1.10 Abfindungsvereinbarung - bindend?, Nichtigkeit, sittenwidrig § 138 BGB/Verzichtswille, Informations- und Aufklärungspflicht der LPG
1. Abfindungsanspruch
1.12. Erforderliche Informationen zur Antragstellung
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1.11 Der Antrag an das Landwirtschaftsgericht

Als Landwirtschaftsgericht wird der jeweilige Landwirtschaftssenats des zuständigen Amtsgerichts bezeichnet. In jedem der 5 neuen Bundesländer befinden sich jeweils bei 4 Amtsgerichten ein Landwirtschaftssenat = Landwirtschaftsgericht, besetzt mit einem Berufsrichter/-richterin und 2 ehrenamtlichen Richtern/Richterin. Bei letzteren handelt es sich um Personen aus der landwirtschaftlichen Praxis, den LPG-Unternehmen, ehemalige LPG-Mitglieder, private Bauern. Der Antrag ist (3-fach) formlos durch ein Schreiben an das jeweils zuständige Gericht zu stellen.

Bei der Antragstellung ist vor allem folgendes zu beachten:

1. Zuständigkeit!Die Zuständigkeit soll im Zweifelsfalle vorher telefonisch beim Amtsgericht erfragt werden - ist das Amtsgericht/Landwirtschaftsgericht für diesen Ort/Sitz des LPG-Unternehmens zuständig?

2. Aktivlegitimation = Antragsberechtigung

 

Dies setzt eine LPG-Mitgliedschaft zumindest zu irgend einem Zeitpunkt voraus. Bei welcher LPG hat die Mitgliedschaft - bis wann, bei welcher LPG zuletzt? Bestanden - evtl. als Rentner/Rentnerin (SV-Heft als Beweis in Kopie/Erbschein).

3. Passivlegitimation

 

a) Zahlung, Differenzrestnachzahlungsanspruch (Berechnung nach Kapitel 1.1 Übersicht D) oder wird "vorsorglich" zunächst nur ein bestimmter Teil "eingeklagt - beantragt" z. B. der restliche Zinsanspruch ( Inventarbeitragsverzinsung), oder die Bodennutzungsvergütung, oder der Fondsausgleich um den Streitwert/Geschäftswert und das damit verbundene Kostenrisiko niedrig zu halten.

b) Wird ferner gleichzeitig Auskunft/Einsichtnahme in die abfindungsrelevanten Unterlagen (Kapitel 1.1 Übersicht F) beantragt - die das LPG-Unternehmen nach § 44 Abs. 6 und Abs. 1 LwAnpG als Berechnungsgrundlage verwendet hat. (siehe auch Kap. 1.1 Übersicht A, B, C) Mach das LPG-Unternehmen einen Kürzungsanspruch nach § 44 Abs. 1, Ziffer 1 oder Ziffer 2 letzter Satz LwAnpG geltend - wegen Mangel an nicht ausreichendem Eigenkapital - so ist die Antragsgegnerin verpflichtet diesen nachzu- weisen, also die Unterlagen von selbst aus eigenen Interesse vorzulegen. Dies gilt auch für die ordnungsgemäße korrekte Ermittlung des maßgebenden Eigenkapitals nach § 44 Abs. 6 LwAnpG. Andernfalls gibt es keine Kürzung, so daß der volle Anspruch ungekürzt zusteht. (Kap. 1.1 Übersicht D, E und 1.2).

c) Wurde bereits eine "Abfindungsvereinbarung" unterschrieben oder ein Abfindungsangebot angenommen? Kann dieses abschließend bindend sein, oder können dennoch weitere Ansprüche geltend gemacht werden (Kapitel 1.10).

d) Nachweis gemäß Kapitel 1.1. Übersicht E, soweit verfügbar. Ggf. können auch andere LPG-Mitglieder als Zeugen benannt werden.

e) Bestehen ernsthafte Zweifel an der Rechtsnachfolge, so sollte hierauf hinge- wiesen werden - mit Nachweisen: LPG-Vollversammlungsbeschlüsse, Verträge, LPG-Register, Register des neuen Unternehmens mit Liste der Gesellschafter. Die Eintragung in die Register 1991/92 und 1993 sind in nicht wenigen Fällen fälschlicherweise erfolgt und seither nicht korrigiert worden. Daher bieten diese auch bei Eintragung z. B. des Rechtsnachfolgevermerkes keine Gewähr auf Rechtsnachfolge (Kapitel 0.3).

f) Wird mit dem Antrag auch der Zweck verfolgt, daß der drohende Ablauf der Verjährungsfrist unterbrochen werden soll (Kapitel 0.5), so sollte auf diesen Zweck des Antrags verwiesen werden - neben dem Zahlungsantrag.

