7.7 Vom Wert der Werte - vom Wertewandel
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
7.9 Bilanzen der LPG-Kapitalgesellschaften
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7.8 Wie viel Subventionen sind gerecht

Vielfalt  und Umfang steuerlicher Vergünstigungen und Förderung aus der Staatskasse haben ein Ausmaß angenommen, dass ein Kahlschlag wünschenswert wäre. Dem Wunsch nach Bürokratieabbau und mehr Gerechtigkeit käme man damit sicher ein großes Stück näher.

Dem einzelnen Unternehmer, Bauer oder Handwerker, ist es kaum möglich, alle öffentlichen Töpfe zu kennen, die er anzapfen könnte. Es gutes Stück Gerechtigkeit bleibt damit auf der Strecke. Der landwirtschaftliche Unternehmer ist zudem ganz entscheidend auf die Hilfe des für ihn zuständigen Amtes angewiesen, zumal nicht nur der Umfang, sondern auch die Unübersichtlichkeit und Unklarheit diverser Förderprogramme, ihrer Richtlinien und Förderanträge für den Begünstigten kaum noch zumutbar sind.

Dies betrifft grundsätzlich nicht nur die Landwirtschaft, sondern auch Industrie und Handel, im Grunde alle wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Ebenen – z.B. auch das gemeinnützige Vereinswesen, kulturelle, öffentlich rechtliche Einrichtungen, Kinder-, Schüler-, Jugendarbeit bis hin zu Exportsubventionen und staatlichen Bürgschaften.  

Die Zielrichtungen dieses Umverteilungssystems, die dahinterstehenden wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Überlegungen sind entsprechend vielschichtig. In unserer sozialen Marktwirtschaft ist die soziale und wirtschaftliche Umverteilung ein tragendes Element, solang sie sich auf das notwendige Maß beschränkt.

Verschiedenste Interessengruppen, Produzenten und Verbraucher, echt Bedürftige und ihre Mitläufer, die große Schar der Lobbyisten sind von ihrer jeweiligen Interessenlage mehr oder weniger überzeugt. Seit 1989/90 ist mit dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostblocks und der auch daraus mit folgenden Dynamik der Globalisierung, der Freiheit auch auf der Ebene des Wettbewerbs ein weiterer kapitalintensiver Subventionsbedarf Richtung Osten zur Realität geworden, der nur noch schwer unter Kontrolle zu halten ist. Der Solidarpakt II ab 2005 mit rund 150 Mrd. EUR bis 2019 für das Beitrittsgebiet ist dabei nur eine Art Erinnerungsposten im Vergleich zu dem, was in den vorangegangenen 15 Jahren (1990 – 2004) schon vorher und nun unverändert neben diesen 150 Mrd. EUR aus der Bundeskasse,  für sozial bedürftige Bundesländer, Städte, Gemeinden und verschiedenste Maßnahmen, Richtung Beitrittsgebiet fließt.

Und da öffentliche Haushalte der Städte, Gemeinden, Kreise, Länder und des Bundes ihr Geld nur einmal ausgeben können und Schulden mit Zinsen zurückzuzahlen sind, ist es nur allzu verständlich, wenn angesichts dieser Schuldenfalle offensichtlich nicht vertretbare Subventionszahlungen kritisch hinterfragt werden.

Hierbei ist auch zu bedenken, dass im 19. Subventionsbericht der Bundesregierung (2001 bis 2004) die Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Fischerei mit (lfd. Nr. 1 – 31, Anlage 1 zum Subventionsbericht) durchschnittlich 1,3 Mrd. €/Jahr Finanzhilfen einen relativ bescheiden Platz belegt, im Vergleich zur gewerblichen Wirtschaft mit durchschnittlich 5 Mrd. €/Jahr (lfd. Nr. 32 – 61), davon rund 0,6 Mrd. €/Jahr zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur nach Artikel 28 (2) Einigungsvertrag (EV) im Beitrittsgebiet (lfd.  Nr. 53).

