7.2 Auszug aus der Strukturanalyse des Landvolkverbandes Sachsen-Anhalt
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
7.4 Agrarstruktur als Bestimmungsfaktar des ländlichen Raumes
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7.3 Ohne Grundkonsens geht es im ländlichen Raum nicht (Teil I)

I. Einführung:


"Der Nachbau West ist gescheitert!"."Ein kopieren des westlichen Musters reicht nicht mehr aus".  So oder ähnlich ist es in den letzten Jahren zunehmend auch von verantwortlichen Politikern zu hören. "Der Aufbau Ost ist gescheitert und zieht den Westen in die wirtschaftliche Krise" verbreiten einige Medien und schrecken den mündigen Bürger auf.
In der Tat, die Bürger der ehemaligen DDR haben es mehrheitlich nicht vermocht, ihre Chancen, die ihnen der Untergang des Unrechtsstaats "DDR" und in dessen Gefolge der Beitritt der 5 neuen Bundesländer zum Geltungsbereich des Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland eröffnet hat, zu nutzen.


Dabei haben es die Altbundesbürger - West - und mit ihnen Millionen Vertriebene und Flüchtlinge  - darunter bis zum Bau der Berliner Mauer und der innerdeutschen Grenze in 1961 Millionen DDR-Flüchtlinge - nach dem 2. Weltkrieg, nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland in 1949, nach der Währungsreform von 1948, wonach jeder mit 60 DM anfangen durfte, beispielhaft vorgemacht, wozu der Mensch eben auch fähig ist, wenn er seine Orientierung mit aller Energie nach vorne richtet, auf sich selbst und seine positiven Fähigkeiten konzentriert.

 

Zu der grundsätzlich positiven Grundeinstellung, diesen Grundkonsens über alle parteipolitischen Ideologien, über Glaubensrichtung, landsmannschaftliche Herkunft hinweg, hatten die Menschen trotz vieler Meinungsverschiedenheiten in den 40er, 50er und 60er Jahren auch keine Alternative. Jedem war klar, dass große Vorleistungen zu erbringen waren, um die Vergangenheit vergessen zu machen und eigenen, privaten aber auch gesellschaftlichen öffentlichen Wohlstand für die Gemeinschaft im Dorf und in der Stadt selbst zu erarbeiten. Schuld- und Mitschuldgefühl am gesamtdeutschen Desaster des 2. Weltkriegs mit allen Begleiterscheinungen, Folgen und Konsequenzen waren dabei gewiss auch mit von Bedeutung.


Das Konzept der sozialen Marktwirtschaft war allseits geachtet, denn es ging aufwärts und schaffte Vertrauen in Wirtschaft, Gesellschaft und Politik.  Leistungsgesellschaft und Wirtschaftsethik werden akzeptiert und geachtet, und nicht als Widerspruch verstanden.
Erst ganz langsam, zunehmend stärker und deutlicher stieg die Konsumquote über das Existenzminimum und drängte, die die Wirtschaft letztendlich tragende Investitionsquote im Bewusstsein vieler Menschen zurück. Unternehmerisch denkende und handelnde Menschen, die bereit waren Risiken und Verantwortung auf sich zu nehmen, trugen immer wieder dazu bei, dass jede Stagnation überwunden wurde. Die Unterstützung durch die Bevölkerung und die Verwaltung waren eine Selbstverständlichkeit. Der Grundkonsens, das gemeinsame Ziel, wurde nicht in Frage gestellt.
Wettbewerb dokumentierte sich im Willen besser sein zu wollen als andere, mehr zu leisten, mehr zu verdienen, zu investieren und dann schließlich erst mehr zu konsumieren. Dies verschaffte ganz allgemein auch Ansehen und Achtung in der Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland.
Die Solidargemeinschaft der sozialen Marktwirtschaft wurde, wenn auch oft mit Verzögerung, weiter entwickelt aber nicht ernsthaft in Frage gestellt und wenn, dann entschlossen verteidigt. Die Programme der Parteien wurden entsprechend angepasst und orientieren sich zumindest an der Wettbewerbsgesellschaft, die sozialen Sicherungssysteme wurden verfeinert und ausgebaut und schließlich überstrapaziert.

