfälle zu verzeichnen sind.

Gescheiterte LPG-Fälle

Der damalige Landwirtschaftsminister Flath hat im Sächsischen Landtag, Protokoll vom 27.02.2003, Drucksache 3/6710 erklärt, dass der Freistaat insgesamt 86 solche gescheiterten LPG-Fälle festgestellt hat – wohl incl. Teilung und Zusammenschluss. Dies waren immerhin schon ¼ aller LPGs bzw. der neuen Unternehmen. Bei der Vermögensauseinandersetzung nach LwAnpG kann man leicht von 90 % unkorrekter Fälle ausgehen, wie die Verfahren bei den Landwirtschaftsgerichten seit 1992 bestätigt haben. Sieht man sich dazu die Bilanzen mit Gewinn- und Verlustrechnung  der LPG-Unternehmen an, wie diese bei den Registergerichten dank der Offenlegungspflicht vorliegen und jedem LPG-Mitglied bezüglich seiner LPG/e. G./GmbH möglich ist, stellt man fest, dass i.d.R. der gesamte Fördermittelfluss aus öffentlichen Kassen etwa 80 % der Personalkosten deckt. Ist dieser Finanzmittelfluss aus öffentlichen Kassen, ohne rechtswirksamen Fördermittelbescheid, über nun bald 15 Jahre festzustellen, wird auch mit der künftigen Gesetzesregelung das verlorene Vertrauen kaum wieder herzustellen sein.

Vielleicht ist dies eine weitere Erklärung dafür, dass man sich im Osten unseres Landes gelegentlich ernsthaft Sorgen macht um die Milliarden Euro, die bis 2019 im Solidaritätspakt II (Ost) fließen sollen. Mit dieser seitherigen mehr als fragwürdigen Vergabe und Verwendung dieser Finanzmittel aus dem überwiegend steuerfinanzierten Staatshaushalt stellt man im Beitrittsgebiet den Solidaritätspakt aber doch selbst in Frage.

Da muss sich kein Mensch wundern, wenn diese Experten Transparenz scheuen wie der Teufel das Weihwasser. Dabei ist Transparenz eine der wichtigsten Voraussetzungen, um verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. 

Weitere Literaturquellenhinweise:

1.  Sächsisches Verwaltungsblatt 1/1999 (SächsVBl.)

SächsVerf Art. 59 Abs. 1 Satz 2, Art. 82 Abs. 1 Satz 1, Art. 83 Abs. 1 und Abs. 2 (sachliche Zuständigkeit; Gesetzesvorbehalt; „Übergangsbonus“)

1.      Die Begründung der sachlichen Zuständigkeit von Behörden der staatlichen Landesverwaltung des Freistaats Sachsen ist nur durch eine Regelung in einem Gesetz möglich, das dem Gesetzesvorbehalt nach Art. 83 Abs. 1 Satz 1 Sächsische Verfassung genügt. Demgemäß kann die Staatsregierung des Freistaats Sachsen diese Zuständigkeit nicht aufgrund der ihr in Art. 83 Abs. 2 Sächsische Verfassung eingeräumten Organisationskompetenz zur Verwaltungsorganisation regeln.

2.      Im Bereich der Landwirtschaftsverwaltung gibt es derzeit im Freistaat Sachen keine dem Gesetzesvorbehalt nach Art. 83 Abs. 1 Satz 1 Sächsische Verfassung entsprechende Regelung über die sachliche Zuständigkeit von Behörden, jedenfalls sowie die Erteilung oder Rücknahme von Extensivierungsprämien der landwirtschaftlichen Erzeugung in Rede steht. 

SächsOVG, Urt. 24.9.1998 – 3 S 3/96; I. VG Leipzig

Hier wurde entschieden in einer Sache betreffs Extensivierungsprämie der landwirtschaftlichen Erzeugung.  Art. 83 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung gilt jedoch grundsätzlich für alle Fördermaßnahmen.

2.   Sächsisches Verwaltungsblatt  Heft 5/2002, dort Schneckenburger „Braucht Sachsen ein Landesverwaltungszuständigkeitsgesetz“

3.   Sächsisches Verwaltungsblatt  Heft 12/2001, SächsOVG, Beschluss vom 25.05.2001 – 2 B 56/01 zu Art. 83 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung

4.  Landes- und Kommunalverwaltung (LKV) Heft 7/2003, Sporner, zur Zulässigkeit der Rechtsaufsicht durch das Landratsamt

5.   Landes- und Kommunalverwaltung (LKV) Heft 5/1999, Stelkens, zur Frage der persönlichen Verantwortlichkeit der Bediensteten für fehlerhafte Vergabe und Zuwendungen in den neuen Bundesländern 

5.5 Vom Eigenkapital einer ordentlichen Bilanz zum Eigenkapital i. S. § 44 LwAnpG bei Fortführung und bei fehlgeschlagener Rechtsnachfolge
6. Förderrichtlinien
6.2 Hektar ist gleich Hektar ?