0.2.4 Wohin treibt unser Rechtsstaat?
0.2 Zur Umstrukturierung der Landwirtschaft in den jetzigen neuen Bundesländern
0.2.6 Ein wissenschaftliches Gutachten 50 Jahre nach der Zwangskollektivierung
Seite drucken Seite drucken

0.2.5 Unsere Agrarstruktur und die Wissenschaft

 (RdL Nr. 10/2010) 

Vorbemerkung:

Hat sich die Wissenschaft wieder einmal getäuscht? Fehler einzugestehen und zu korrigieren stößt oft an menschliche Grenzen und Professoren sind auch nur Menschen, wenn wir auch oft glauben, diese Spezies weis alles, zumindest vieles besser, arbeitet vorurteilsfrei, korrekt, umfassend ehrlich und publiziert diese ihre tatsächlichen Erkenntnis auch entsprechend, so dass wir als Empfänger dieser Informationen, diese wissenschaftlichen Erkenntnisse unseren Entscheidungen, unserer Orientierung für die Zukunft  zugrunde legen können, die Politik damit Entscheidungshilfen und Wegweisung erhält. Die wissenschaftlichen und verbandspolitischen Informationen in Sachen Agrarstrukturentwicklung sind ein Beweis dafür, dass die Praxis völlig anders aussehen kann.

In der Bundesrepublik war seit Beginn des wirtschaftlichen Aufschwungs nach dem Ende des 2. Weltkriegs, etwa ab 1953, die Agrarstrukturentwicklung gekennzeichnet durch die Aufgabe vieler Kleinbetriebe die keinen Nachfolger mehr hatten, oder abgestockt wurden zum Nebenerwerb, da im Handwerk und der Industrie bei geregelter Arbeitszeit bessere Verdienstchancen geboten wurden. So konnten gleichzeitig die Vollerwerbsbetriebe aufstocken. Bald lautete die Devise „jeder kann Bauer bleiben, der Bauer bleiben will“. Die Aussiedlung von Betrieben aus der eingeengten Dorflage förderte seit Mitte der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts den Agrarstrukturwandel zudem erheblich, wie auch die seinerzeitige Einführung der Landwirtschaftlichen Alterskasse und Krankenkasse.

Nach der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) durch die 6 Gründerstaaten in 1957, dem Vertrag von Rom, ging es hier vorwiegend um die Agrarmarktordnungen, die Bewältigung der Überschüsse. Die Hungerjahre lagen seinerzeit schon 10 Jahre zurück.

Eine Einschränkung der Produktionsmengen bei entsprechender politischer Weichenstellung auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse war nicht gefragt, hätte aber den Bauern langfristig viele teure Investitionen erspart und beim Staat Einsparung von Subventionen - sprich Steuergelder aus öffentlichen Kassen ermöglicht. Je kapitalintensiver langfristige Investitionen angelegt, umso schwieriger der Strukturwandel, da dann - nach jahrelanger harter Arbeit - oft mit großen finanziellen Opfer verbunden. Die technische Entwicklung, die Mechanisierung, hatte großen Anteil daran, nachdem in den 50er Jahre die Pferde durch Traktoren ersetzt wurden.

Schließlich sind die Betriebe seit vielen Jahren wesentlich kapitalintensiver organisiert als in den 50iger und 60iger Jahren. Gebäude und Technik sind auf langfristige Nachhaltigkeit ausgerichtet. Fehlt dann ein Betriebsnachfolger - oder die nachhaltige Rentabilität - wird die Betriebsaufgabe und der Agrarstrukturwandel zunehmend schwieriger.

Der Mansholdplan, genannt nach dem damaligen Agrarkommissar in Brüssel, zielte in den 60er Jahren auf einen solchen Strukturwandel durch entsprechende differenzierte Förderung nur noch weniger Betriebe ab. Der Berufsstand und seine Vertreter haben dies strikt abgelehnt, die Wissenschaft hat dazu geschwiegen. Auch die Ex-Minister Schiller und Höcherl hatten sich seinerzeit hierzu entsprechend geäußert, um der Fehlentwicklung Einhalt zu gebieten.