Ferner sind danach

-   für die  Unterstützung der regionalen Investitionstätigkeit in wirtschaftlich- und strukturschwachen Gebieten in den alten Bundesländern (lfd. Nr. 52)           rund 100 Mio. €/Jahr,

-   für bestimmte Industriebereiche (lfd. Nr. 48 – 51) wie Flugzeugbau, Schiffswerften, rund 140 Mio. €/Jahr,

-   für Technologie- und Innovationsförderung (lfd. Nr. 42 – 47) rund 500 Mio. €/Jahr, rationelle Energieverwendung und erneuerbare Energie (lfd. Nr. 37 – 41) rund 200 Mio. €/Jahr,

-   für Kohle und Bergbau (lfd. Nr. 32 – 36) durchschnittlich 2,5 Mrd. €/Jahr, insgesamt  im Durchschnitt der Jahre  2001 – 2004, 8 Mrd. €/Jahr (lfd. Nr. 1 – 81), (abnehmend von 9,4 Mrd. €/Jahr auf rund. 7 Mrd. €/Jahr), an Subventionen dokumentiert.

Die Europäische Union hat schon vor einigen Jahren das Agrarbudget bei etwa 40 Mrd. €/Jahr gedeckelt. Mit der Agrarreform gibt es von dort ab 2006 nur noch begrenzt  die produktabhängigen Subventionen – Ausgleichszahlungen und Prämien -, sondern mit der Entkopplung von der Produktion an die Fläche gebundene Direktzahlungen – Zahlungsansprüche – in Höhe von rund 200 €/ha und Jahr bis über 350 €/ha und Jahr. Mit der größer gewordenen EU-Fläche infolge der Beitrittsländer vom Baltikum bis Bulgarien geht man davon aus, dass die Subventionshöhe je Hektar um 12 bis 15 % sinken wird.

Für das in Deutschland während der Übergangsphase bis 2013 praktizierte Kombimodell, wonach ein Teil der EU-Fördermittel entkoppelt nach Fläche, ein Teil wie seither nach Produkten gewährt wird, standen 2006 reichlich 5,5 Mrd. € für solche Zahlungsansprüche/Betriebsprämien zur Verfügung.

Die öffentliche Diskussion über die Agrarsubventionen hat also durchaus einen konkreten sachlichen Hintergrund. Vor allem wenn man die 16 % Anteil an den Finanzhilfen vergleicht mit der Zahl der Beschäftigten (1,3 Mio.) in und (38 Mio.) außerhalb der Landwirtschaft sowie dem Anteil am Bruttosozialprodukt (1 % der Bruttowertschöpfung).  Die Bundesrepublik ist auch als EU-Hauptnettozahler, deren Arbeitnehmer und der Mittelstand als Hauptsteuerzahler,  hiervon stark betroffen.

Berücksichtigen wir dazu, wofür die Landwirtschaft alles Fördermittel erhält und welcher Anteil z.B. der Personalkosten der Großbetriebe von all den aus öffentlichen Kassen zugeflossenen Mitteln in der Gewinn– und Verlustrechnung der Unternehmen gedeckt werden kann, drängt sich die Frage der Zweckmäßigkeit dieses Umverteilungssystems geradezu auf. Schließlich sind es Steuergelder die der Bundesbürger erarbeiten und an den Staat abführen muss.

Wettbewerbsverzerrende Ungerechtigkeit:

Agrarsubventionen können wettbewerbsverzerrend sein. Daher unterliegen sie der Wettbewerbsaufsicht und bedürfen der Genehmigung durch die Europäische Union. Ab 1990/91 gab es für die Landwirtschaft im Beitrittsgebiet mit der Anpassungshilfeverordnung, Artikel 3 Einigungsvertrag, LaAV 2/92 vom 10.07.1992, eine erste Sonderregelung für die Ostlandwirtschaft.

Daneben wurde für die Landwirtschaft  im Beitrittsgebiet nach dem Einigungsvertrag  das gesamte bundesdeutsche Fördersystem übernommen. Umfangreiche weitere zusätzliche Vergünstigungen wurden und werden weiterhin gewährt.

Bei den LPG-Nachfolgeunternehmen – Kapitalgesellschaften, juristische Personen, oder Personengesellschaften (e. G., GmbH, AG, GmbH u. Co. KG)  war ab 1992 u.a. Fördervoraussetzung, dass eine rechtswirksame Gesamtrechtsnachfolge nach §§ 4 ff LwAnpG vorlag und die Vermögensauseinandersetzung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Diese Fördervoraussetzung war auch bis vor wenigen Jahren in den meisten Förderrichtlinien der 5 neuen Bundesländer so übernommen worden. So z.B. in den Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft vom 07.05.1997, RL-Nr. 21/97, vom 08.11.2000, RL-Nr. 73/2000 und RL-Nr. 76/93.

Obwohl jedoch beide Fördervoraussetzungen nur in den allerwenigsten Fällen erfüllt waren, erhielten die Unternehmen mit im Durchschnitt mehr als 1.700 ha bewirtschaftet Fläche regelmäßig alle Fördermittel.