 

Heute kann aufgrund der gegenwärtigen Situation eine Besserung nur erwartet werden, wenn die Entwicklung seit 1990 kritisch und sachlich, offen und ehrlich analysiert wird, die gegenwärtige Situation unverfälscht dargestellt wird, um die dringend nötigen aber richtigen Konsequenzen zu ziehen. Ohne offene und ehrliche, auch öffentliche publizistische Darstellung wird man die betroffenen Menschen nicht erreichen, das nötige Vertrauen zu diesen nicht wieder herstellen können.

 

II. Sachanalyse:
Bezogen auf den ländlichen Raum und die Agrarwirtschaft fehlt es dabei - wie aber auch in anderen Sektoren der Wirtschaft und Gesellschaft - bereits an fundierten, sachlichen, wissenschaftlichen Analysen. Der DFG-Forschungsbericht aus dem Jahre 2002 bildet da eine anerkennende Ausnahme.


Grundlegender Teil dieser Analyse muss hier sein, sich die Agrarberichte des Bundes und der Länder sowie des Deutschen Bauernverbandes der zurückliegenden 12 Jahre näher zu vergegenwärtigen. Danach wird deutlich, wie wenig in den Beitrittsländern der "Nachbau West" - "Aufbau Ost" gelungen ist. Dies dokumentieren auch die Agrarberichte der 5 neuen Bundesländer, die seit mehr als 10 Jahren regelmäßig vorgelegt wurden - neben dem Situationsbericht des Deutschen Bauernverbandes (DBV) und des Buchführungsdienstes der Bayerischen Jungbauernschaft (BBJ - Unternehmensgruppe).
Regelmäßig ist dort dokumentiert - bis auf einige in der Natur der Landwirtschaft liegende Schwankungen -, dass die LPG-Unternehmen (überwiegend Agrargenossenschaften) seit 1990/91 von der Substanz leben. Allein im letzten Jahr, im Jahre 2002/2003 beendeten Wirtschaftsjahr  lagen die Ergebnisse bei einem Verlust von 48.000 € und einer Eigenkapitalminderung von 57.000 € im Durchschnitt der Genossenschaften, laut Bericht des BBJ Seite 10, ebenso des DBV Seite 281.


Bedenkt man ferner, dass die dort ausgewerteten Genossenschaften im Durchschnitt 1.727 ha bewirtschafteten mit 777 GV bei 29 AK, so sind diese je AK 60 ha und 27 GV.
60 ha und 27 GV sind aber kaum ein Vollerwerbsbetrieb und bei dieser Eigenkapitalminderung ohne Zukunftschance. Trotz scheinbar günstiger Betriebsgrößenstruktur und damit verbundener Kostendegression, umfangreicher Subventionierung und erheblicher ABM, bzw. SAM-Kräftefinanzierung durch die Arbeitsverwaltung, wurde in der überwiegenden Mehrzahl der LPG-Betriebe nachhaltig Verluste erwirtschaftet.
Dabei ist festzustellen, dass die LPG-Unternehmen/Agrargenossenschaften ihr Eigenkapital häufig durch die Auflösung unberechtigter, zwecks Eigenkapitalerminderung für die Vermögensauseinandersetzung gebildeten Rückstellungen, sowie Abbau des Milchviehbestandes und Milchquotenverkauf  oft noch gehalten haben. Schließlich erschweren die nicht immer ganz vergleichbare Darstellung der Betriebsergebnisse in den Publikationen sowie die Einbeziehung der Personalaufwendungen in den "Gewinn" (Betriebsergebnis  = Gewinn plus Personalaufwand) die detaillierte Analyse der Betriebsergebnisse.