In der DDR - zunächst SBZ

Im Osten, dem jetzigen Beitrittsgebiet, kam es ab 1945 zu vielen Enteignungen meist größerer Betriebe - über 100 ha - und staatlichen Investitionen in so genannte Neubauernstellen mit einer Fläche von in der Regel 7 ha. Neben der überwiegenden Zahl der seit Generationen existierenden kleinen, mittelgroßen und einigen großen Familienbetrieben - eben wie im Westen - hatten auch die Neubauern im Osten bald mit der Erfüllung ihres von der DDR-Regierung auferlegten Pflichtablieferungssolls zu kämpfen. Schließlich kam  es 1952 zum LPG-Gesetz, dem Gesetz über die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und sodann 1953/1960 zur Gründung  Landwirtschaftlicher Produktionsgenossenschaften (LPG) und 1974 zur Industrialisierung/Spezialisierung in LPG (T) und LPG (P).

Der seit Jahrhunderten existente Bauernstand, diese Dörfer, der ländliche Raum wurde damit auf der von der UdSSR übernommenen kommunistisch-atheistischen Grundlage im Rahmen der Zwangskollektivierung zerstört. Heute, 50 Jahre nach dieser Zwangskollektivierung und 20 Jahre nach dem Ende der weit überschuldeten DDR, sind die Folgen dieser gravierenden Agrarstrukturmaßnahme in jedem Dorf noch sichtbar.

Nach dem wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen Zusammenbruch der DDR und der gesamten kommunistischen ohnehin unselbständigen Ostblockländer, da im RGW/Comecon von der UdSSR in den Ruin gewirtschaftet, kam es 1990 zur Umwandlung der LPGs in Kapitalgesellschaften (e.G. / GmbH / AG) und zur Existenzgründung von Familienbetrieben. Diese in der Regel zwischen 50 ha und 500 ha LN Betriebsgröße mit Viehhaltung. Biobetriebe und Selbstvermarkter sind inzwischen nicht selten anzutreffen. Auch Nebenerwerbsbetriebe, in Sachsen rund 4.000, haben sich eingerichtet.

Die Agrarberichte der Bundesländer dokumentieren die Agrarstruktur und ihre Unterschiede zwischen den Bundesländern im Osten und im Westen anschaulich.

Nach dem Beitritt

Im Beitrittsgebiet hinterlässt der Agrarstrukturwandel seit 1990 weitere Spuren. Viele der umgewandelten LPG-Betriebe sind rechtlich gescheitert, da die gesetzlich unerlässlichen Vollversammlungsbeschlüsse und die Identität nicht eingehalten wurde - zwei gemäß Bundesgerichtshof unabdingbare Voraussetzungen.

Die Vermögensauseinandersetzung nach Landwirtschaftsanpassungsgesetz  (LwAnpG) wurde gesetzwidrig nicht korrekt realisiert. Nach einer wissenschaftlichen Studie der Universität Jena aus dem Jahre 2001 wurde den LPG-Bauern lediglich ¼ ihres Vermögensanspruchs, ihres Eigentumsanteil an der LPG, ausgezahlt,  rund ¾ rechtswidrig vorenthalten, da auch als Geschäftsanteil am neunen Unternehmen nicht zugeordnet.

Trotz jährlicher Subventionen in Millionenhöhe, die meist trotz gescheiterter Gesamtrechtsnachfolge und unterlassener Vermögensauseinandersetzung und damit unter Verletzung der Förderbedingungen ausgezahlt wurden, und mit dem diese in der Regel ihre gesamten  Personalkosten, zum Teil auch wesentlich mehr, decken können, sind viele dieser Kapitalgesellschaften insolvent gegangen, wurden liquidiert oder mit erheblichen Liquiditätshilfen aus der Staatskasse auf benachbarte Kapitalgesellschaften übertragen. Auch Landesbürgschaften sind ebenso gefragt.

Inzwischen werden immer wieder Fälle bekannt, wonach sich auswärtige Kapitalanleger bei LPG-Betrieben/Kapitalgesellschaften einkaufen und diese übernehmen. Trotz der stark mit Subventionen und auf vielen anderen Wegen begünstigten, wie Altschuldenerlass, der  angeblich so vorbildlichen LPG-Großbetriebe, die zudem auch beim Erwerb und der Pacht volkseigener Flächen von der BVVG erhebliche Vorteile erhalten haben, bei ohnehin schon zu niedrigen Basispreisen und weiteren 35 % Preisnachlass,  während die privaten unternehmerischen Bauern meist zurückstehen mussten, gravierend benachteiligt wurden und weiter benachteiligt werden, ist die Agrarstruktur im Beitrittsgebiet nicht stabil.

