7.11 Die gewachsenen Agrarstrukturen
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
9.1 Liquidation nach LPG-Umwandlung; Kontinuität der Mitglieder
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7.12 Wie gesund sind die Agrarfabriken

Vieles wird seit Jahren immer wieder zur Problematik der Agrargroßbertriebe geforscht und publiziert. Ganz gravierend stellen sich hierzu Fragen in Ostdeutschland – dem Beitrittsgebiet – wo die DDR-Großbetriebe mit mehreren tausend Hektar Fläche und Viehgroßstallanlagen mit vielen tausend Tieren, Kühen, Zuchtsauen, Mastschweinen, Legehennen, Hähnchen.

Die großen Ackerflächen waren und sind noch immer empfindlich für Wind- uns Wassererosionen. Die Humusdecke hat in den zurückliegenden 40 Jahren stark gelitten. Schwere Großmaschinen haben erhebliche Ackerschäden angerichtet.

Die großen Viehställe waren schon immer mit erheblichen Risiken verbunden. Tierschutz, Tierstallhygiene, Tiergesundheit, Viehfutterqualität, die Abfälle, Stalldung und Güllemassen, waren kaum sicherzustellen. Die Transportprobleme sind unverändert erheblich.

Dies gilt schon seit Jahrzehnten nicht nur im Osten Deutschlands und Osteuropa, sondern ebenso dort, wo im Westen, in Westeuropa, solche Großanlagen betrieben werden.

Die Entwicklung ist nicht neu. Die Problematik liegt seit mehr als 20 Jahren offen, wurde von den verantwortlichen Politikern und den Betreibern der Agrarfabriken ignoriert, jährlich mit Milliarden DM/EURO Steuergeldern subventioniert.

Auch der kritische Agrarbericht 2010 verdeutlicht dies. Bauernverbände im Bund (DBV), den Ländern,, Genossenschaftsorganisationen, Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft (DLG) favorisieren dieses auch umweltschädliche und gesundheitsgefährliche Unrecht. Die DLG zertifiziert dieses agrarindustrielle Unrecht amtlich.

Agrarmonopole, Konzerne und ihre Lobby haben den Lebensmittel-Agrarmarkt von der Produktion bis zum Ladentisch fest im Griff. Chemische Industrie, Herbizide, Insektizide, Fungizide beherrschen die Agrarwirtschaft. Bio- und Ökobauern werden in ihrer Existenz und Entwicklung benachteiligt, Selbstvermarkter und Hofläden erhalten viele Auflagen.  Antibiotika beherrscht den Markt, die Gesundheit der Konsumenten wird von den Monopolen dem Geschäft untergeordnet.

Beratungsnetze sind als Lobbyvertreter der Konzern-Agrarindustrie und deren Interessen schwer zu erkennen, werden zum verlängerten Arm ihrer Korruptionsgeber.

29 Organisationen haben schon vor Jahren in einem gemeinsamen Plattformpapier – AbL/ EuroNatur – auch auf die internationale Verantwortung hingewiesen und die Dringlichkeit ihrer Beachtung im Zuge der gemeinsamen Agrarpolitik, der GAP-Reform, ab 2014 in den Vordergrund gestellt.

Auch einen Bericht über die Gesundheitsgefährdung der Intensivtierhaltung (Hähnchenmast) aus dem Kreis Aurich – Norden – dokumentiert die Gesundheitsgefährdung der Menschen.

Die einschlägigen Berichte des Bundesinnenministeriums – zum Stand der deutschen Einheit 2011/2012 – der Bundesministerien für Ernährung, Landwirtschaft – Fortschrittsberichte zur Entwicklung ländlicher Räume 2011 und Förderung der ländlichen Entwicklung 2007 – sowie der Bundesregierung – Nationale Nachhaltigkeitsstrategie, Fortschrittsbericht 2012 – lassen keine große Hoffnung aufkommen. Dabei werden viele durchaus interessante Fragen thematisiert, umfangreiche Subventionierung dargestellt, die notwendigen Konsequenzen bleiben außen vor. Am stärksten subventioniert (je ha und je Arbeitskraft) werden die Großen, die den meisten Schaden anrichten. Weniger als 20% der Betriebe erhalten mehr als 80% der Subventionen. Agrarstruktur, Wirtschaft und Gesellschaft treiben weiter ganz überwiegend an den Zügeln der Konzerne, Großgenossenschaften, Monopole, wie: VION Fleisch, Aveba – Kartoffeln, Agrarvis Landhandel, Milchindustrie und andere. Bio ist nicht geschützt. "Agrarindustrie-Bio"-Konzerne treiben ihre Geschäfte.

Bauernverbandsfunktionäre in den Aufsichtsräten der Multiagrarkonzerne vertreten die Interessen der Bauern-Familienbetriebe, der aktiven Landwirte, längst nur noch als Fassade.