Die bei den Landwirtschaftsgerichten bzw. Registergerichten offengelegten Bilanzen, die im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung i.d.R. zu begutachten sind, bestätigen jedoch den nachhaltigen klaren wirtschaftlichen Abwärtstrend der LPG-Unternehmen. Dabei ist wirtschaftlicher Erfolg, also ausreichend Gewinn unerlässlich, um ein Unternehmen langfristig am Leben zu erhalten. Weiter ist festzustellen, dass der größte Teil des ausgewiesenen Eigenkapitals ohnehin noch immer Vermögen der LPG-Mitglieder ist, dass diesen im Rahmen der Vermögensauseinandersetzung nicht zugeordnet bzw. nicht ausgezahlt wurde, §§ 44, 49 LwAnpG.

 

In Thüringen zeigen die Ergebnisse der juristischen Personen  in den vorangegangen Jahren ein ebensolches Bild.
Zum Beispiel: 1996 lagen die Verluste je nach Betriebsform zwischen minus 9 und minus 79 DM/ha (Bericht Seite 134). Im Jahre 2000 wiesen die Betriebe einen durchschnittlichen Verlust von  minus 24 DM/ha aus, Seite 138, bei Zulagen und Zuschüsse von 815 DM/ha.
In den Wirtschaftsjahren 1996/97 bis 1998/99 lag der Verlust bei minus 80 DM/ha,       minus 26 DM/ha und minus 67 DM/ha (Seite 137 Bericht 2000).
Der Personalaufwand lag bei jeweils rund 1.050 DM/ha, die Zulagen und Zuschüsse bei 817 DM  bis 837 DM/ha - Seite 136.


Im Bericht des Freistaates Thüringen 2001 weisen die juristischen Personen einen Eigenkapitalverlust von minus 49 DM/ha aus - Seite 118.
Der Eigenkapitalverlust lag 1997/98 bei minus 15 DM/ha, 1998/1999 bei minus 47 DM/ha und 1999/2000  bei plus 3 DM/ha (Seite 131 Bericht 2001).


Im Bericht des Freistaates Thüringen 2002 lag das ordentliche Ergebnis bei einem Verlust von minus 8 DM/ha (Seite 138), bei Zuschüssen von 813 DM/ha.
Auch 2004 haben die Verluste am Vermögen der juristischen Personen im Freistaat Thüringen mit minus 44 €/ha gezehrt (Seite 93, 2003) gab es dagegen einen Jahresüberschuss von im Durchschnitt 90 €/ha  (Seite 91).
Der entsprechende Bericht des Freistaates Thüringen 2004, Wirtschaftsjahr 2002/2003, dokumentiert diese untrüglichen Buchführungsergebniszahlen ebenso (Seite 16 bis 19).
Danach hatten die juristischen Personen ein ordentliches Ergebnis von minus  82.319 €/Betrieb bzw.  minus  57 €/ha.
Das bereinigte Eigenkapital minderte sich um 62,00 €/ha.
Bei 1.437 ha und 980 GV, mit 34 AK je Betrieb sind dies 42 ha und 29 GV/AK. Die Arbeitnehmerstruktur mit einem Personalaufwand von 22.255 €/AK bzw. 538 €/ha verspricht daher trotz Fördermittel aller Art von 476 €/ha keine nachhaltige Existenzsicherheit. 

 

In Mecklenburg-Vorpommern lagen nach dem Agrarbericht 2003 (Wirtschaftsjahr  2001/2002) vor allem die Futterbaubetriebe mit einem  bereinigten Eigenkapitalverlust von minus 114 €/ha, Nettoinvestitionen von minus 94 €/ha, trotz Fördermittel von 452 €/ha im Abwärtstrend.  Dabei lag der Personalaufwand bei 712 €/ha.