Diese Agrarstrukturfrage steht vielmehr im Beitrittsgebiet unter einem starken Spannungsfeld, das geprägt ist

a)      von einer unverantwortlichen und rechtswidrigen Bevorteilung der LPG-Betriebe/Kapitalgesellschaften - sowie einiger KGs,

b)      einer Benachteiligung der privaten Bauern, die ihr Unternehmen eigenverantwortlich finanzieren und führen.

Diese Ungleichbehandlung verstößt nicht nur gegen Förderrichtlinien, die Haushaltsordnung der Länder und des Bundes, sondern auch gegen Artikel 3 Grundgesetz (GG) den Gleichbehandlungsgrundsatz.

Von der Wissenschaft war seither hierzu nichts zu hören, obgleich die Tatsachen seit nunmehr - in den Agrarberichten für jedermann -  15 Jahre offen erkennbar sind. Der gesamte Problemsektor Agrarstruktur/Agrarrecht wurde vielmehr nostalgisch gedeckt und unverantwortlich schön geredet.

Die Wissenschaft - Gegenwart und Konsequenzen

Weniger hoffnungsvoll stimmt auch wieder der neueste Beitrag der Wissenschaft, den diese im vorliegendem Gutachten abgeliefert hat.

Da hat der wissenschaftliche Beitrat (14 Professoren, 1 Professorin) für Agrarpolitik beim Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz im Mai 2010 zur EU-Agrarpolitik nach 2013 ein Plädoyer   für eine neue Politik für Ernährung, Landwirtschaft und ländliche Räume vorgelegt, das den Bauern, den Opfern des DDR-LPG-Unrechts und dessen Fortsetzung in gewandelter Form, wie oben dargelegt, keine Hoffnung machen kann. Der Niedergang der ländlichen Räume, die Abwanderung junger qualifizierter Menschen, die Entleerung ganzer Dörfer und Regionen nimmt weiter seinen Lauf.

Dabei geht es in jenem Gutachten um die Weiterentwicklung der gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) nach 2013 und hier wiederum vorrangig um die Direktzahlungen.  Immerhin hat die Europäische Union rund 40 Milliarden Euro jährlich für diesen Zweck in ihrer Kasse, wovon die Bundesrepublik rund 5,7 Milliarden Euro erhält.

Als Weiterentwicklung der GAP Direktzahlungen stellt der Beitrat 3 Varianten voran:

  1. Die Fortführung des jetzigen Systems bei möglichen Änderungen bezüglich der Mittelverteilung.
  2. Die Beibehaltung des flächendeckenden Systems von Direktzahlungen bei Umbau des Systems, bezogen auf die Betriebsgrößen, die Regionen, die Produktionsprogramme/Grünlandanteil.
  3. Die schrittweise Abschaffung des gegenwärtigen Systems der Direktzahlungen bis 2020 bei Neukonzipierung von Politikmaßnahmen, konzentriert auf den Agrarsektor und den ländlichen Raum, zielgerichtet je nach den jeweiligen Herausforderungen.

Grundsätzlich spricht sich der Beirat für die letzte  3. Variante aus, gibt aber gleichzeitig zu bedenken, dass es wohl aus zeitlichen Gründen kaum gelingen kann bis zum Jahre 2013, also in 3 Jahren, eine solche Änderung auf den Weg zu bringen, damit sie ab 2014 realisiert werden kann. Dabei hat die EU schon vor 3 Jahren Vorschläge hierzu vorgelegt.

Schließlich ist nicht zu verkennen, dass es schon seither Produktionszweige gibt, die von den EU-Subventionen nicht oder kaum profitiert haben, wie zum Beispiel Schweineproduktion, während andere Produkte, wie Zucker, Milch, Rindfleisch, noch ganz erheblich durch Importzölle und Exporterstattung gefördert werden.

