7.8 Wie viel Subventionen sind gerecht
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
7.10 Ländlicher Raum auf roter Liste
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7.9 Bilanzen der LPG-Kapitalgesellschaften

(siehe auch Kapitel 1.15 - Erfolgsmeldungen ...)

Schon nach dem DM-Bilanzgesetz vom August 1990 sind ab 01.07.1990 die Buchführungs- und Bilanzierungsvorschriften nach Handelsrecht (HGB) zwingende Rechtsgrundlagen auch für die LPGs.

Ordnungsgemäße Buchführung und ordnungsgemäße Bilanzierung bei korrekter Bewertung einer jeden Bilanzaktiva- und Bilanzpassivposition sind danach zwingendes Recht. Aufgrund der Bewertungsunsicherheiten, die in 1990/91 und den ersten Folgebilanzen nach 1990 festzustellen waren, hat der Gesetzgeber notwendige Wertansatzänderungen per 01.07.1990 bis 1994 bzw. 1997, unter besonderen Verhältnissen bis maximal zum Jahr 2000, nach §§ 10, 17 und 36 DM-Bilanzgesetz  zwingend vorgeschrieben.

Die so festgestellten geprüften, korrekten ordentlichen Bilanzen und das dort ausgewiesene Eigenkapital war auch nach Hinzurechnung möglicher stiller Reserven nach § 44 Abs. 1 und Abs. 6 LwAnpG  bei der Vermögensauseinandersetzung zugrunde zu legen. LPG nahestehende Sachverständige haben dagegen nicht selten jenseits von Gesetz und Recht im Auftrag von Gerichten Eigenkapital ermittelt, wonach die auch nach LwAnpG und nach HGB geltenden Vorschriften des Gläubigerschutzes gravierend verletzt wären. Da eine Überbewertung, der Ausweis eines zu hohen Eigenkapitals nach HGB strafbar wäre, durften die Gerichte solche Gutachten nicht zugrunde legen, wenn z. B. aus 5 Mio. DM Eigenkapital lt. der vom Wirtschaftsprüfer/Genossenschaftsverband geprüften Bilanz der Sachverständige nur noch 2 Mio. DM per 31.12.1991 (Umwandlungsbilanz) errechnete. 

Doch weit gefehlt, die Gerichte haben selbst auf der Grundlage solcher Eigenkapital-Gutachten Unrechtsentscheidungen zum Nachteil der LPG-Bauern getroffen - ohne die Akte der Staatsanwaltschaft vorzulegen - und dies selbst dann, wenn der Sachverständige in das Gutachten als Begründung seiner Eigenkapitalherabrechnung rein schreibt: 

„Die Möglichkeit der Wertberichtigung nach § 36 DM-Bilanzgesetz wurde nicht, nur unvollkommen oder nicht zur Widerspiegelung der Wertverhältnisse, sondern mit Ziel benutzt, den steuerlichen Gewinn zu schmälern und die Beleihungswürdigkeit zu bessern. Weit verbreitete Überbewertung beim Anlagevermögen sind die Folge.“

Az.: 21 XV 62/01 und W XV 1225/07. 

Dabei wäre eine solche Art zu hoher Bewertung des Anlagevermögens und damit zu hohe Abschreibungen zwecks Gewinnminderung ein Steuerstraftatbestand, da hier bewusst absichtlich gezielt gehandelt wurde und das zu hoch ausgewiesene Eigenkapital würde auch den Gläubigerschutz strafrechtlich verletzen.

Schließlich war nach DM-Bilanzgesetz § 6 das Prinzip der Vorsicht zu beachten. 

Haben wir es im Beitrittsgebiet bei den LPG-Kapitalgesellschaften nun flächendeckend vom Erzgebirge bis zur Ostsee mit derart strafrechtlich relevanten falschen Bilanzen zu tun?

Haben wir es flächendeckend mit falschen, gerichtlich bestellten Eigenkapitalermittlung von LPG nahestehenden Sachverständigen zu tun?

Selbstverständlich gibt es auch einige von Sachverständigen korrekt ermittelte Eigenkapitalwerte i.S. § 44 Abs. 6 LwAnpG. Doch in sehr vielen Fällen habe Gerichte auch immer wieder absolut rechtswidrige Gutachten ihren Entscheidungen zugrunde gelegt und alle entsprechenden Hinweise des Vertreters des LPG-Bauern beim Gericht missachtet.