Im Jahre 2002 lag bei der gleichen Betriebsgruppe - Futterbau - der Eigenkapitalverlust bei minus 33 €/ha, während die Marktfruchtbaubetriebe ein plus von 21 € verbuchen konnten (Seite 24/25).
Im Jahre 2001 lagen die Werte bei minus 158 €/ha bis plus 120 €/ha (Seite 62/63).
2000 waren Vergleichswerte von minus 88 €/ha und  minus 46 €/ha festzustellen (Seite 35/36).
Im Jahre 1997 (Wirtschaftsjahr 1995/96) wiesen diese Betriebsgruppen ein minus von 15 €/ha bzw. plus von 11 €/ha aus (Seite 30/31).

Im Freistaat Sachsen wurden bei den juristischen Personen - Futterbaubetriebe - je AK 30 ha und 31 GV bewirtschaftet. Das ordentliche Ergebnis incl. Personalaufwand lag bei 20.852 €/AK bei einem Personalaufwand von 557 €/ha und Fördermitteln von 476 €/ha. Auch hier wird deutlich, dass bei 36 AK je Betrieb die Summe von 36 solcher "Nebenerwerbsbetriebe" je 30 ha x 36 AK  =  1.080 ha und 36 AK  x  31 GV  =  1.116 GV - laut Agrarbericht Sachsen 2003, Seite 17   1.087 ha und 103 GV je 100 ha bei 3,6 AK je 100 ha. 30 ha mit 31 GV/AK sind aber keine Existenzgrundlage und können dies auch nie werden.


Die Nettoinvestitionen lagen weiterhin im minus - minus 3 €/ha - bei einem durchschnittlichen Finanzergebnis aller hier ausgewerteten 253 juristischen Personen von minus 24 €/ha (Seite 5 der Buchführungsergebnisse Sachsen 2003).
In den anderen neuen Bundesländern sind die Ergebnisse entsprechend.

So weisen auch in Sachsen-Anhalt nur das obere Drittel der Ackerbaubetriebe über die Jahre einen Gewinn aus, der eine dauerhafte Existenz erwarten lässt, während die übrigen 2/3 und vor allem die Futterbaubetriebe von der Substanz gelebt haben und diese eines Tages aufgebraucht sein wird.

 

Im Land Brandenburg weisen die juristischen Personen lt. Agrar-Bruchführungsbericht bis 2003 durchweg Verluste und negative Eigenkapitalrentabilität und damit Substanzverzehr aus.
Geringe Gewinne einzelner Betriebsgruppen in einzelnen Jahren reichen nicht aus, um die Existenz nachhaltig zu gewährleisten. In den Jahren 1994/95 bis 1997/98 lagen die Betriebsergebnisse bei minus 183.900 DM/ minus 17.097 DM/ minus 64.522 DM/ plus 6.195 DM.

Nicht weniger aufschlussreich sind auch die Agrarberichte der Bundesregierung. Dort ausgewiesene Gewinne/Verluste lagen 1996  bis 2001 bei minus 40.782 DM, bei plus  909 DM, bei minus 40.268 DM,  bei plus 23.325 DM, bei minus 12.538 DM und bei plus  45.541 DM.

Bei fortschreitenden Viehbestandsabbau, hohen Personalkosten, infolge zu hohem Personalbesatz, haben mindest 75 % der Unternehmen eine Eigenkapitalminderung erwirtschaftet und seither nur Dank der diversen Fördermittel in Höhe von rund 80 % der Personalkosten sowie teilweisen Verkauf von Milchquoten und Gebäude, also Substanzverzehr, überleben können.