An dieser Stelle ist festzustellen, dass der Zollschutz und die Förderung, auch bezüglich der Direktzahlungen, innerhalb der 27 EU-Staaten sehr differenziert aussieht, und andere Länder, z. B. Neuseeland, auf die Förderung der Landwirtschaft ganz verzichten.

Das die Schutzmaßnahmen der europäischen Märkte im Rahmen der WTO-Runde nicht mehr haltbar sind, ist offenkundig. Schließlich ist davon auszugehen, dass im Rahmen der Globalisierung und Liberalisierung des Welthandels auch der Exportweltmeister Deutschland seine Agrarprodukte an den Grenzen nicht mehr abschotten und mit hohen Subventionen in Billiglohnländer und in  arme Ländern schicken kann, um die dortigen Agrarmärkte und die dortigen Bauern zu belasten.

Das weltweite Bevölkerungswachstum, das Kaufkraftwachstum, der Rohstoffverbrauch für Energie lässt zudem hoffen, dass die Agrarpreise weltweit eine günstige Entwicklung nehmen.

Dem Ausbau und der Aufstockung der so genannten 2. Säule der GAP räumt der wissenschaftliche Beirat große Bedeutung bei. Im Übrigen sollten nach Vorstellungen des Beirates die Entkoppelung der Direktzahlungen konsequent realisiert werden.

Äußerst undifferenziert wird in dem Gutachten dargestellt, dass die Direktzahlungen angeblich auf die Pachtpreise überwälzt werden und daher beim Bodeneigentümer die Grundrente erhöhen würden. Dies mag  zum Teil zutreffen, wenn die Fläche eben knapp ist, zahlt der Bauer ggf. eine höhere Pacht, sofern es sich lohnt.  Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass gerade im Beitrittsgebiet die LPG-Nachfolgeunternehmen/ Kapitalgesellschaften in den zurückliegenden 20 Jahren eine äußerst geringe Pacht gezahlt haben, die etwa bei ¼  jener lag, die Betriebe im Westen der Bundesrepublik zahlen musste. Erst in jüngster Zeit steigen die Pachtpreise auch im Beitrittsgebiet merklich.  Ohne Zweifel ist dies den Bodeneigentümern und Verpächtern zu gönnen. Der Markt, der Wettbewerb bestimmt den Preis, und wenn die großen LPG-Nachfolgeunternehmen im Beitrittgebiet ohnehin jährlich bisher trotz geringer Pachtpreise und erheblicher Subventionen/Direktzahlungen meist wenig bzw. keinen Gewinn erwirtschaftet haben, so bestätigt dies nur, wie falsch das agrarpolitische Konzept mit den LPG-Nachfolgeunternehmen bisher war.

Eine merkliche Umlenkung der Pacht - durch die BVVG - von den LPG-Betrieben/ Kapitalgesellschaften zu den Bauern könnte ohnehin für diese vieles verbessern.

Die Tatsache, dass der Beirat in seinen Gutachten an keiner Stelle differenziert zwischen den landwirtschaftlichen Betrieben die ihr Unternehmen schon immer korrekt und ehrlich finanziert haben, die als selbständige Unternehmer eigenverantwortlich für ihr Unternehmerrisiko selbst persönlich einstehen müssen, und jenen LPG-Betrieben/ Kapitalgesellschaften, die im Rahmen der Zwangskollektivierung mit dem Vermögen der Bauern, das man diesen nach LPG-Gesetz zwangsweise entzogen hat, entstanden sind, ist schon reichlich bedenklich. Entstanden sind  die Kapitalgesellschaften 1990/1991 als unverändert identisch fortgeführte LPGs, ohne den Bauern ihren Vermögensanspruch zurück zu zahlen oder als Geschäftsanteil am neuen Unternehmen gut zu schreiben. Dass diese Kapitalgesellschaften dennoch trotz angeblich so guten großen Agrarstruktur in den wenigsten Fällen eine wirtschaftliche - und rechtliche - Überlebenschance haben,  bestätigt sich in der Praxis bis heute regelmäßig. Auch eine Berechnung des Landbauökonomischen Institutes (LEI), der Universität Wageningen hat im Auftrag des britischen Landwirtschaftsministeriums festgestellt, dass die ostdeutschen Großbetriebe, sofern sie seither mit Gewinn gewirtschaftet haben, bei Kürzung der Direktzahlungen in die Roten Zahlen kommen. Die Ursachen hierfür sind vielschichtig.