Dank der richterlichen Unabhängigkeit ist es daher nicht verwunderlich, wenn seitens der geschädigten LPG-Bauern gelegentlich ein Gericht schon einmal für LPG befangen hält. Wenn dann die ehemaligen LPG-Bauern und Vermögensanspruchsberechtigten nach solchen Fehlentscheidungen den Glauben an den Rechtsstaat verlieren, ist dies nicht verwunderlich.  Fragen nach möglicher Rechtsbeugung kann man als Vertreter solcher Fälle nicht ausweichen und Feststellungen solcher Art geschädigter LPG-Bauern nach einem Gerichtstermin, das es wieder war wie beim früheren Bezirksgericht, sind in verständlich. Wenn auch kein Zweifel besteht, und die Ergebnisse bestätigen dies, dass in der ganz überwiegenden Mehrzahl aller Verfahren bei den Landwirtschaftsgerichten die LPG-Unternehmen dennoch zum Teil erhebliche Nachzahlungen leisten mussten und sich einige Gerichte mit der oft nicht leichten Materie ernsthaft auseinandergesetzt haben.  

Gibt es aber eine Fehlentscheidung und das Oberlandesgericht lässt die Rechtsbeschwerde zum BGH nicht zu, bleibt es beim Unrecht, denn eine solche Fehlentscheidung eröffnet nicht den Weg zur Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde zum Bundesgerichtshof. Solcher Art Entscheidung des Bundesgerichtshofs können geradezu als Freibrief für die Oberlandesgerichte verstanden werden, Fehlentscheidungen zugunsten der LPG-Kapitalgesellschaften zu treffen, da ihnen ihre richterliche Freiheit dies erlaubt, obgleich alle Richterinnen und Richter nach dem Richtereid zur Wahrheit und Gerechtigkeit verpflichtet sind. 

Die Prüfung der Rechtswirksamkeit i.S. Gesamtrechtsnachfolge nach §§ 4 ff LwAnpG kann dann noch eine Rettung bieten, denn bei gescheiterter Gesamtrechtsnachfolge, und hiervon ist eine nicht geringe Zahl dieser Betriebe betroffen, ist das gesamte LPG-Vermögen 1991 Eigentum der LPG geblieben. Das so genannte Nachfolgeunternehmen hat dieses LPG-Vermögen, das den LPG-Bauern eigentumsrechtlich  zuzurechnen ist, dann zu Unrecht in ihrer Bilanz ausgewiesen. Alle Bilanzen dieser LPG-Kapitalgesellschaften sind dann ab 1991/92 nichtig. Dennoch ist es dabei von Interesse, wie viel Eigenkapital in 1990/91 als Rücklagen ausgewiesen und damit den Vermögensanspruchsberechtigten unrechtmäßig entzogen wurde.  

Viele Fragen, die sich da auftun und auch der EU-Agrarkommissarin, Frau Mariann Fischer-Boel, zu beantworten wären, falls sie solche stellt, wenn sie zurzeit Agrarkapitalgesellschaften im Beitrittsgebiet besucht, um die Meinungsbildung in Sachen Kürzung der Direktzahlungen vor Ort zu festigen. Konkrete Fragen könnten dabei schon einiges zur Klarheits- und Wahrheitsfindung beitragen, so zum Beispiel: 

a)     Wie viele Nachzahlungen mussten bei Vermögensauseinandersetzungsverfahren geleistet werden? 

b)     Wie viele gerichtliche Verfahren i. S. LwAnpG hat es gegeben - bei Vermögensauseinandersetzungsfragen und bei Bodenordnungsfragen? 

c)     Wie viel Eigenkapital i. S. § 44 Abs. 6 LwAnpG wurde 1990/91 den LPG-Mitgliedern nicht nach § 44 Abs. 1 LwAnpG zugeordnet? Sondern als Eigenkapital des neuen Unternehmens in der Bilanz als Rücklagen oder ähnlich ausgewiesen? 

d)     Wurde die Gesamtrechtsnachfolge i. S. §§ 4 ff LwAnpG festgestellt und gerichtlich bestätigt? 

e)     Wurden die Fördervoraussetzungen i. S. der Anpassungshilfeverordnung und allen Folgerichtlinien ab 1991 bis zur Gegenwart geprüft und erfüllt? Schließlich hat der ehemalige Sächsische Landwirtschaftsminister im Landtag selbst bestätigt, dass im Freistaat Sachsen 86 solcher Art gescheiterter Gesamtrechtsnachfolgefälle vom Ministerium festgestellt wurden und schließlich war die rechtswirksame Gesamtrechtsnachfolge und die ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung seit 1991 Fördervoraussetzung für die LPG-Kapitalgesellschaften - LPG-Nachfolgeunternehmen. 

Alles Fragen, denen sich auch die Europäische Union und sicher auch die dortige OLAF, die dortige Staatsanwaltschaft, die sich um die Auffindung unrechtmäßiger Subventionszahlungen bemüht, stellen muss. 

Neu ist diese Entwicklung nicht. In meinen beiden Dokumentationen 

1.      „Einigkeit und Recht und Freiheit - auch für die deutsche Landwirtschaft“

2.      „Agrarpolitische Lage der (Ost) Landwirtschaft“ 

habe ich u. a. schon vor Jahren auf diese Fehlentwicklungen hingewiesen - Restbestand für  a) 10,00 € sind noch zu haben.

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