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6.7 Perestroika und Glasnost

Der wirtschaftliche Niedergang der UdSSR war offenkundig. Dies hatte Gorbatschow 1985 klar erkannt, als er zum Kremlchef und Generalsekretär der KPdSU gewählt wurde. Folgerichtig hat er auch sofort damit begonnen, Reformen, eine Umgestaltung, Neuorientierung der sowjetischen Politik - eben Perestroika - Demokratie einzuleiten, um so die Stagnation auf allen Ebenen des Landes zu überwinden.  

Eine neue Atmosphäre, mehr Offenheit, eben Glasnost, sollte das ganze Land informieren, auch über das was gut ist, um so das Potential im Volk zu aktivieren. Dabei beruft sich Gorbatschow immer wieder auch auf Lenin. Der Kommunismus/Sozialismus sollte ja nicht abgeschafft werden, sondern er sollte besser werden, besser als der Kapitalismus und diesen auf allen Ebenen des Lebens überholen.  

In den 1987 von ihm geschriebenen Buch „Perestroika - die 2. russische Revolution“ , „Eine neue Politik für Europa und die Welt“ so wie in einer im Anhang dieses Buches abgedruckten Rede zum Abschluss der XIX. Unionsparteikonferenz vom 01.07.1988 legt Gorbatschow seine Ziele, Vorstellungen von Perestroika und Glasnost eindrucksvoll dar, wenngleich so einiges für einen Westeuropäer nicht leicht nach zu vollziehen ist.  

Sein Hinweis an Honecker anlässlich der Jubelfeier zum 40. Jahrestag der DDR  1989 „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben“ brachte dabei auch mit klar zum Ausdruck, dass seine Perestroika und Glasnost keineswegs immer auf Interesse oder gar Zustimmung stieß und viele Genossen den Verlust ihrer Privilegien, ihrer Machtstellung befürchteten.

Gorbatschows Darlegungen, warum Perestroika/Glasnost unerlässlich ist, da vor allem die wirtschaftlichen Verhältnisse in der gesamten großen UdSSR und allen  Satellitenstaaten katastrophal war, dokumentieren, dass selbst die Erkenntnisse und Bemühungen Gorbatschows viel zu spät kamen und bei aller Anerkennung seiner Bemühungen die von ihm bei Honecker angekündigte Strafe auch in der UdSSR nicht ausbleiben konnte. 

Das undemokratische, unfreie, parteipolitisch völlig erstarrte System in der gesamten UdSSR, der KPdSU, im Zentralkomitee (ZK), des Präsidiums der obersten Sowjets der UdSSR, wie es Gorbatschow in seinem Buch und in seiner Unionsparteitagsrede im Juli 1988 dargelegt hat, lies keine Zeit für eine erfolgreiche Umsetzung  von Reformen, denn dazu wäre der absolute Wille aller, aber wirklich aller  Menschen, vor allem der Verantwortungsträger in den Betrieben und allen politischen Gremien, auf allen Ebenen und auch in den Satellitenstaaten notwenig gewesen. Zu lang, viel zu lang hatte man von der Substanz gelebt, nun war eben nichts mehr da.  

Eine über Generationen geprägte kommunistische Mentalität der Herrschaft, der Macht ließe eine solche von Gorbatschow erdachte und für dringend notwendig gehaltene Revolution innerhalb des leninschen kommunistischen Systems nicht zu. Und Freiheit ist offensichtlich  nur schwer erlernbar.

Dies bestätigen auch immer wieder Tatsachen und Erfahrungen die heute noch und immer wieder, 20 Jahre nach dem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Zusammenbruch des kommunistisch-sozialistischen (Ost) Machtblocks festzustellen sind.  

So bringt Europas Kulturzeitung „Lettre“ LI92, 2011 von Ryklin einen Beitrag über „Russlands neuer Adel“ eindrucksvoll, wie sich neue Strukturen im Vielvölkerstaat gefestigt haben. Von Massenverelendung und Korruption wird dort ebenso berichtet, wie von einer traumatisierten Bevölkerung und einer Kaste des „neuen Adels“, so wie Medienkontrolle. Von Gewaltenteilung hat man zwar gehört, doch die Gewalten sind konsequent vernetzt. Freiheit, Marktwirtschaft, Wettbewerbsordnung, wirtschaftlicher Aufschwung, sozialer Ausgleich? Davon darf weiter geträumt werden, sofern man im weiten, weiten Land schon einmal etwas davon gehört hat.  Dabei ist das gesamte Land nicht arm. Umfangreiche Käufe im freien Europa - Immobilien, Wald, landwirtschaftliche Kapitalgesellschaften - dokumentieren schließlich den Reichtum des neuen Adels.  

Politische, wirtschaftliche, gesellschaftliche mental entsprechend geprägte Machtverhältnisse in den Territorien  und Landesteilen des gesamten ehemaligen Ostblocks sind von dieser Entwicklung auch heute nicht frei. Unser freiheitlich, demokratischer Rechtsstaat - Westeuropa - und seine Bürger werden bei allem Wohlstand und Überfluss, mit allen gesellschaftlichen Strukturen auf allen Ebenen hell wach sein und beobachten, ggf. reagieren müssen, wenn sie ihre globale Freiheit erhalten wollen. 

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