Da sind :

a)   die oft über viele Dörfer verstreut liegenden genutzten Flächen, das damit

      verbundeneTransportproblem  und die Flächenkontrolle - Bearbeitung,

      Pflanzenschutz, Schädlingsbekämpfung, Bodenfeuchtigkeit, Düngung etc.,

b)   die ungleichen Bodenverhältnisse und Hangneigung der Großflächen,

c)   Wind- und Wassererosion bedingt durch die Großflächen,

d)   die Vernachlässigung der Humuswirtschaft und der Bodenfruchtbarkeit,

e)   die geringe Laktationsquote von zum Teil unter zwei bei den Milchkühen,

      stattdessen Orientierung der Produktion und Ausrichtung der

      Betriebsorganisation nach Subventionsfördertöpfen

f)   das oft überforderte Betriebsmanagement, um die vorgenannten und viele

     weiteren Probleme zu bewältigen

g)  infolge der Abwanderung vieler junger qualifizierter Arbeitskräfte der

      personelle Facharbeiternachwuchs fehlt.

Stattdessen polemisiert der wissenschaftliche Beirat auf Seite 19 seines Gutachtens gegen die Fortexistenz kleiner Handtuchflächen, deren Eigentümern er offensichtlich eine angemessene Pacht nicht vergönnen mag und über die Grundrenten der Verpächter bei Wegfall der Direktzahlungen durch niedrigere Pachtzahlungen bei den Kapitalgesellschaften zu kompensieren wünscht.  

Die vom Beirat kritisierte Investitionsförderung in der 2. Säule sollte, wie er meint, nicht aufrechterhalten werden. Auch hier wäre selbstverständlich zu differenzieren zwischen den Großbetrieben, die insbesondere im Beitrittsgebiet das Dorfleben und den ländlichen Raum in den zurückliegenden 50 Jahren seit der Zwangskollektivierung und bis heute zerstört haben, und jenen Familienexistenzen, die ihre Heimat, ihr Dorfleben und den ländlichen Raum pflegen und auch Dank der Viehhaltung und Humuswirtschaft die Bodenfruchtbarkeit pflegen. Immerhin bewirtschaften die LPG-Großbetriebe noch rund 50 % der landwirtschaftlichen Flächen im Beitrittsgebiet. Der Viehbestand je 100 ha liegt bei den Großbetrieben deutlich niedriger als bei den Bauern.

Der 2. Säule der gemeinsamen Agrarpolitik schenkt der Beirat  ein besonderes Augenmerk. Neben Ökolandwirtschaft, Umweltschutz, Naturschutz erhält danach auch die Biolandwirtschaft einen hohen Stellenwert.  Selbstverständlich wäre auch die Selbstvermarktung zu beachten.

Schließlich fordert der Beirat in seinem Gutachten eine Strategie aus einem Guss um so die diversen Förderungsprogramme, d.h. die finanziellen Fördertöpfe in der EU und  dem Lande abzustimmen. Daher wird ein neues Leitbild gefordert, das übergreifende Politikfelder, wie Naturschutz, Klimapolitik,  Energiepolitik, Technologiepolitik, Tierschutzpolitik, Verbraucherpolitik, Welternährungspolitik unter Berücksichtigung ländlicher Räume einschließt.

Eine schrittweise Reduzierung der Direktzahlungen ab 2014 bei gleichzeitiger Aufstockung der 2. Säule unter Berücksichtigung der vorgenannten Ziele wird vorgeschlagen.

Nicht bedacht wird vom wissenschaftlichen Beirat jedoch die unerlässlich Differenzierung zwischen den Familienbetrieben ab 1 ha bis vielleicht 500 ha Landbewirtschaftung - mit Viehhaltung oder Sonderkulturen, und jenen industriellen gewerblichen Agrarbetrieben, Kapitalgesellschaften, die nach allen bisherigen Erfahrungen und vorliegenden Tatsachen der Heimat der Menschen auf  dem Lande, das Dorfleben, den ländlichen Raum, die Bodenfruchtbarkeit, abträglich sind und bei Missachtung von Fruchtfolge und Humoswirtschaft, großer  Gefahr von Wind- und Wassererosion infolge dieser übergroßen Flächenbewirtschaftung, allen Zielen einer  zukunftsweisenden Agrarpolitik widersprechen.

