9.2 Liquidation bei fehlender Rechtsnachfolge
9. BGH- Beschlüsse
9.4 LPG-Liquidation statt Teilung und Umwandlung
Seite drucken Seite drucken

9.3 Vermögensansprüche § 44 LwAnpG bei Liquidation - auch auf Pacht-Kreispachtflächen

OLG Naumburg, 2 Ww 48/00 vom 29.08.2001

B e s c h l u s s

- auszugsweise/gekürzt -

Es wird festgestellt, daß die Antragstellerin an einem etwaigen Liquidationserlös der Antragsgegnerin mit einer Quote zu beteiligen ist, die über den von der Antragsgegnerin anerkannten Betrag von 39.469,15 DM hinaus einem weiteren Betrag von 21.934,09 DM entspricht, so dass insgesamt ein Abfindungsanspruch der Antragstellerin von 61.403,24 DM zu berücksichtigen ist.

Gründe:

I.

Die Antragstellerin macht Abfindungsansprüche nach dem LwAnpG geltend und begehrt die Feststellung der Höhe ihrer Beteiligung an dem Liquidationserlös der Antragsgegnerin.

Von der Gesamtfläche (23,59 ha), die die Antragstellerin in die LPG eingebrachte, standen nur 15.0481 ha in ihrem Eigentum. Hierbei handelt es sich um die Flurstücke 13/1, 13/2, 13/3 und 13/4 der Flur 8, die Flurstücke 556/35 und 481/1 der Flur 1 sowie die Flurstücke 139 und 259 der Flur 5, jeweils der Gemarkung M. Ein weiteres Grundstück (Flurstück 79 der Flur 5) mit einer Fläche von 1,8258 ha befand sich im Eigentum ihrer Mutter L. W., die das Grundstück zunächst mit Vertrag vom 19.02.1959 bis zum 31.12.1964 an die LPG "Frohe Zukunft" verpachtet hatte und später ihrem Enkel K. B. übereignete. Im Übrigen handelt es sich um Land, das die Antragstellerin im Zeitpunkt der Einbringung gepachtet hatte.

Das Eigentum an den ihr gehörenden Flächen hat die Antragstellerin in den Jahren 1958 bis 1975 schrittweise ihren Söhnen übertragen, die nicht Mitglieder der LPG waren. Ein Sohn der Antragstellerin K. B. schloss am 03.01.1994 einen Kreispachtvertrag über das ihm von seiner Großmutter übereignete Flurstück 79 Flur 5 (1,8258 ha) ab, beginnend ab dem 01.01.1974, und am 26.05.1975 einen weiteren Kreispachtvertrag über weitere 13.2007 ha, beginnend ab dem 01.01.1975.

Die Antragstellerin hat die Feststellung begehrt, dass sie über den von der Antragsgegnerin anerkannten Betrag von 39.469,15 DM hinaus mit weiteren 114.465,85 DM an dem Liquidationserlös der Antragsgegnerin beteiligt sei. Sie hat die Ansicht vertreten, eine Bodennutzungsvergütung stehe ihr für die Gesamtfläche von 23,59 ha für die gesamte Dauer ihrer Mitgliedschaft zu. Auf die 1974 bzw. 1975 abgeschlossenen Kreispachtverträge komme es insoweit nicht an, weil die Übertragung des Grundeigentums an ihre Söhne wegen Verstoßes gegen § 7 Abs. 2 LPGG/1959 unwirksam gewesen sei und deshalb weiterhin als von ihr eingebracht zu gelten habe.

Die LPG hat die Ansicht vertreten, die Bodennutzungsvergütung sei nur für die Eigentumsfläche zu zahlen, für Pachtland habe die Antragstellerin nichts zu beanspruchen. Außerdem, so hat die Antragsgegnerin gemeint, stehe der Antragstellerin eine Bodennutzungsvergütung nur für den Zeitraum bis zur Übertragung des Eigentums auf Ihre Söhne zu.

Das Landwirtschaftsgericht hat mit Beschluss vom 30.10.2000 festgestellt, dass die Antragstellerin mit einem über den von der Antragsgegnerin anerkannten Betrag von 39.469,15 DM hinausgehenden Anspruch von 59.798,43 Dm an einem etwaigen Liquidationserlös der Antragsgegnerin zu beteiligen ist.

Das Amtsgericht hat die Ansicht vertreten, die Antragstellerin könne für die unstreitig eingebrachten 23,59 ha eine Bodennutzungsvergütung beanspruchen. Dabei spiele es keine Rolle, ob dieses eingebrachte Land in ihrem Eigentum gestanden habe oder gepachtet worden sei. Auch soweit sei das Eigentum an den ihr gehörenden Grundstücken auf ihre Söhne übertragen habe, stehe dies einer weiteren Einbringung durch die Antragstellerin nicht entgegen. Allerdings sei eine Bodennutzungsvergütung für das Eigentumsland ab dem Jahre 1974 bzw. 1975 nicht mehr gegen, weil die entsprechenden Flächen mit Abschluss der Kreispachtverträge nicht mehr als von der Antragstellerin eingebrachten Flächen hätte betrachtet werden könne.

Hinsichtlich der Ansprüche wegen Bodennutzung bleibt die Antragsgegnerin bei ihrer Ansicht, dass die Antragstellerin nur für die eingebrachten Eigentumsflächen von 16,8739 ha Ansprüche erheben könne und dies auch nur bis zum Zeitpunkt der Übertragung der Fläche an ihre Söhne, da diese fortan Pachtzinszahlungen aus den Kreispachtverträgen erhalten hätten. Dass Kreispachtverträge erst ab 1974 bzw. 1975 vorlägen, stehe der Annahme nicht entgegen, dass auch davor andere Kreispachtverträge bestanden haben könnten. Deshalb, so meint die Antragsgegnerin, müsse die Antragstellerin vortragen, warum nicht bereits zuvor Kreispachtverträge abgeschlossen worden seien.