Der Substanzverzehr hat in sehr vielen der LPG-Unternehmen nicht nur zur Verletzung des Gläubigerschutzes, sondern auch zur Verletzung der Kapitalerhaltungspflicht   geführt.
Eine wertvolle interessante Untersuchung ist in diesem Zusammenhang die in 2001 von Forstner und Hirschauer auf der Grundlage der BvR Entscheidung, 1 BVerfG 48/94 vom 08.04.1997, vorgelegte Untersuchung zur "Wirkungsanalyse der Altschuldenregelung …. "  Abschlussbericht der Bundesforschungsanstalt Braunschweig.
Danach wiesen die Altschuldenunternehmen in 1997/98 und 1998/99 im Durchschnitt einen Verlust von 79.000 DM aus (Seite 155). Getilgt hatten die Unternehmen bis zu diesem Zeitpunkt nur etwa 5 % der ursprünglichen Altschuldensumme. Das sie jemals in der Lage sein werden nennenswerte Beträge zu tilgen ist nie zu erwarten, daran wird auch die neue Gesetzesregelung nichts ändern. Getilgt werden kann schließlich nur aus dem Gewinn, aus Auflösung stiller Reserven oder Substanzverzehr, sprich Betriebsverkleinerung bis zur Auflösung. Und da die LPG-Altschulden bei der Eigenkapitalermittlung zur Vermögensauseinandersetzung, § 44 Abs. 6 LwAnpG in Abzug gebracht wurden,  bleibt diesem LPG-Unternehmen weiteres "Eigenkapital", das weitere Jahre zum Verlustausgleich dient, als willkommene Subvention durch Altschuldenerlass. Daher ist es auch absolut unerheblich, ob die Altschuldenfinanzierten Wirtschaftsgüter auf der Bilanzaktivseite 1990/91 in der Umwandlungsbilanz werthaltig waren.
Nur die allerwenigsten Altschuldenbetriebe werden sich als sanierungsfähig erweisen. Die Bundesregierung rechnet daher wohl selbst damit, dass nur etwa 10 % der noch offenen Altschulden - von den wenigen relativ gutwirtschaftenden Unternehmen - getilgt werden. Hinzu kommt die Subventionswirkung der zinsfreien Finanzierung mit Altschulden.


Alle Agrarberichte der letzten 10 Jahre bestätigen dies eindrucksvoll und zweifelsfrei anhand der Buchführungs-/Bilanzergebnisse.
Dabei sahen die Arbeitsanweisungen des Bundesministeriums für Finanzen von 1990 und 1993 vor, dass die Altschuldenbetriebe nach 3 Jahren fähig sein werden, diese Darlehen in 10 bis 20 Jahren zu tilgen. Auch das BVerfG geht in seiner Entscheidung 1 BvR 48/94 noch davon aus, dass eine Sanierung möglich ist.

 

Das BVerfG hat in einem Beschluss vom 19.01.2001, 1 BvR 1759/91 u. a. darauf verwiesen, dass die Pflichtmitgliedschaft einer Genossenschaft in einem Genossenschaftsprüfungsverband sowie die gesetzlich vorgesehene Prüfung der wirtschaftlichen Verhältnisse und Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung, § 53 (1) 1 GenG, dem Förderzweck, § 1 (1) GenG, sowie dem Sozialstaatsgebot des GG Artikel 2 (1) dient, da damit einem breiten Bevölkerungskreis eine relativ sichere Teilhabe am Wirtschaftsleben gesichert, Nachschusspflicht und Haftung vermieden werden, ferner die Erfüllung des Schutzzwecks - Gläubigerschutz und Kapitalerhaltungspflicht -gewährleistet werden soll.
Angesichts der Betriebsergebnisse, wie diese in den Agrarbetrichten jährlich dokumentiert werden, wie sie von der wissenschaftlichen Untersuchung i. S. Altschulden bestätigt wurde, und wie die bei der Vermögensauseinandersetzung bei den Landwirtschaftsgerichten zur Eigenkapitalermittlung und Rückstellungsprüfung - §§ 36, 17 DM-Bilanzgesetz - bis zum Jahre 1997 und auch über die Registergerichte - Offenlegungspflicht nach HGB - vorliegenden Bilanzen bestätigen, sowie die fehlende Bereitschaft der Altschuldenunternehmen zur Altschuldentilgung bestärtigen, ist die Mehrzahl dieser Betriebe nach wie vor nicht sanierungsfähig. Vielmehr werden hier flächendeckend massiv Grundrechte verletzt.