Ein Einstieg in den Ausstieg aus den Direktzahlungen ab 2014 durch Einführung einer Obergrenze von 300.000 € (bis 500.000 €) pro Jahr, einer progressivern Kürzung der jetzigen Direktzahlungen von über 30.000 € um 5 % /10 % /20 % bei 30.000 bis 100.000 €/ 101.000 bis 200.000 € und über 200.000 € wäre ein möglicher  und notwendiger erster Schritt, um die Kürzungen der 1. Säule schrittweise zu erhöhen, die 2. Säule auszubauen bei Begrenzung der Investitionsförderung bei den Großbetrieben/Kapitalgesellschaften. Sind mehrere LPG-Betriebe/Kapitalgesellschaften personell und/oder finanziell verbunden, so sind diese verbundenen Gesellschaften wie ein Betrieb begrenzt zu fördern.  Die Einführung eines Bedarfsnachweises ist ebenso unerlässlich, denn es kann nicht glaubwürdig sein, wenn ein im Haupterwerb gut verdienender Nebenerwerbslandwirt,  z. B. ein Abgeordneter/Politiker/Bankdirektor, auch noch erhebliche Mittel aus der 1. Säule bekommt.  Der Einstieg in eine schrittweise realistische Korrektur der seitherigen Fehlentwicklung ist unerlässlich und zwingend geboten.

Hierfür kann die Verantwortung nicht allein der EU überlassen werden. Auch die Bundesregierung muss ihren Spielraum nutzen und zwar jetzt, sofort! unverzüglich!

Das politische Verantwortungsbewusstsein lässt keine andere Wahl.

Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass

a)      die großen LPG-Betriebe/Kapitalgesellschaften in der ganz überwiegenden Mehrzahl trotz weit überdurchschnittlicher Subventionierung und sonstiger Förderung auch 20 Jahre nach der LPG-Umwandlung ganz wesentlich weniger rentabel wirtschaften als die landwirtschaftlichen Unternehmen /Bauern.

b)      Eine Fortsetzung der GAP - Direktzahlungen und Bevorteilung der LPG-Betriebe/Kapitalgesellschaften schon seither durch nichts zu rechtfertigen war.

c)      Die aus dem DDR-LPG-Unrecht heraus entstandenen und zum erheblichen Teil dieses Unrecht bis heute fortbestehende LPG-Betriebe/Kapitalgesellschaften nicht  mehr mit Steuergeldern gefördert werden dürfen und ein Übergang zur unternehmerischen Landwirtschaft, ehrlich finanziert, eigenverantwortlichen Unternehmen,  unverzüglich eingeleitet werden muss. Die Rahmenbedingungen hierfür sollten sich konsequent am neuen Leitbild orientieren, das der wissenschaftliche Beirat in seinem Gutachten anmahnt.

d)      Eine Begrenzung der Direktzahlungen auf eine Obergrenze von 300.000 € - evtl. beginnend mit 500.000 € - und gestaffelte Kürzung von 10 %/ 20 % ab über 30.000 €/Jahr sollte kurzfristig politisch durchsetzbar sein. In Verantwortung für eine positive Entwicklung der unternehmerischen Landwirtschaft und des ländlichen Raumes im Beitrittsgebiet sind eine solche Entscheidung und ihre praktische Umsetzung unerlässlich und ohne Alternative.

e)      Auch wäre es denkbar, dass die EU es den Mitgliedsländern kurzfristig freistellt, die Direktzahlungen in einen Rahmen, der vorgenannten Probleme als Bedingungen beachtet, selbst zu gestalten.

mehr unter      www.bmelv.de/Beirat-Agrarpolitik-Gutachten

                        www.ebundesanzeiger.de (Jahresabschluss)

                        www.handelsregisterauszug-online.net (Handelsregister)

                        www.agrar-fischerei-zahlungen.de (Direktzahlungen) 

0.2.4 Wohin treibt unser Rechtsstaat?
0.2 Zur Umstrukturierung der Landwirtschaft in den jetzigen neuen Bundesländern
0.2.6 Ein wissenschaftliches Gutachten 50 Jahre nach der Zwangskollektivierung