Neben umfangreichen Investitionshilfen waren in den zurückliegenden Jahren u.a. die Gasölverbilligung, Liquiditätshilfen, Existenzgründungsförderung und vor allem die produktgebundenen Subventionen, wie z.B. Mutterkuhprämien, Raps- bzw. Getreidepreisstützung, Flächenstillegungsprämien wesentliche Einnahmen der Agrarbetriebe. Zinszuschüsse, Ausgleichszahlungen und Betriebsprämien sowie Zahlungen zwecks Umweltschutzes waren und sind ebenso nennenswerte Einnahmenposten aus öffentlichen Kassen.

Die Vielfalt der Förderung wird sich zwar mit der produktbezogenen Entkopplung etwas reduzieren, doch welche anderen Fördertöpfe des Bundes und der Länder wie ausgestattet und verteilt werden bleibt offen und lässt weiterhin viele Ungerechtigkeiten befürchten. Und wenn neue Fördermöglichkeiten „erfunden“ werden, ist nicht sicher, welchen Großunternehmen diese vorrangig zugute kommen. Dabei müssen es keineswegs immer die Ost-LPG-Unternehmen sein die angeblich so EU wettbewerbsfähig sein sollen, in der Mehrzahl aber seit 17 Jahren an der Existenzgrenze und darunter wirtschaften, aber je Arbeitskraft und ha/LF überdurchschnittlich gut mit Subventionen bedient werden. Auch jene landwirtschaftlichen Betriebe die von der Lebensmittel- und Verarbeitungsindustrie betrieben werden, profitieren  in Ost und  West von diesem Subventionssegen, ohne je einen Bedarfsnachweis erbringen zu müssen. Gleiches trifft zu für größere Familienbetriebe (Einmannbetriebe) ohne Viehhaltung  auf sehr guten Ackerbaustandorten, die auch ohne nennenswerte Subventionen einen guten Gewinn ausweisen würden. Ein solcher Umgang mit Geldern aus öffentlichen Kassen ohne Bedarfsnachweis kann mit den Haushaltsforderungen nicht vereinbar sein. Dies gilt auch, wenn als Inhaber eines solchen Betriebes ein kapitalkräftiger Geldgeber steht, der einen Bedarfsnachweis nie erbringen könnte.

Wie vielseitig sich das Subventionsgestrüpp über die Landwirtschaft ergießt, dokumentieren u.a. auch einige Bilanzen und Prüfungsberichte solcher Unternehmen. Dort sind diese „sonstigen Erträge“ gelegentlich einzeln ausgewiesen. Insgesamt wird man von gut 30 Fördertöpfen- Förderprogramme – ausgehen können.

Fördervoraussetzung und Umfang:

Vor allem die Agrarberichte der Bundesregierung sowie die entsprechenden Berichte der einzelnen Bundesländer einschließlich der dortigen Buchführungsergebnisse der einzelnen Betriebsgruppen verdeutlichen, in welchem Umfang die Landwirtschaftsbetriebe jährlich finanzielle Hilfen verschiedenster Art aus öffentlichen Kassen erhalten haben.

In Einzelfällen ist es auch möglich, aufgrund der Offenlegungspflicht nach HGB von in Handels- bzw. Genossenschaftsregister eingetragenen Agrarunternehmen dort Kopien der offengelegten Jahresabschlüsse zu erhalten und in der Gewinn– und Verlustrechnung den Umfang des Fördermittelzuflusses und ihre Relation zu den Gesamterlösen und zu einzelnen Aufwandspositionen zu erkennen. In der Regel nicht zu erkennen sind Investitionszuschüsse, wenn diese bei den Anschaffungskosten in Abzug gebracht werden, sowie diverse steuerliche Vergünstigungen.

1.         Nach dem Agrarpolitischen Bericht der Bundesregierung 2007 beliefen sich die Direktzahlungen und Zuschüsse in 2005/06 im Durchschnitt auf 13.581 €/AK der in der Landwirtschaft Tätigen. Dies waren 14,1 % der betrieblichen Erträge. Allerdings sind die Unterschiede innerhalb der Landwirtschaft riesig. So liegen diese Werte bei den Juristischen Personen – den LPG-Nachfolgebetrieben – bei 21.297 €/AK und 21,1 % der Erträge, und decken damit die Personalkosten zu rd. 90 %, während die Werte bei Haupterwerbsbetrieben, je nach Betriebsgröße, zwischen rund 9.000 €/AK und 14.346 €/AK und bei 11,2 % bis 15,4 % der Betriebserträge lagen. Dabei verfügen die Haupterwerbsbetriebe (Ost und West) über 33 ha/AK, während die Juristischen Personen mit rund 56 ha/AK einen deutlich geringeren Viehbestand/AK ausweisen als die Haupterwerbsbetriebe.