Dabei muss immer wieder darauf hingewiesen werden, dass die LPG-Unternehmen als juristische Personen mit der Altschuldenentlastung eine weitere nicht zu unterschätzende Subventionierung genießen und mit dem unrechtmäßig nach LPG-Gesetz erworbenen nun aber zurückgehaltenen Vermögensansprüchen nach LwAnpG dem Grunde nach fremdes Vermögen, nämlich das der LPG-Bauern, fälschlicherweise in ihrer Bilanz als Eigenkapital ausweisen und dieses ebenso zinslos nutzen.

 

Bei dieser wirtschaftlichen "Bevorzugung" und durch die Betriebsgrößen bedingte Kostendegression sollte man erwarten können, dass diese Unternehmen bei ordentlicher Betriebsführung und ebensolcher Organisation ein optimales Betriebsergebnis erzielen können. Nichts davon, auch im Jahr 14 nach dem Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland und damit der EU, ohne je Aufnahmebedingungen erfüllen zu müssen, ist zu erkennen. Dies bestätigt, dass die Betriebsgröße eben nur einer von vielen "Produktionsfaktoren" ist. Maßgebend und entscheidend ist und bleibt sicher der Mensch, der Unternehmer und seine Mitarbeiter.

 

An all dem wird deutlich, wie weit die Zielstellung des Gesetzgebers nach §§ 1, 2 und 3 LwAnpG, wonach die Eigentumsverhältnisse gewährleistet werden und leistungsfähige, wettbewerbsfähige landwirtschaftliche Betriebe wieder hergestellt werden sollten, gescheitert ist. Schließlich sollten alle Betriebsformen Chancengleichheit erhalten und dies der Wiederherstellung einer vielfältig strukturierten Landwirtschaft dienen.  All diese Ziele des Gesetzes wurden weit verfehlt. Das Ziel des Einigungsvertrages, nämlich rechtsstaatliche Verhältnisse im Beitrittsgebiet einzuführen, ist zumindest im ländlichen Raum weithin gescheitert, denn das LPG-Vermögen gehört den LPG-Bauern, doch diesen wurde es nur zum geringen Teil, lt.  DFG-Forschungsberichts 27 % zurückgezahlt. Das Eigentum, auch die Eigentumsanspruchsrechte nach LwAnpG sind im GG Artikel 14 geschützt. Dieser Schutz wurde  erheblich, auch mit Duldung und zum Teil aktiver Unterstützung durch Subventionierung, versagt.

 

Mit dem der Zusammenführung von LPG-Gebäuden mit dem Boden der LPG-Bauern begünstigte Bodenerwerb durch die LPG-Gebäudeeigentümer/Nutzer nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz zum halben Wert/Preis oder ebenso im Bodenordnungsverfahren nach LwAnpG, dort aber ohne Rechtsgrundlage, wird LPG-Unternehmen ein weiterer, oft in Millionen gehender, seither aber wettbewerbsrechtlich offensichtlich noch nicht geprüfter subventionserheblicher wirtschaftlicher Vorteil eingeräumt. Dies zu erkennen ist ganz offensichtlich auch den Verwaltungsgerichten noch immer rechtlich fremd  -  OVG Brandenburg vom 21.07.1999, 8 B 73/99.G, RdL 1999, 273; BVerwG 11 C 2.97 vom 09.07.1997 und BVerwG 9 C 5.03 vom 10.12.2003, RdL 2004,157, denn danach soll der halbe Bodenwert, gestützt auf § 3 LwAnpG auch im Bodenordnungsverfahren gelten, die Restnutzungsdauer aber keine Rolle spielen. Verfassungsrechtlich haltbar ist diese Ungleichbehandlung des Eigentumsschutzes sicher nicht. Dabei beginnt beim selbständigen Gebäudeeigentum das Problem bereits bei den Feststellungen und Zuordnung der Gebäude durch die Oberfinanzdirektion (OFD), da hier eine Rechtsnachfolge nicht geprüft wird, Gerichte und Bodenordnungsämter sich dann aber auf solche ungeprüften OFD-Bescheide stützen. Sächsisches OVG vom 18.10.2002, F 7 D 13/01, RdL 2003,50. Schließlich wird die kurze Restnutzungsdauer der Gebäude i.d.R. nicht beachtet, BGH, VzR 421/00 vom 29.09.2000. RdL 2001,83.