Dabei dokumentiert auch eine Studie der Uni Utrecht, erstellt im Auftrag der niederländischen Regierung, wie groß das Gesundheitsrisiko für Anwohner von agrarindustriellen Großställen und die dort arbeitenden Menschen ist. Endotoxine, Mikroorganismen, Kolikeime, multiresistente MRSA – Bakterien, pathogene Keime, Feinstaubbelastung, stellen ein nicht zu unterschätzendes Risiko dar. Über den oft erheblichen Antibiotikaeinsatz sind die Produkte der Massentierbetriebe auch für den Konsumenten nicht ungefährlich, Insektizide bergen das gleiche Risiko.

Wirtschaftlich und rechtlich sehr ungesund – Unrecht – müssen die Bauern-Familienbetriebe, die aktiven Landwirte, auch die Subventionierung von Kapitalanlegern zur Kenntnis nehmen, nachdem diese Nichtlandwirte ihr Geld in mehrere tausend Hektar Land angelegt haben.

ODEGA, KTG, Lindhorst – Holding, Steinhoff – Holding und einige mehr erhalten seither mehr als 2,5 bis über 5 Mio. EUR Direktzahlungen pro Jahr. So erhalten die Kapitalanleger rund 10% der Agrarsubventionen. Da es sich um keine aktiven Landwirte, keine Bauern oder Familienbetriebe, keine Einzelunternehmer oder GbR handelt, sind diese Kapitalgesellschaften und ihre landwirtschaftlichen Betriebe von der Agrarförderung, von jeder landwirtschaftlichen Subventionierung, auch bei Investitionen, auszuschließen! Ein Bedarfsnachweis wäre ebenso dringend geboten.

Sehr ungesund ist nun schon seit über 20 Jahren die Landverteilung der BVVG. Unsere Grundrechte, Art. 1 und Art. 14 GG, wurden und werden weiterhin permanent grob verletzt – Menschenrechte, Menschenwürde und Eigentumsrecht. DDR-LPG-Unrecht wird privilegiert, hinter neuer Fassade bürokratisch fortgesetzt. Die Kosten des Verwaltungsaufwands übersteigen seit 1991 alle Vorstellungen. Die seit 1945 bis 1989 Enteigneten, Entrechteten und ihre Erben, wurden weitestgehend ausgeschlossen und damit aktive Unternehmerchancen vertan.

Nach allem was vom BMELF und der Ministerin auch in einer 8-seitigen Pressemitteilung vom 20.3.2013 berichtet wird, ist eine grundlegende Verbesserung dieser auch für den ländlichen Raum schädlichen Lage nicht zu erwarten.

Selbst wenn im Zuge der EU-Agrarreform (GAP) die Subventionen um 30% an Greening- und Umweltstandards gebunden werden, stellt sich die Frage, wie sehen diese Auflagen konkret aus? Wie sind sie wann und wie umzusetzen? Wer überprüft und kontrolliert die Erfüllung der Auslagen, wann und wie genau? Grenzenlose Verwaltungsbürokratie, Arbeitsbeschaffung, und der Steuerzahler zahlt.

Auch sind die die Fruchtfolgeauflagen noch wesentlich zu großzügig. Keine Frucht über 50% der Fläche, keine Frucht unter 20%, nur so ist auch die für die Bodenfruchtbarkeit erforderliche Humuswirtschaft zu halten.

Und was wird mit den übrigen 70%? Diese fließen auch ohne Erfüllung der Auflagen betreffs der 30%. Schließlich ist die Obergrenze von 300.000 EURO (rund 1000 Hektar) und die Degression ab 150.000 EURO entschieden zu hoch, wenn die Zahl der notwendigen Arbeitskräfte (AKE) nicht berücksichtigt wird und keine Begrenzung auf 15.000 EURO je AKE erfolgt. Ein Bedarfsnachweis sollte zudem selbstverständlich sein. Schließlich geht es bei den Millionen Subventionen um Steuergelder, mit denen laut der Haushaltsordnungen sparsam und verantwortungsbewusst umgegangen werden muss!

Wo bleibt hier die Rechtssicherheit? Blühen wird in jedem Fall die Verwaltung, sprich Bürokratie. Mit Milliarden-Subventionen werden die Großbetriebe, Agrarkapitalgesellschaften jährlich von der EU (GAP) mit Direktzahlungen der I. Säule sowie von der Bundesregierung und den Ländern (Investitionshilfen u.a.) bevorzugt finanziert, mit Milliarden der II. Säule sollen die Schäden, die die Großen in Folge ihrer Subventionierung der I. Säule anrichten (Landschafts-Umweltschäden, Belastung des ländlichen Raums) beseitigt, zumindest eingeschränkt werden. Eine Logik, die der Steuerzahler finanziert und unsere Politiker zu verantworten haben.

Nicht zu unterschätzen ist die Gefahr, dass künftig die Subventionen der 2. Säule (GAP) ebenso ungerecht zugeordnet werden, wie seither die der ersten Säule. Der Verwaltungswirrwarr macht’s möglich. 

7.11 Die gewachsenen Agrarstrukturen
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