5. Schließlich ist die Rechtsgrundlage von Bedeutung:

  • Wurde die Mitgliedschaft in der LPG vor dem 16.03.1990 beendet, gilt § 51a in Verbindung mit § 44 Abs. 1 LwAnpG. Dabei kann die Mitgliedschaft durch Kündigung/LPG-Beschluß/Wechsel in eine andere LPG/Übersiedlung - Flucht in die Bundesrepublik oder durch Tod erfolgt sein. Bei Wechsel in eine andere LPG kann die Mitgliedschaft in der neuen LPG von Bedeutung sein, wenn der Inventarbeitrag (und Bodennutzung - Bodenbuch) zur neuen LPG übertragen wurde.

    Endete die LPG-Mitgliedschaft durch Tod, so ist von Bedeutung, ob ein Erbe/Miterbe Mitglied in der gleichen LPG war oder geworden ist. Dann stehen diesen Erben auch weitere Ansprüche zu - § 44 Abs. 1, Ziffer 2 LwAnpG. (Kap. 1.5).

    Dies gilt auch, wenn die LPG-Mitgliedschaft nach Umwandlungsbeschluß aber noch vor Eintragung in das Register gekündigt wurde und ein Barabfindungsangebot nach § 36 LwAnpG im Rahmen der Umwandlung nicht unterbreitet und/oder nicht angenommen wurde.

    Wurde die LPG-Mitgliedschaft nach dem 16.03.1990 und vor der Umwandlung (oder Liquidation) beendet, so ist § 44 Abs. 1, Ziffer 1, 2 und 3 LwAnpG maßgebend.

    Wurde die LPG-Mitgliedschaft im Rahmen der Umwandlung beendet (durch Annahme eines Barabfindungsangebots),so gilt § 36 LwAnpG. Wurde kein Barabfindungsangebot unterbreitet oder nicht angenommen - auch nicht nach Umwandlung, so gilt bei Kündigung der Mitgliedschaft vor Registereintragung § 44 LwAnpG - nach Registereintragung § 28 Abs. 2 LwAnpG.

    Wurde die Mitgliedschaft nicht in der LPG sondern erst nach Eintragung des neuen Unternehmens in das Register im neuen Unternehmen gekündigt, so gilt § 28 Abs. 2 LwAnpG - bare Zuzahlung. Dabei ist die erhaltene Quote (und Rechte) am Eigenkapital vor und nach der Umwandlung von Bedeutung. Zu Berechnung des Gesamtanspruchs ist grundsätzlich immer in allen Fällen § 44 Abs. 1 und Abs. 6 LwAnpG maßgebend. Aufgrund diverser Unwägbarkeiten ist es in jedem Fall ratsam vor Antragstellung beim Landwirtschaftsgericht einen rechtskundigen mit der Materie vertrauten Berater zu befragen. Sofern das Amtsgericht/Landwirtschaftsgericht örtlich nicht zuständig sein sollte, wird gebeten diesen Antrag unverzüglich an das zuständige Gericht abzugeben.

6. Beispiel eines Antrages:

  1. An das zuständige Amtsgerichts/Landwirtschaftsgericht (Anschrift) (ggf. Weiterleitung an das zuständige Amtsgericht) Antragsteller (Name und Anschrift des Antragstellers) Antragsgegnerin: LPG-Unternehmen, Firmenbezeichnung, Sitz der Firma, Geschäftsführer/Vorstandsvorsitzender der Antragsgegnerin Sollte das unter 1. genannte Amtsgericht/Landwirtschaftsgericht ördtlich nicht zuständig sein, wird gebeten, diesen Antrag unverzüglich an das örtliche zuständige Landwirtschaftsgericht weiterzuleiten/abzugeben. Es wird beantragt: a) Zahlung nach §§ 44, 36, 28 (2), 51a LwAnpG DM .............. gemäß beigefügter Berechnung (Kapitel 1.1.), evtl. zunächst nur Teilbetrag - um den Geschäftswert und damit das Kostenrisiko niedrig zu halten - z. B. für Arbeitsjahre, oder Verzinsung, oder Bodennutzung, oder Feldinventar, oder Fondsausgleich/Inventarbeitrag jeweils nach Abzug bereits erhaltener Zahlung/Sachwerte. Weitere Zahlung wird nach Auskunftser- teilung (Ziffer b) beantragt.
    b) Auskunft, Einsichtnahme, Vorlage der Berechnungsunterlagen des Anspruchs § 44 Abs. 6 und Abs. 1 LwAnpG, soweit die Antragsgegnerin solche erstellt und vorliegen hat, ferner Prüfung der Rechtsnachfolge.
    Vorzulegen sind vom LPG-Unternehmen:

