6.8 Der Familienbetrieb - ein Unternehmen
6. Förderrichtlinien
6.10  50 Jahre Mauerbau
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6.9 Mehr Rechtsstaatlichkeit - transparente Direktzahlungen

Das Problem

Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 09.11.2010 ist die Rechtslage bezüglich der Veröffentlichung der Direktzahlungen/ Agrarsubventionen nach EGFL und ELER (GAP) weitgehend geklärt.

Da haben das Europäische Parlament und der Rat die Veröffentlichung der EU-Agrarsubventionen schon am 15.03.2006 eingeleitet. Die EU-Verordnungen vom 16.11.2007 waren die Ergebnisse. Gegen ihre Umsetzung, die Veröffentlichung der Direktzahlungssubventionen, waren zwei Bauern aus Hessen gerichtlich vorgegangen. Das Verfahren ging bis zum EuGH. Als Gründe gegen die Transparenz dieser Zahlen durch die Bundesregierung im Internet www.agrar-fischerei-zahlungen.de mit Namen und Wohnort der Empfänger wurde vorgetragen, dass damit gegen Artikel 8 der Europäischen Konventionen zum Schutz der Menschenrechte (EMRK) von 1950 verstoßen werde. Denn zum Schutz der Grundrechte und Grundfreiheiten ist die Privatsphäre natürlicher Personen geschützt.

Dies gilt auch hier (GAP), wo es sich um Mittel aus dem Europäischen Gesamthaushalt nach der Europäischen Haushaltsordnung auf der Grundlage der Europäischen Transparenzinitiative von 2002 handelt. Mehrere weitere EU-Länder waren dem Verfahren in Straßburg beigetreten.

 

Das Ergebnis

Im Ergebnis hat der  EuGH den Argumenten der beiden Bauern aus Hessen zugestimmt und die Veröffentlichung der Subventionszahlen mit Namen und Wohnort für unvereinbar mit Artikel 7 und 8 der Europäischen  Menschrechtskonvention, den Grundrechten der EU erklärt.  Ganz klar stellt der EuGH dabei fest, dass hier die personenbezogenen Daten, nämlich persönlicher Name und Wohnort, betroffen ist und bei Kapitalgesellschaften solche nicht tangiert werden. Die Zahlen (GAP) von Kapitalgesellschaften sind folglich nach den EU-Verordnungen zu veröffentlichen.

Dennoch hat das Bundesagrarministerium unterstützt von der Lobby des DBV nach dem 09.11.2010 alle Zahlen, auch die der Kapitalgesellschaften, bei denen kein persönlicher Name betroffen ist, folglich Menschenrechte und Grundfreiheiten nicht tangiert werden, im Internet sperren lassen.

Inzwischen gibt es mehrere Gerichtsentscheidungen vom Oberverwaltungsgericht Münster, wonach die Agrarsubventionen der Kapitalgesellschaften (GmbH, e.G., AG, KG) wieder veröffentlicht werden müssen. In den kommenden Wochen müssen die Zahlen der Landwirtschaftlichen Kapitalgesellschaften - darunter auch Abnehmer und Vermarkter der Agrarprodukte (Milch, Zucker, Schlachtbetriebe u. a.) der Jahre 2009/2010 wieder publik werden.

Siehe dazu auch bei www.kuchs.de, Kapitel 8.3 - dort werden einige Fälle transparent, welche Agrarkapitalgesellschaften in 2009 plus/minus 1 Mio. € Direktzahlungen erhalten haben. Bei 3.000 ha Ackerbau ohne Viehhaltung sind dies rund 1 Mio. € Direktzahlungen. Und bei 20 Arbeitskräften 50.000 €/AK im Jahr.

Der 2.000 ha-Betrieb mit 500 Kühen erhält rund 600.000 € Direktzahlungen und bei 25 AK rund 24.000 €/AK im Jahr. Die 1.000 ha Kapitalgesellschaft mit 500 Kühen und 20 AK erhält bei 300.000 € insgesamt rund 25.000 € je  AK.

Der Familienbetrieb mit 80 ha und 50 Kühen erhält dagegen rund 25.000 € Direktzahlungen bei 3 AK knapp 8.000 €/AK im Jahr.  Wo bleibt da die Gerechtigkeit.  Wenn, wie bis 2013 nur die Fläche/ha Berechnungsmaßstab für die Direktzahlungen bleibt. Als weiteres Kriterium wäre daher die Zahl der Arbeitskräfte und die Bedürftigkeit des Betriebes und der dort Beschäftigten im Unternehmen zu berücksichtigen. Bei einer Obergrenze je Betrieb von z. B. 150.000 €, wobei bei personeller und/oder wirtschaftlicher Verbundenheit mehrere Betriebe als ein Gesamtbetrieb zu werten ist, damit so die ungute Konzentration auf der Landwirtschaft in den Händen weniger Kapitalanleger berücksichtigt wird.

Ferner wäre eine Obergrenze von z. B. 20.000 €/AK erforderlich. Denn wie sollen die Agrardirektzahlungen gerechtfertigt werden, wenn eine Kapitalgesellschaft oder ein außerlandwirtschaftlicher Kapitalanleger mehrere Kapitalgesellschaften - GmbH, e.G., AG, KG - beherrscht und für jede einzeln die volle Subvention abkassiert, damit seine Personalkosten voll finanziert und noch ein beachtlicher Betrag in den Privatbereich wandert.

Schließlich ist von erheblicher Bedeutung, ob eine Bedürftigkeit vorliegt, denn Betriebe, auch Nebenerwerbsbetriebe die außerlandwirtschaftlich ein guten Einkommen erzielen, sind auf die Agrarsubventionen nicht angewiesen und dürften bei Beachtung der Haushaltsordnung der EU, des Bundes und der Länder ohnehin keine Subventionen aus dem Steuersäckel erhalten.  Außerlandwirtschaftliche Energieerzeugung und andere gewerbliche Einkommen könnten so manchen Euro Direktzahlungen für die landwirtschaftlichen Familienbetriebe, um deren Existenz es schließlich geht, transferieren.

Das die EU-Agrarfördergelder (GAP) Säule I und II ab 2014 auf die Bauern der 27 EU-Mitgliedstaaten eine andere Verteilung erfahren als seither, dürfte außer Frage stehen. Die Frage ist nur, wie sich dies auf die tatsächlich bedürftigen Familienbetriebe auswirken wird. Da die 27 EU-Staaten ihren Anteil aus Brüssel erhalten, in der Aufteilung innerhalb ihres Landes aber einen Entscheidungsspielraum haben, könnte bei Beachtung solcher Kriterien, wie oben angeführt, 150.000 € Obergrenze je Betrieb (bei Verbindung aller Betriebe zu einem, bei personeller und wirtschaftlicher Verbundenheit) 20.000 € Obergrenze je AK und Bedürftigkeitsnachweis, die Familienbetriebe bis 300 ha vermutlich ohne Kürzung ab 2014 davon kommen.

www.kuchs.de

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