 2.                  Der Deutsche Bauernverband (DBV) weist in seinen Situationsberichten 2006 und 2007 den Anteil der Subventionen aller Art an den Erlösen der 80 ausgewerteten Agrargenossenschaften nicht mehr aus. Bestätigt wird aber der geringe Viehbestand von weniger als 0,5 GV/ha und 28 GV/AK. Je Agrargenossenschaft werden im Durchschnitt 1.620 ha und 800 Großvieheinheiten (GV) mit 29 AK, folglich rd. 60 ha/LF/AK und 27 GV/AK bewirtschaftet.

In den Jahren 1997 und 1998 hatte der DBV in diesen seinen Berichten immerhin noch rund 1,6 bis 2 Mio. DM Subventionen aller Art je Betrieb unter den sonstigen Erträgen ausgewiesen, bei einem Personalaufwand von rd. 1,5 bis 1,6 Mio. DM. Inzwischen scheut der DBV offensichtlich diese Transparenz. Der Substanzverzehr ist dem Deutschen Bauernverband geradezu peinlich.

3.                  Der Norddeutsche  Genossenschaftsverband e.V. weist als Ergebnisse der von ihm für 2004/05 in Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg und Sachsen-Anhalt geprüften Agrargenossenschaften darauf hin, dass der Personalaufwand bei etwa 25 % des Betriebsertrages liegt, bei 1,5 AK/100 ha, 23 AK je Genossenschaft und 610.000 € Personalkosten. Trotz Altschuldenentlastung lag der Fremdkapitalanteil bei rd. 40 %, der Betriebsertrag bei rd. 73.900 €/AK (ohne Subventionen). Der gesamte Betriebsertrag mit Subventionen lag danach die 2,4 Mio. € je e. G.. Die Subventionen lagen folglich über den Personalkosten. Aus eigener Wirtschaftskraft kann danach kaum eines der großen Agrarunternehmen bestehen.  Trotz hoher Subventionen lebt die Mehrzahl dieser Genossenschaften von der Substanz. Im Bericht 2006 meidet der Verband diese Transparenz.

 4.         Der Mitteldeutsche Fachprüfungsverband für poduktionsgenossenschaften e.V. dokumentiert für die von ihm geprüften Agrargenossenschaft für die Jahre 1996 bis 2004 einen jährlichen Personalaufwand von 712.000 € bis inzwischen noch 620.000 € (ca. 430 €/ha). Die Sonstigen Erlöse incl. der Subventionen, darunter 516.000 € bis 570.000 € Zulagen und Zuschüsse, lagen danach bei 688.000 € bis 806.000 €. Der Personalaufwand war bei diesen hier geprüften Agrargenossenschaften weitgehend durch den Zuschuss aus öffentlichen Kassen ausgeglichen. Im gleichen Zeitraum hat der Tierbestand je Betrieb um 15 % von 722 GV auf 596 GV abgenommen. Bewirtschaftet wurden 1996/97 1.331 ha, 2001/02 1.284 ha, also rund 10 % weniger, bei 33 bzw. 26 AK. Dies waren rd. 50 ha/AK zuzüglich 23 GV/AK. Die betrieblichen Erlöse lagen(ohne Subventionen)  bei rd. 60.000 €/AK.

Die Betriebsergebnisse schwankten in den Jahren zwischen + 51.000 € Gewinn bis ./. 121.000 € Verlust und liegen im Durchschnitt bei Null. Eine reelle Chance zur Eigenkapitalbildung, einem unternehmerischen Wachstum, einer ausreichenden Stabilität, können offensichtlich nur wenige dieser Unternehmen nachweisen. Die Nachhaltigkeit dieser Unternehmen ist gefährdet, der Substanzverbrauch offenkundig.

Im Geschäftsjahr 2004/2005 waren die Erträge zwar etwas verbessert, doch sind auch die Kosten, vor allem auch die Personalkosten, gestiegen, so dass der Unternehmergewinn je AK mit minus 17 € immer noch negativ ausgewiesen werden musste und das Vermögen trotz Zulagen und Zuschüssen von 559.000 € bzw. 22.360 €/AK bei Nettoinvestitionen von minus 23 €/ha weiter abgenommen hat.

