7.5 Global denken, lokal handeln
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
7.7 Vom Wert der Werte - vom Wertewandel
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7.6 Die Stasi ist immer dabei

Die Stasi (Staatssicherheit als Organ der SED in der DDR) war bis 1990 immer und überall dabei. Die 180 km Stasiunterlagen und ihre Berichtsinhalte dokumentieren dies überzeugend. Wer sich auch nur den scheinbaren Verdacht aussetzte, nicht ganz linientreu zum Arbeiter- und Bauernstaat zu stehen, konnte sich bei weniger liebsamen Nachbarn, Arbeits- oder Sportkameraden und selbst bei scheinbaren Freunden, im Familienklan und Genossen aller Art leicht der Gefahr aussetzen, denunziert zu werden. DDR-Ausreiseantragsteller, Auslandsreisende, darunter auch Spitzensportler, aber auch jegliches Zusammenleben im Betrieb, im Dorf, im Wohnumfeld waren mehr oder weniger überwacht.

Hunderttausende politische Gefangene und die rund 34.000, darunter 12.000 Frauen vor allem seit 1975 vom Westen freigekaufte, dieser Art Leittragenden des DDR-Unrechts, beweisen die Aktivitäten der Stasi und die von ihr hervorgebrachten Ergebnisse.

Nicht nur die Ämter, der Rat der Gemeinde, der Städte und Kreise, der Bezirke, sondern auch die VEB, VEG, LPG-Leitungen waren – mit wenigen Ausnahmen – von der Stasi durchsetzt. 

Jegliches Vertrauen unter den Bürgern der DDR, den Menschen in der SED-Stasidiktatur, wurde so massiv untergraben und systematisch zerstört. Die Partei hatte eben immer Recht, abweichende Denkanstöße konnten für den Einzelnen leicht verheerende  Folgen haben.

Daher war es auch nur folgerichtig, dass ab 1990 ehemalige Mitarbeiter der Stasi nicht Beamte und nicht Richter werden konnten und keine leitende entscheidungs- und verantwortungsvolle Stellung im Öffentlichen Dienst und analogen Einrichtungen einnehmen   durften (sollten).

Hierzu rechnen u.a. auch Richter, ehrenamtliche Richter, Notare und Vorstandsmitglieder des Vorstandes einer Teilnehmergemeinschaft im Flurbereinigungsverfahren.

Dieses Amt ist nach § 3 des Gesetzes zur Ausführung des Flurbereinigungsgesetzes von 1994 von einem technisch vorgebildeten Beamten des höheren Dienstes, der ländlichen Neuordnungsverwaltung oder von einem vergleichbaren Angestellten, den das Staatliche Amt bestimmt, wahrzunehmen.

Mit Artikel 72 des Entwurfs zum Sächsischen Verwaltungsneuordnungsgesetzes ist nunmehr vorgesehen, dass diese Aufgaben ab 2008 von den Staatlichen Ämtern auf die Landratsämter übertragen werden und dabei der Ausschluss von Mitarbeitern der Stasi (IM oder offizielle Mitarbeiter der Stasi) vom Vorstand der Teilnehmergemeinschaft im Flurbereinigungsverfahren entfällt.

Die Bodeneigentümer werden ihre Freude daran haben, wenn einstige Stasimitarbeiter (LPG-Leitungskader, Abt. Landwirtschaft beim Rat des Kreises oder Bezirkes oder anderen DDR-Unrechtsfunktionsträger) die einst mit dafür gesorgt haben, dass nach LPG-Gesetz, LPG-Gebäude auf ihrem Boden gebaut wurden und das Bodennutzungsrecht, und bei Bedarf der LPG auch die Nutzung der Hofstelle dem Eigentümer konsequent entzogen wurde, nun auch auf diesem Gebiet von Stasis erneut und weiterhin „betreut“ (vertreten) werden.

Das zerstörte Vertrauen in den Staat, den Gesetzgeber, die Verwaltung und ihren ausführenden Stellen bleibt, wo es zu DDR-Zeiten hingebracht wurde – am Boden zerstört. Das zerstörte mentale Umfeld findet seine Fortsetzung. Ohne dieses Vertrauen wird es aber keine Perspektive geben, die Abwanderung vor allem aus dem ländlichen Raum wird anhalten. Unternehmerische Initiativen bleiben Mangelware, der Umgang mit knappen (finanziellen) Mitteln bleibt „Glückssache“ und  dieses suchen und finden die Menschen eben nicht unter Fortsetzung der Führung von Stasimitarbeitern und ihren Mitläufern.

