6.9 Mehr Rechtsstaatlichkeit - transparente Direktzahlungen
6. Förderrichtlinien
6.11 Zur Staffelung einer Obergrenze
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6.10 50 Jahre Mauerbau

Ein Stück Weltgeschichte: 

Am 13. August jährt es sich zum 50. Mal, das die Welt nach ihrer 1945 von den Siegermächten als Folge des 2. Weltkrieges vollzogenen politischen und ideologischen Trennung in Ost und West, durch den Bau der über 150 km langen Berliner Mauer und der rund 1.250 km langen innerdeutschen Grenze von der Ostsee bis an den fränkisch-bayrischen Wald - Hof - getrennt wurde.  Todesstreifen und Selbstschussanlagen, Grenzsperrgebiete, Abbruch von Wohn- und Wirtschaftsgebäuden auf DDR-Seite an der innerdeutschen Grenze waren damit verbunden.  

Wer bei einem gescheiterten Fluchtversuch festgenommen wurde, musste mit mindest einem Jahr politischem Gefängnis rechnen, von denen es in der DDR mehr als 10 Stück gegeben hat.  Wer etwas Glück hatte, wurde von der DDR freigegeben und zwecks Devisenbeschaffung an die Bundesrepublik verkauft. Mehr als 33.000 politisch Gefangene wurden allein in den letzten 13 Jahren von der DDR nach der KSZE Schlussakte von Helsinki in 1975 zum Durchschnittspreis von 80.000 DM an die Bundesrepublik verkauft - von der Bundesrepublik freigekauft.  

Dies waren in 13 Jahren (1976 bis 1989) mehr als 7 pro Kalendertag, davon 2 Frauen, insgesamt rund 13.000 Frauen. 365 Tage mal 13 Jahre sind 4.745 Tage mal 7 Personen sind 33.200 politisch Gefangene Freikauf. Je 80.000 DM waren im Durchschnitt rund 200 Mio. DM pro Jahr und insgesamt in den 13 Jahren rund 2,6 Milliarden DM.  

Gezahlt wurde häufig in Sachwerten - Stahl, Kraftstoff u. a.. Viele Menschen an der innerdeutschen Grenze, der Berliner Mauer und den politischen Gefängnissen ihr Leben verloren, ermordet wurden, schweren Verletzungen erlagen, bleibende körperliche - und selige - Schäden erlitten haben, ist nicht exakt bekannt, doch muss man sicher von einigen Tausend ausgehen. 

Da eine Flucht in die Freiheit seit dem Mauerbau praktisch nicht mehr möglich war, wurden die politischen Gefängnisse im SED-Unrechtsstaat vor allem auch genutzt, um Menschen in Angst zu versetzen und Untertanengehorsam sicher zustellen. Die Stasi hat dabei als Organisation der SED einen unrühmlichen Dienst erwiesen. Strafzellen - Wasserzellen im Keller innerhalb der politischen Gefängnisse -, Misshandlungen, Gewalt des Wachpersonals an den Gefangenen waren üblich. Diverse Bücher von solchen Opfern dokumentieren dies erschreckend.  

Bauern, die vor der Kollektivierung in die LPG ihr Ablieferungssoll nicht erfüllen konnten oder anderweitig der Stasi zum Opfer gefallen sind, wurden nicht selten in politische Gefängnisse gebracht, ihr Hof enteignet.  Die Flucht in den freien Westen war ab 1960 mit der Zwangskollektivierung auch für viele Bauern und die Landbevölkerung der einzige Ausweg, um ihr Leben  selbst lebenswert zu gestalten. Diese Fluchtwelle von 1960/1961 hat die damalige DDR-SED-Regierung mit dem Berliner Mauerbau und der innerdeutschen Grenze abgebrochen. Mit dem Mauerbau war das Ventil in die Freiheit geschlossen. 17 Millionen Bürger lebten dort wie im Knast mit Freigang in der DDR. Selbst Reisen in die übrigen sozialistischen „Bruderstaaten“ waren mit erheblichen Problemen verbunden und oft an linientreue Bedingungen geknüpft.  In der DDR folgte sodann ab 1972 bis 1974 für die Bauern der LPG Typ I der Zwang in die LPG Typ III, der Kollektivwirtschaft, auch der Viehhaltung und der organisatorischen Vergesellschaftung, auch der bis dahin noch selbständigen, mittelständischen gewerblichen Betriebe, des Handwerks und des Handels. Die Zuteilung der Betriebsmittel, die Produktionsauflagen und Zulieferungspflichten an die volkseigenen Betriebe - Kombinate - wurden unter politisch, ideologischem Druck zunehmend restriktiver. Die Zwangswirtschaft erfasste alle Menschen, das ganze Land, und das Ventil war geschlossen. Unfreiheit und Angst traumatisierte viele Menschen, unternehmerische Initiativen konnten von der Stasi, die in nahezu jeden Betrieb, in jedem Kollektiv zugegen war, als staatsfeindlich erklärt werden. Der Weg ins politische Gefängnis war dann nicht mehr weit und die Angst immer zugegen.  Offene, ehrliche Diskussionen waren in diesem Knast nicht möglich. Selbst 1/3 der Kirchengemeinden sollen von der Stasi (IM) unterwandert gewesen sein.  