5.    Die Agrarberichte der einzelnen Bundesländer im Beitrittgebiet mit Wirtschaftsergebnisse/ Testbetriebsergebnisse bestätigen diese Negativentwicklung der LPG-Unternehmen trotz überdurchschnittlicher Subventionen. So weisen die Agrarberichte für Thüringen 2006  481 €/ha, in Sachsen 2004/05 bis 468 €/ha Subventionen bei den Kapitalgesellschaften aus.

6.    In den alten Bundesländern lagen die Subventionen für Ausgleichzahlungen, Zulagen und Zuschüsse nach dem Agrarbericht von Schleswig-Holstein im Wirtschaftsjahr  2004/05 aller Haupterwerbsbetriebe bei 437 €/ha, in Baden-Württemberg bei 484 €/ha, in Rheinland-Pfalz bei 312 €/ha, im Durchschnitt der 7 Westländer bei 431 €/ha.

Dies waren rd. 66 % des Gewinns, der hier im Durchschnitt bei 36.647 € ja Betrieb lag. Bei  1,5 AK/Betrieb waren dies 24.430 € Gewinn/AK und davon 16.100 € Fördermittel/AK.

7.            Niedersachsen weist in seinem Agrarbericht 2007 für die Wirtschaftsjahre 2002/2003 bis 2005/2006 Direktzahlungen und Zuschüsse aus, je nach Betriebsgruppe, zwischen 222 €/ha LF und 379 €/ha LF. Dies waren im Durchschnitt 56 % der Gewinne. Die Nettoinvestitionen lagen bei 32 €/ha LF bis 133 €/ha LF.

8.            Unmissverständlich stellt auch der Deutsche Bauernbund (DBB) in seinem Agrarbericht „Neue Länder“ 1989/99 bis 2004/2005 die Diskrepanz in der Förderung und den Betriebsergebnissen zwischen den Haupterwerbsbetrieben/GbR auf der einen und den juristischen Personen auf der anderen Seite dar. Trotz durchschnittlich 100 €/ha höheren Fördermittelzufluss bei den juristischen Personen liegen die Unternehmensergebnisse durchweg im Minusbereich, d.h., die juristischen Personen weisen ein pro Hektar um 200 €/ha schlechteres Ergebnis aus, als die landwirtschaftlichen Privatunternehmen. Der Jahresüberschuss je Betrieb liegt bei den juristischen Personen im Durchschnitt unter denen der Privatbauern, obgleich diese mit 200 bis 400 ha nur etwa 1/4 bis 1/8  der Fläche bewirtschaften.

Ohne Konsequenzen geht es nicht:

Wichtig ist bei der Sicht auf die Agrarsubventionen grundsätzlich die Tatsache, dass mit der EU-Erweiterung der von dort verfügbare Subventionsanteil für die Landwirtschaft der Bundesrepublik um 12 bis 15 % sinken wird.

Bei einer zielgerichteten Verteilung des kleiner gewordenen Subventionstopfes kommt es noch mehr darauf an, die Kriterien der Gerechtigkeit und Effizienz des Einsatzes der knappen finanziellen Mittel aus öffentlichen Kassen zu beachten.

Fördervoraussetzungen und Förderrichtlinien sind konsequent zu beachten. Dass die juristischen Personen im Beitrittsgebiet diese Voraussetzungen seit 1991/92 in den allerwenigsten Fällen erfüllt haben, ist spätestens seit 1993 allseits bekannt. Die Fördervoraussetzungen a) ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung nach § 44 LwAnpG ist bis auf ganz wenige Ausnahmen bis heute praktisch nie erfüllt, und b) eine rechtswirksame Gesamtrechtsnachfolge nach §§ 4 ff LwAnpG ist in einem hohen Protzentsatz der Fälle nicht gegeben. Zahlreiche Gerichtsverfahren haben dieses Fehlverhalten der LPG-Unternehmen seit 1993 immer wieder bestätigt.

Das diese Unternehmen dennoch, und dies bei meist weit unterdurchschnittlichen Betriebsergebnissen, ohne Einhaltung der Betriebskonzepte und nach den Buchführungs- und Bilanzergebnissen meist von der Substanz zehrend, Jahr für Jahr überdurchschnittlich hohe Subventionen aller Art erhalten haben, ist auch mit der jeweiligen Haushaltsordnung der Länder und des Bundes nicht vereinbar.