Soweit das Landwirtschaftsgericht eine Bodennutzungsvergütung für Flächen zugesprochen habe, die bei der Einbringung von der Antragstellerin gepachtet gewesen seien, vertritt die Antragsgegnerin die Auffassung, dass auch grundsätzlichen Erwägungen ein Anspruch nach § 44 Abs. 1, Ziffer 2 LwAnpG nicht in Betracht komme, da es sich nicht um eine Leistung aus dem Vermögen des Mitgliedes, sondern aus de Eigentum Dritter gehandelt habe. Jedenfalls seien alle Pachtverträge zwischen den Verpächtern und den Mitgliedern mit der Einbringung in die LPG beendet worden, und die Mitglieder hätten an ihre Verpächter nach der Einbringung der Flächen in die KPG auch keine Pacht mehr gezahlt.

Im Wesentlichen verteidigt die Antragstellerin die angefochtene Entscheidung. Insbesondere vertritt sie die Ansicht, dass es nach dem Wortlaut des Gesetzes für einen Anspruch nach § 44 Abs. 1, Ziffer 2 LwAnpG nicht darauf ankomme, ob es sich bei dem eingebrachten Land um Eigentum des Mitgliedes handelt oder um von diesem gepachteten Land.

II.

Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig und hat in dem tenorierten Umfang Erfolg.

1. Als Mitglied der in Liquidation befindlichen Antragsgegnerin hat die Antragstellerin gemäß § 42 i. V. m. § 44 LwAnpG einen Anspruch auf Beteiligung am Liquidationserlös. Die Höhe der Beteiligung richtet sich nach der Höhe ihrer Abfindungsansprüche gemäß § 44 Abs. 1 LwAnpG, soweit diese noch nicht befriedigt worden sind. Diese Ansprüche kann das Mitglied im Wege eines Feststellungsantrages des Inhalts verfolgen, dass bei der Verteilung des Liquidationserlöses zu seinen Gunsten ein bestimmter Abfindungsanspruch zu berücksichtigen sei (vgl. BHG, Beschluss vom 01.07.1994, BLw 103/92, AgrarR 1994, 365).

2. Ein Anspruch auf Inventarverzinsung gemäß § 44 Abs. 1, Ziffer 2 Satz 1 LwAnpG besteht entgegen der Ansicht des Landwirtschaftsgericht nicht nur hinsichtlich des Pflichtinventarbeitrages von 10.852,00 DM, sondern auch hinsichtlich der überobligatorischen, zusätzlichen Inventarbeiträge, die von der Antragstellerin geleistet wurden, und zwar jeweils bis zur Rückzahlung der Teilbeträge. Denn das Gesetz unterscheidet nicht zwischen Pflichtinventarbeiträgen und zusätzlichen Inventarbeiträgen. Der zusätzliche Inventarbeitrag von 8.844,00 DM, der in dem Zeitraum von 1963 bis 1969 zurückgezahlt worden ist, kann deshalb bei der Berechnung der Inventarverzinsung nicht außer Betracht bleiben.

3. Ein Anspruch auf Bodennutzungsvergütung gemäß § 44 Abs. 1, Ziffer 2 LwAnpG kommt nur hinsichtlich der Flächen in Betracht, die im Zeitpunkt der Einbringung im Eigentum der Antragstellerin oder ihrer Familienangehören standen, und auch nur für den Zeitraum, bis zu dem Pachtverträge mit der Rechtsvorgängerin der Antragsgegnerin abgeschlossen worden sind.

a) Für die Einbringung der ihr und teilweise ihrer Mutter gehörenden Flächen von insgesamt 16.8739 ha steht der Antragstellerin ein Anspruch auf Nutzungsvergütung zu. An die Einbringung dieser Flächen durch die Antragstellerin hat sich auch durch die Übertragung des Eigentums an ihre Söhne, die Nichtmitglieder der LPG waren, nichts geändert. Nach Ziff. 2 des Musterstatus der LPG Typ III vom 30.04.1959 waren die Genossenschaftsbauern verpflichtet, der LPG ihren Boden für die sozialistische Nutzung zur Verfügung zu stellen und den Pflichtinventarbeitrag zu leisten. Diese Verpflichtung zur Einbringung des Bodens bezog sich nicht nur auf eigene Bodenflächen, sondern erfasste den gesamten in der Familie des Mitglieds genutzten Bodens (vgl. Autorenkollektiv, Kommentar zum Musterstatut der LPG (T), 1981, Nr. 13 Anm. 1). Die Antragstellerin war daher auch nach der Übertragung des Eigentums an ihre Söhne verpflichtet, die Flächen weiterhin der LPG zur Verfügung zu stellen, denn die Übereignung des eingebrachten Bodens an Nichtmitglieder durfte nach den damals geltenden Bestimmungen nicht dazu führen, dass die Grundstücke als Produktionsmittel der LPG entzogen wurden (§ 7 Abs. 2 LPG-G/59).

b) Ein Vergütungsanspruch besteht dagegen nicht, soweit es sich bei den eingebrachten Flächen um Grundstücke handelte, die die Antragstellerin bis dahin gepachtet hatte.

9.2 Liquidation bei fehlender Rechtsnachfolge
9. BGH- Beschlüsse
9.4 LPG-Liquidation statt Teilung und Umwandlung