Bezeichnend ist diese Entwicklung jedoch schon seit 15 Jahren, denn immer dann, wenn Aufgaben von Öffentlichen Stellen – Gemeinden, Städten, Kreisen, dem Land – ausgegliedert, privatisiert und verselbständigt wurden und werden, boten sich auch Chancen und Unterschlupf für Stasi und ihrer Anhängerschar. Dieser Weg wird nunmehr mit vorgesehener Gesetzesänderung auch auf der Ebene der Flurbereinigung ganz offiziell ermöglicht. Dazu heißt es in der Begründung im Gesetzentwurf, das sich die seitherige Regelung (§ 23 (1) FlurbG) in der Praxis (also der Ausschluss der Stasi) als nicht praktikabel erwiesen hat. Eine kontinuierliche Fortsetzung von DDR-LPG-Unrecht im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland  verspricht möglicherweise mehr Praktikabilität – bei der Beschaffung von gut bezahlten Ämtern für die Stasi, die es zwar offiziell nicht mehr gibt, seit 1991 aber weiter „erfolgreich“ agiert. Der mafiöse Sumpf blüht. Wäre doch auch gelacht, wenn es nicht doch noch gelingen würde, den Klassenfeind im Rechtsstaat BRD doch noch in die Knie zu zwingen.

Nachzulesen im Internet: http://www.sachsen.de/de/bf/staatsregierung/ministerien/smi/smi/1181.htm?http://www.sachsen.de/de/bf/staatsregierung/ministerien/smi/smi/12178.htm&http://www.sachsen.de/de/bf/staatsregierung/ministerien/smi/smi/7705.htm

 Referentenentwurf SächsVwNG  

Weitere Literaturquellenhinweise:

1.  Sächsisches Verwaltungsblatt 1/1999 (SächsVBl.)

SächsVerf Art. 59 Abs. 1 Satz 2, Art. 82 Abs. 1 Satz 1, Art. 83 Abs. 1 und Abs. 2 (sachliche Zuständigkeit; Gesetzesvorbehalt; „Übergangsbonus“)

1.      Die Begründung der sachlichen Zuständigkeit von Behörden der staatlichen Landesverwaltung des Freistaats Sachsen ist nur durch eine Regelung in einem Gesetz möglich, das dem Gesetzesvorbehalt nach Art. 83 Abs. 1 Satz 1 Sächsische Verfassung genügt. Demgemäß kann die Staatsregierung des Freistaats Sachsen diese Zuständigkeit nicht aufgrund der ihr in Art. 83 Abs. 2 Sächsische Verfassung eingeräumten Organisationskompetenz zur Verwaltungsorganisation regeln.

2.      Im Bereich der Landwirtschaftsverwaltung gibt es derzeit im Freistaat Sachen keine dem Gesetzesvorbehalt nach Art. 83 Abs. 1 Satz 1 Sächsische Verfassung entsprechende Regelung über die sachliche Zuständigkeit von Behörden, jedenfalls sowie die Erteilung oder Rücknahme von Extensivierungsprämien der landwirtschaftlichen Erzeugung in Rede steht. 

SächsOVG, Urt. 24.9.1998 – 3 S 3/96; I. VG Leipzig

Hier wurde entschieden in einer Sache betreffs Extensivierungsprämie der landwirtschaftlichen Erzeugung.  Art. 83 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung gilt jedoch grundsätzlich für alle Fördermaßnahmen.

2.   Sächsisches Verwaltungsblatt  Heft 5/2002, dort Schneckenburger „Braucht Sachsen ein Landesverwaltungszuständigkeitsgesetz“

3.   Sächsisches Verwaltungsblatt  Heft 12/2001, SächsOVG, Beschluss vom 25.05.2001 – 2 B 56/01 zu Art. 83 Abs. 1 der Sächsischen Verfassung

4.  Landes- und Kommunalverwaltung (LKV) Heft 7/2003, Sporner, zur Zulässigkeit der Rechtsaufsicht durch das Landratsamt

5.   Landes- und Kommunalverwaltung (LKV) Heft 5/1999, Stelkens, zur Frage der persönlichen Verantwortlichkeit der Bediensteten für fehlerhafte Vergabe und Zuwendungen in den neuen Bundesländern 

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