Bei der zu verzehrenden Substanz handelt es sich vorwiegend um das Vermögen, das den früheren LPG-Bauern nach § 44 LwAnpG zuzuordnen und auszuzahlen wäre, in aller Regel in den Bilanzen als gesetzliche Rücklage oder Rückstellungen, oft mit als Eigenkapital ausgewiesen, und mit erwirtschafteten Verlusten verrechnet wird. Durch Verkauf von  Gebäuden, Vieh und Milchquote beschaffen sich diese LPG-Unternehmen weitere Liquidität. Staatliche Liquiditätshilfen – Subventionen – besorgen den Rest. In  nicht wenigen fällen wurden solche LPG-Unternehmen auch z. T. verkauft oder vom Nachbar-LPG-Unternehmen übernommen und dabei von den Funktionären privatisiert, ohne das die früheren LPG-Bauern ihr Vermögen, was man ihnen bei der Zwangskollektivierung in den 60ziger und 70ziger Jahren abgenommen hat,  in vollem Umfang – nebst nach § 44 LwAnpG zustehenden Zins und Bodennutzungsvergütung für den Zeitraum der LPG-Nutzung - zurück erhalten haben.

Da in vielen Fällen die Geschäftsführung dieser Agrar-Unternehmen mit dem Förderantrag auch eine „subventionserhebliche Erklärung“ unterschreiben musste, in der über strafrechtliche Konsequenzen aufgeklärt wurde, wenn Fördermittelantrag gestellt wird ohne die Fördervoraussetzungen (Vermögensauseinandersetzung und Rechtsnachfolge) zu erfüllen, müsste in vielen Fällen die Staatsanwaltschaft tätig werden. Doch diese ist (politisch) weisungsgebunden und möchte sich bei ihren Vorgesetzten sicher nicht unbeliebt machen, da eine Aufrollung dieser Sachverhalte politisch – bei allen Parteien – nicht opportun ist.

So heißt es in der Anpassungshilfeverordnung vom 20.07.1992 – LaAV 2/92 u.a. (§ 6 Abs. 4)

Antragsteller, die durch Umwandlung landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften entstanden sind, haben der Bewilligungsbehörde auf Verlangen über die ordnungsgemäße Erfüllung von Abfindungsansprüchen nach § 44 des Landwirtschaftsanpassungsgesetzes vorzulegen; dies können insbesondere die letzte Bilanz sowie auch die für die Abfindungen maßgeblichen Bilanzen und eine verbindlicher Zeitplan über die Befriedigung der Ansprüche ausgeschiedener Mitglieder, die einen landwirtschaftlichen Betrieb wieder einrichten, sein.“

Entsprechend heißt es u.a. in Richtlinien des Sächsischen Staatsministeriums für Landwirtschaft

„7.1. Wegen Subventionsbetrug (§ 264 Strafgesetzbuch i.V.m. § 2 Subventionsgesetz

       wird bestraft, wer

-          über subventionserhebliche Tatsachen unrichtige oder unvollständige Angaben

macht, die für ihn vorteilhaft sind.

-          Den Subventionsgebern über subventionserhebliche Tatsachen in Unkenntnis lässt.

7.2. Die Behörden sind verpflichtet, den Verdacht eines Subventionsbetruges den

       Strafverfolgungsbehörden mitzuteilen.

 

Ich/wir erkläre(n) die Vollständigkeit und Richtigkeit der geforderten Angaben in diesem Antrag.“ (Unterschrift des Geschäftsführers, Vorstandsvorsitzende des Agrarunternehmens).

Längst sind diese Fehlentwicklungen bekannt. Publikationen in der Landpost seit 1992 sowie zwei Dokumentationen des Verfassers dieses Beitrags dokumentieren dies. In einer wirtschaftlichen Studie der Universität Jena wurde im Jahr 2000 festgestellt, dass allein rund 11 % der LPG-Umwandlungen fehlgeschlagen sind. Im Sächsischen Landtag, Protokoll vom 27.02.2003, Drucksache 3/6710, hat der Landwirtschaftsminister bestätigt, das allein in Sachsen nach den Feststellungen des Ministeriums 86 LPG-Umstrukturierungen nach LwAnpG fehlgeschlagen sind. Das sind rd. 25 % aller neuen LPG-Unternehmen im Freistaat Sachsen. Nur in 13 Fällen sind Fördermittelanträge abgelehnt worden. Und da jedes der neuen Unternehmen durch Zusammenschluss (und Teilung) von i.d.R. 2, 3 oder 4 LPGs im Territorium in 1990/91 entstanden ist, betrifft dies 50 % bis 80 % der einstigen LPGs im Lande.