 

Schließlich ist zu bedenken, dass in allen Fällen der fehlgeschlagenen Rechtsnachfolge (Kuchs, RdL 2004, 113, 2002, 227)  bei der Zusammenführung von Gebäude und Boden, die Gebühren und Steuerbefreiungsvorschriften nach § 67 LwAnpG nicht greifen kann und nicht unerhebliche Grunderwerbssteuer - Nachforderungen durch die Finanzverwaltung sowie Verfahrensgebühren anstehen, wenn die nötigen Konsequenzen aus einer offenen und rechtlich ehrlichen Prüfung gezogen werden.

 

Weitere Altschuldenbegünstigungen, begünstigter Flächenerwerb nach der Flächenerwerbsverordnung, Begünstigung bei der Zusammenführung von Gebäuden und Boden, Flurbereinigungsverfahren zum Nachteil der Bodeneigentümer und der privaten Bauern, Landpacht von der BVVG trotz fehlender Existenzsicherheit sowie Verhinderung der Vermögensauseinandersetzung nach LwAnpG, und all dies im hohen Maße ohne Rechtsnachfolge, sind ausnahmslos subventionserhebliche, auch strafrechtlich relevante Vorgänge und wettbewerbsverzerrende einseitige Vorteile der LPG-Unternehmen, zum Nachteil der privaten unternehmerischen Bauern, die ihren Betrieb und ihre Arbeitsplätze ehrlich finanzieren. Diese Unrechtstatbestände können daher nicht länger hingenommen werden, zumal der Steuerzahler den Fortbestand dieses Unrechts nicht länger finanzieren kann.

Soviel Unrecht war im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland noch nie festzustellen.

45 Jahre (1945 – 1990) kommunistische Zwangswirtschaft mit Bespitzelung (Stasi) und Denuziation, politischer Häftlinge, Verletzung von Eigentumsrecht, der Menschenrechte, der Menschenwürde, Diskriminierung und weitgehender Rechtlosigkeit (Art. 1, 2, 3, 14, 19 GG) haben das Vertrauen über Generationen und zwischen den Generationen tiefgreifend zerstört. Junge Menschen, die heute in einen solchem Umfeld – Elternhaus, Schule, fehlende Dorfgemeinschaft – aufwachsen, haben es daher nicht leicht, unsere westliche Werteordnung der freien Welt, der EWG, der EG, der EU zu finden und einzuordnen.

 

Fazit: Der Atheismus hinterlässt weiterhin seine Spuren und setz sich über Generationen fort. Die Entwicklung der Zahl der Kirchenmitglieder (im Beitrittsgebiet rund 25 % der Bevölkerung) auf der einen, und die den Rechtsstaat grundsätzlich mit all seinen Mängeln, - denn  auch dieser ist schließlich „nur“ von Menschen mit menschlichen Mängeln gemacht – ablehnenden auf der anderen Seite, der dem Atheismus treuen Bevölkerungsgruppe, der Orientierungslosen, stagniert auf „DDR-Niveau“.

(Teil II unter Kapitel 22.1)

7.2 Auszug aus der Strukturanalyse des Landvolkverbandes Sachsen-Anhalt
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
7.4 Agrarstruktur als Bestimmungsfaktar des ländlichen Raumes