    DM-Eröffnungsbilanz maßgebende Abfindungsbilanz (Umwandlungsbilanz) das Inventarverzeichnis, aus dem die Buchwerte der Wirtschaftsgüter hervorgehen - Stand 30.06.1990; 01.07.1990; Abfindungsbilanz Liste der Rückstellungen, aus der hervorgeht, für welche Maßnahme welche Rückstellung gebildet wurde und welche dieser Maßnahmen bis 1994/97 (§ 17 DM-Bilanzgesetz) für welchen Aufwand realisiert wurde - abzüglich ABM-Erstattung zur jeweiligen Bilanz der dazugehörige Prüfungsbericht Umwandlungsbeschluss/Teilungsbeschluss Umwandlungsbericht/Teilungsbericht - §§ 4 - 40 LwAnpG Stellungnahme der Revisionskommission Stellungnahme der Bank zur Umwandlung Gesamtpersonifizierung des Vermögens, § 44 Abs. 1 LwAnpG Eigenkapitalermittlung § 44 Abs. 6 LwAnpG Verkaufsbelege, aus denen der Wert der verkauften Wirtschaftsgüter (Technik, Vieh etc.) ersichtlich ist, um einen Vergleich mit den Buch- werten der Bilanz/des Inventars zu ermöglichen und die stillen Reserven abschätzen zu können. Handels- bzw. Genossenschaftsregister-, auszug, Liste der Gesellschafter (Kopien) Vermögenstransfer/Abrechnung bei teilweiser Zusammenlegung der LPG Tier- und Pflanzenproduktion bzw. Teilung in mehrere verschiedene LPG bzw. Rechtsnachfolger (Teilungsplan)

    Beweise: LPG-Übernahmeprotokoll in LPG Typ III, LPG Typ I-Vermögen , Kopie SV-Heft über die LPG-Mitgliedschaft/LPG-Mitgliedschaftskündigungsschreiben/Erbschein/ bisherige Abrechnung/Auszahlung/Geschäftsanteile am neuen Unternehmen. Es wird um richterlichen Hinweis gebeten, sofern zu einzelnen Punkten weiter vorgetragen werden soll (Kap. 3.1). Unterschrift Das Landwirtschaftsgericht wird im Regelfall im Rahmen der Amtsermittlung FGG-Verfahren) die Antragsgegnerin auffordern, zu einem solchen Antrag Stellung zu nehmen und entsprechende Unterlagen vorzulegen.
    Spätestens wenn die Antwort/Stellungnahme des Landwirtschaftsgerichts und der Antragsgegnerin vorliegt mit Antrag auf Ablehnung/Zurückweisung, sollte eine sachkundige Rechtsberatung in Anspruch genommen werden.
    Bei Abschluss eines Vergleichs, auch eines außergerichtlichen Vergleichs und Antragsrücknahme sollte immer vereinbart werden, dass das LPG-Nachfolgeunternehmen die gesamten Verfahrenskosten trägt.
    Sollte es doch noch zu einer Verlängerung der Verjährungsfrist kommen, darf dies nicht dazu führen, dass die Prüfung und Geltendmachung der weiteren Abfindungsansprüche "vertagt" wird, da die LPG-Unternehmen eine Verjährungsfristverlängerung andernfalls dazu nutzen werden, das (noch) vorhandene Vermögen zu "privatisieren" - z. B. durch erneute Umwandlung (zur GmbH mit nur noch ganz wenigen Gesellschaftern), Gründung von sogenannten Tochtergesellschaften, neuer Gesellschafter, jeweils mit Ausgliederung von Betriebsteilen, Liquidation oder Insolvenz (und billigster Kauf durch neue Gesellschafter) - bis nichts mehr zu holen ist und damit auch berechtigte Vermögensansprüche der einstigen LPG-Bauern verloren sind. Schließlich wäre der endgültige Textinhalt einer möglichen weiteren Novelle des LwAnpG mit Verjährungsfristverlängerung zu prüfen, und dies wird kaum vor Ende Dezember vorliegen - sofern es überhaupt dazu noch kommen sollte. - siehe hierzu auch Internet oben Kapitel 0.2 und 0.6 -
1.10 Abfindungsvereinbarung - bindend?, Nichtigkeit, sittenwidrig § 138 BGB/Verzichtswille, Informations- und Aufklärungspflicht der LPG
1. Abfindungsanspruch
1.12. Erforderliche Informationen zur Antragstellung