Aufgrund der Prüfungen nach § 70 LwAnpG durch die Landwirtschaftsministerien im Beitrittgebiet ab 1993 war bekannt, dass in der ganz überwiegenden Mehrzahl der LPGs keine ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung nachgewiesen werden konnte. In nahezu allen Fällen wurden dennoch gegenteilige Prüfungsbestätigungen („Persilscheine“) ausgestellt und weiter subventioniert und zwar selbst dann noch, als durch Gerichtsentscheidungen bekannt war, dass die neuen LPG-Unternehmen – die juristischen Personen – Nachzahlungen nach § 44 Abs. 1 LwAnpG in oft erheblichem Maße leisten mussten und die „Persilscheine“ nicht  zu vertreten sind. Der Gedanke an mafiose, korrupte Strukturen ist da nicht mehr fern.

Das Ergebnis:

Leider hält sich hier die Wissenschaft sehr zurück, anstatt diese Problematik aufzuarbeiten, die Agrarberichte betriebswirtschaftliche auszuwerten. Und die Medien, die sonst über alles und nichts groß berichten, hüllen sich in Schweigen. Ein Wunder ist dies nicht,  wenn man weis, dass ein solcher LPG-Vorsitzender dem Rundfunkrat beim MDR vorsitzt.

Insgesamt ist aber dokumentiert, dass der Zufluss an Subventionen aller Art feststellbar und nachgewiesen werden kann. Dennoch ist darauf hinzuweisen, dass es verschiedenste Subventionsquellen direkter oder indirekter Art gibt, die in den vorliegenden Bilanzberichten nicht ausgewiesen sind.   Für die Wissenschaft wäre dies ein weites Feld. Altschuldenerlass und begünstigter Flächenerwerb können hier nicht unerwähnt bleiben.

So z.B. ist auch die Tatsache, dass viele der LPG-Nachfolgeragrarunternehmen – juristischer Personen  - Tochtergesellschaften gegründet haben und Betriebsteile ausgegliedert wurden. So z.B. Tochtergesellschaften zur Mutterkuhhaltung, ferner Dienstleistungsunternehmen zwecks Selbstvermarktung, Reparatur- und Handelsunternehmen. Die jeweils dort zugeflossenen Investitionshilfen und laufenden Fördermittel sowie Preisgestaltungen und dortige Personalkosten sind in den Bilanzen der Agrarunternehmen natürlich nicht ausgewiesen, wenngleich in den sogenannten Tochterunternehmen die Geschäftsführung meist in den gleichen Händen liegt, wie bei den LPG-Agrarunternehmen.

Noch immer werden nicht selten in den Wintermonaten Arbeitskräfte in die Arbeitslosigkeit geschickt und leben dann einige Monate von den Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit, d.h.  vom Steuerzahler. Wo bleibt hier die Gerechtigkeit?

Offensichtlich ist auch, dass trotz dieser erheblichen Subventionen für die juristischen Agrarunternehmen, die diesen jährlich zufließen, der ländliche Raum nicht zu retten sein wird. Ganz im Gegenteil.

Seit Ende des 2. Weltkrieges  sind in der damaligen Ostzone und der späteren DDR durch Enteignung und der Landwirtschafts- und Industriereform, die auch selbständigen Existenzen der Bauern und das Handwerk, der Mittelstand vernichtet worden. Die Flucht und Abwanderung bis zum Bau der Berliner Mauer und der Innerdeutschen Grenze, von der Ostsee bis in den Bayerischen Wald, in 1961, sowie ab 1989 hat im Osten nicht nur den Städten, sondern auch den ländlichen Raum, vom Erzgebirge bis zur Ostsee, gravierenden Schaden zugefügt.

Infolge der Förderung der LPG-Unternehmen mit überhöhten Subventionen und dort weitgehend unrentabler Wirtschaft seit 1990, und dies trotz fehlender Fördervoraussetzung, sehen die Menschen im ländlichen Raum auch wenig Chancen, so dass die Abwanderung auch 17 Jahre nach dem Zusammenbruch des kommunistischen Ostens anhält. Das Vertrauen an das Umfeld, die Verwaltung, die Politiker und die Justiz ist dahingeschmolzen.