Ab 1975 öffnete die KSZE Schlussakte von Helsinki - Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa - wieder die Chance, mit Hilfe eines Ausreiseantrages in die Freiheit zu kommen. Übelste Diskriminierungen, Schikanen bis zum politischen Gefängnis hatten die Antragsteller eines solchen Antrags zu befürchten, bis sie schließlich ihr Ziel erreichten, die letzten im Frühjahr 1990. Dennoch sollen es hunderttausende DDR-Bürger gewagt haben, einen solchen Antrag zu stellen. Vor der Ausreise mussten diese Menschen ihr Vermögen, das Haus und andere Werte, der DDR, oft der Stasi, zu Spottpreisen verkaufen, abgeben, ohne das sie es nach 1990 wieder bekommen hätten. Die Stasi ist eben immer noch dabei.  

Willkür, kommunistisches Unrecht, Eigentumsrechtsverletzung gehörten zum Alltag. Menschenrechte, Menschwürde, Rechtsschutz, wie wir dies nach Artikel 1 bis 19 Grundgesetz für selbstverständlich halten, waren nicht opportun. Nach dem LPG-Gesetz, dem Musterstatut der LPG, arbeitete die sozialistische Gesellschaft (LPG) „nach dem Prinzipien des leninschen Genossenschaftsplan“. Die LPG hatte „das umfassende und dauernde Nutzungsrecht“ des Bodens, der im Grundbuch  Eigentum der Bauern blieb. Gleiches galt auch für die Wirtschaftsgebäude und Anlagen des Hofes - §§ 6, 16, 19 LPG-Gesetz. Leibeigenschaft im kommunistischen Stil. 

40 Jahre DDR (1949 bis 1989), davon 28 Jahre (1961 bis 1989) eingemauert, das hat die Menschen geprägt, Angst, Stasi, politische Gefängnisse, und traumatisiert. An Mitläufern auch zwecks beruflicher „Aufstiegschancen“, SED, Stasi, Bauernpartei und Resignation hatte ein weites Feld.  

Das Leben von der Substanz zehrte das Land aus, dies galt übrigens für alle Ostblockstaaten im Comecon/RGW (Rat für gegenseitige Wirtschaftshilfe) einschließlich der UdSSR. 

Die Mangelwirtschaft hatte längst gravierende Formen angenommen und betraf neben den Konsumgütern vor allem auch die Betriebsproduktionsmittel. Dies spürten auch die seit 1972 nicht mehr unternehmerisch selbständigen gewerblich tätigen Betriebe. Alles ging nach Plan,  der zur Makulatur geworden war.  

Die Öffnung der ungarischen Grenze nach Österreich im Sommer 1989 läutete schließlich die Wende ein, die Flucht vieler tausend in die Bundesdeutsche Botschaft in Prag folgte, der Zusammenbruch des Ostblocks war nicht mehr aufzuhalten. Millionen Menschen brachen  aus ihrem Knast aus, brachten ihren Willen schließlich mit Demonstrationen zum Ausdruck. Mauer und innerdeutsche Grenze dekratierten zum Symbol des Unrechts bis sie fielen.  

Der Traum von einer besseren DDR war damit aber noch nicht ausgeträumt. Die Linke und ihre Leitungskader bringen selbst im Jahre 2010/2011 zum Ausdruck, dass ein sozialistisch, kommunistischer Staat unseren sozialen Marktwirtschaft, dem Kapitalismus, vorzuziehen sei. Die geistige Heimat der Linken muss verfassungsrechtlich als radikal eingestuft werden, wenn sie sich auch nicht regelmäßig so authet.  Dabei mag eine Rolle spielen, das auch in - unseren Wohlstandsüberfluss - und Wegwerfgesellschaft - nicht alles Gold ist was glänzt und keine gebratenen Tauben vom Himmel gefallen kommen, sondern Leistung und auch Opfer gelegentlich sicher gefordert sind.    