Nur durch eine generelle Weichenstellung in Richtung eigenverantwortlicher privater Unternehmen, Bauern und Handwerker im ländlichen Raum, mittelständischer Betriebe und damit rentabler Arbeitsplätze, auch für Nebenerwerbslandwirte, als eine Art der Diversifizierung, wäre der ländliche Raum vor weiterer Verödung zu retten. Statt ein LPG-Unternehmen mit 1.600 ha, verteilt über 5 bis 12 Dörfer, besser 10 private Bauern im Haupt- und Nebenerwerb, mit je 50 bis 300 ha, entsprechendem Handwerk und Mittelstand, würde dazu beitragen, den ländlichen Raum mit Leben zu erfüllen und zu erhalten. Gerechte Eigentumsverhältnisse, auch hinsichtlich § 44 LwAnpG sowie der Bodenordnungsverfahren, unternehmerische Eigenverantwortung und gerechte Kapitalhilfen – Subventionen - könnten den ländlichen Raum helfen.

Ein Programm „Dorferneuerung Ost“ und damit Umleitung der überhöhten Agrarsubventionen der LPG-Unternehmen in die sogenannte 2. Säule nach dem neuen EU-Förderungskonzept, sowie eine generelle Reduzierung der Agrarsubventionen für die Großunternehmen infolge der geringeren zur Verfügung stehenden EU-Fördermittel, wäre unerlässlich.  Die Förderung der kleineren und mittleren, der Neben- und Haupterwerbsbetriebe, der privaten Bauern in Ost und West, müsste daher nicht, zumindest nicht nennenswert gekürzt werden.

Eine generelle Fördermittelobergrenze von z.B. 300.000  bis 500.000 €/Jahr/Betrieb müsste in jedem Fall alle Fördermittel aus allen öffentlichen Kassen erfassen und nicht nur die Zahlungsansprüche.

Ein denkbarer Einstieg in eine progressive Kürzung der Zahlungsansprüche wäre möglich bei Kürzung dieser angenommenen Ansprüche mit 350 €/ha LF, ab über 200 ha um je 10 %, und je weitere angefangene 200 ha. 201 ha bis 400 ha LF minus 10 % (315 €/ha LF), 401 ha bis 600 ha LF minus 20 % (280 €/ha LF) usw.  Für den 1.601 ha bis zum 1.800 ha LF gibt es dann noch 20 % = 70 €/ha LF, ab dem 2.001 ha LF entfällt der Zahlungsanspruch ganz.

Die so ersparten Subventionen könnten die erwarteten Kürzungen infolge der EU-Osterweiterung auffangen und von den Großbetrieben durch Nutzung der Kostendegression und Vorteilen am Markt weitgehend ausgeglichen werden. Die Verteilung des engeren Subventionskuchens würde so sozial gerechter, die Mehrzahl der Privatbauern in Ost und West und der EU nicht zusätzlich belastet, und damit vor allem ganz besonders der ländliche Raum nicht noch weiter geschädigt.

Der Erhalt des ländlichen Raumes als Naturlandschaft und Erholungsraum, als Heimat der dort lebenden Menschen, kann nur gelingen, wenn eine noch vertretbare Bevölkerungsdichte erhalten wird, die dort ihren Lebensunterhalt, ihre Existenz verdienen kann. Eine solche Chance sehen viele, vor allem junge Menschen im Beitrittsgebiet, nicht, solange die Verteilung von Subventionen aus öffentlichen Kassen die gegenteilige Entwicklung fördert. 

Hierzu auch Kapitel 20.7

Beispiel:   Degression der Zahlungsansprüche

 

Hektar

Kürzung  %

EUR

degressiv

EUR

EUR

weniger

bis 200 

keine

350,00

70.000,00

 

201 – 400

./. 10

315,00

63.000,00

- 7.000,00

401 – 600

./. 20

280,00

56.000,00

- 14.000,00

601 – 800

./. 30

245,00

49.000,00

- 21.000,00

801 – 1.000

./. 40

210,00

42.000,00

- 28.000,00

1.001 - 1.200

./. 50

175,00

35.000,00

- 35.000,00

1.201 – 1.400

./. 60

140,00

28.000,00

- 42.000,00

1.401 – 1.600

./. 70

105,00

21.000,00

- 49.000,00

1.601 – 1.800

./. 80

70,00

14.000,00

- 56.000,00

1.801 – 2.000

./. 90

35,00

7.000,00

- 63.000,00

Ab 2.001

     ./. 100

-,--

-,--

 -,--

 

 

 

385.000,00

- 315.000,00

 

                                                            2.000 ha x 350,00 €/ha  = 700.000 €, ohne Kürzung 

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