Der Mauerbau in 1961 und seine Folgen in Rechtlosigkeit, Willkür, Menschenopfer und alles was dem Menschen in seinem Wesen lebenswert erscheint, hat die Menschen und vor allem seit dem Mauerfall 1989 auch unsere Gesellschaft verändert und wird sich weiter verändern.  Vieles vom damaligen Unrecht setzt sich bis heute fort. Historisch betrachtet ist die Einordnung der Entwicklung zwar interessant, aber nicht absehbar. Die Welt dreht sich seit der Frühzeit jährlich weiter. Deutlich zu erkennen ist für uns die Entwicklung seit dem Mittelalter. Bauernkrieg, Reformation, 30-jähriger Krieg, Französische Revolution, Leibeigenschaft, Industrialisierung infolge technischer Entwicklungen, wirtschaftliche und machtpolitische Veränderungen, im letzten Jahrhundert 2 Weltkriege, wovon uns unsere Eltern und Großeltern, wenn auch nur wenig, erzählt haben, vieles wurde, warum auch immer, verdrängt. Einige der noch unter uns lebenden Menschen können noch von ihren Lebenserfahrungen der letzten 80 Jahre erzählen. Die Oktoberrevolution von 1917, die politische Teilung der Welt in 1945 und deren Konsequenzen einschließlich des Mauerbaus als gipfeln des Unrecht in seiner Folge.  

Mehr als 1,5 Millionen ehemalige LPG-Bauern und ihre Erben im Beitrittsgebiet haben nur etwa ¼ des ihnen nach LwAnpG seit 1991 zustehenden LPG-Vermögensanteil vom alten und neuen Leitungskader, LPG-Vorstände, Genossenschaftsgeschäftsführung erhalten. Dabei dürfte es sich um insgesamt rund 15 Milliarden DM handeln. Korruption, Veruntreuung, Bereicherung in allen Varianten nicht ausgeschlossen.  Die Agrarlobby lässt grüßen. Kapitalanleger aus West und Ost (bis Russland) kaufen Agrarflächen - auch Wald - in größerem Stil auf. 

Die Frage, wieso der pleite gegangene Osten vom bösen kapitalistischen Westen einschließlich der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG/EG/EU) seit 1990 jährlich viele Milliarden DM/€ Finanzhilfen annimmt und diese nicht wieder zurückschickt, da man ja bei gutem Gewissen und sauberem Charakter von einer so bösen Welt nichts annehmen sollte, bleibt dabei offen.  

Auf der anderen Seite soziale Marktwirtschaft, Freiheit „Wirtschaftswunder“, das kein Wunder war, sondern Erfolg und harte Arbeit aller Menschen. Dann der Bau der Mauer und der Spaltung der Welt, schließlich die Einheit von unterschiedlichsten Mentalitäten, Menschen extrem unterschiedlicher Erfahrungen in Deutschland, Europas und global weltweit, der weltweiten Informationsgesellschaften unterschiedlichster Kulturen. Wohin führt der Weg? Die Zukunft hat längst begonnen.  Friede, Freiheit, sozialer Ausgleich sind und bleiben oberstes Ziel. Ein tiefer Wunsch an dem sich alle Menschen dieser Welt, vor allem die Entscheidungsträger in Politik, Verwaltung und Wirtschaft verantwortungsbewusst täglich orientieren müssen! 

Das Unrecht aufzuarbeiten bleibt eine große Aufgabe. Dies gilt für das kommunistische Unrecht nicht weniger wie für das faschistische Naziunrecht.  

Dieses Stück Weltgeschichte wird die Menschen noch Generationen bewegen. Allein die Bevölkerungswanderung Ost-West, die wirtschaftlichen und kulturellen Differenzen, sowie auch machtpolitische Strukturen können nicht ohne Konsequenzen bleiben, die Frage ist nur welche. Verantwortungsbewusstsein und Toleranz bleiben unerlässliche Voraussetzung. 

  1. R. Reim           - Moral, Totschlag und die Folgen
  2. E. Thiemann    - Stell dich mit den Schergen gut
  3. A. Latotzky      - Kindheit hinter Stacheldraht 
  4. U. Schacht      - Hohenecker Protokolle
  5. VOS Torgau    - Verzeihen heißt nicht vergessen
  6. J. Gieseke       - Die DDR-Staatssicherheit
  7. H. Thoß          - Gesichert in den Untergang
  8. E. Hobsbawan - Das Zeitalter der Extreme
  9. A. Fincke         - Woran glaubt, wer nicht glaubt
  10. T. Dowley        - 2000 Jahre Christentum
  11. T. Fiedler, P. Sandmeyer        - Die sechs Weltreligionen
  12. M. Gorbatschow                     - Perestroika
  13. J. Hensel                                - Zonenkinder
  14. G. Schürer                             - Deutschlandarchiv, 1992, S. 1031 ebenso bei  
  15. S. Wenzel                              - Was war die DDR wert

 

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