6.4 Was kostet die Welt
6. Förderrichtlinien
6.6 Wohin treibt die Agrarlobby
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6.5. Gerechtigkeit muss sein

Vergangenheit - Gegenwart 

Ungerechtigkeit war schon immer in jeder Gesellschaft, in jedem Staat Anlass zu Unzufriedenheit, so wie von wirtschaftlichen, politischen und gesellschaftlichen oft nicht absehbaren Konsequenzen.  

Dabei ist es natürlich nicht möglich eine Gerechtigkeit zu organisieren, die jeden Bürger zufrieden stimmt, zumal Gerechtigkeit immer auch eine subjektive Angelegenheit ist. In der Gesellschaft allgemein anerkannte Regeln, die von einer großen Mehrheit der Gesellschaft der Betroffenen als Gerechtigkeit anerkannt und empfunden wird und offenkundige Ungerechtigkeiten meidet, sind daher unerlässlich.  

Eine solche Frage der Gerechtigkeit und der Beseitigung von Ungerechtigkeit steht u. a. in der Europäischen Agrarpolitik aktuell an, wenn es um die Neuregelung der Verteilung der EU-Agrarsubventionen (GAP) geht, die ab 2014 greifen soll. Zunächst geht es darum, die Agrarmittel aus dem EU-Haushalt auf die 27 EU-Länder unter Berücksichtigung der dortigen landwirtschaftlichen Flächen und der Preis-/Kostenverhältnisse - Lebenshaltungskosten - neu zu verteilen.

Die dem jeweiligen Land zugewiesenen Zahlungen sind vom einzelnen Land, dort den Landwirtschaftsbetrieben, gerecht zuzuordnen.  

Bisher, seit 2002, werden die Mittel von der Bundesrepublik allein nach der Fläche/ha verteilt  - Hektar gleich Hektar! Dies sei gerecht. Dabei bleibt völlig außen vor die Frage der Betriebsorganisation, der Betriebs- und Produktionsrichtung und damit eng verbunden die Frage, wie viel AK bei sonst gleicher Fläche/ha ihren Lebensunterhalt dort erarbeiten. 100 ha mit 100 Großvieheinheiten (50 Kühen mit Nachzucht, Jungvieh, Mastvieh) oder 100 ha ohne Viehhaltung, die im Nebenerwerb bewirtschaftet werden. Bei 1.000 ha/3.000 ha oder mehr Fläche sind die Varianten mit oder ohne Viehhaltung und sehr differenzierten  Arbeitskräftebedarf - von 3 AK bis 40 AK - denkbar, in der Praxis Realität.  Die Agrarberichte der Bundesländer legen dazu ein beeindruckendes Zeugnis ab und weisen dort  i. d. R.  unter „Sonstige Erträge“ in der Gewinn- und Verlustrechnung die Subventionen - Direktzahlungen (GAP) - aus.  

Die Fläche/ha als einziges Verteilungskriterium der EU-Direktzahlungen führt daher bis 2013 eine unglaubliche Ungerechtigkeit fort. Je AK der im jeweiligen Betrieb beschäftigten variieren die Zahlungen  von weniger als 5.000 €/AK/Jahr bis über 200.000 €/AK/Jahr. Die größeren Flächenbetriebe - Kapitalgesellschaften decken mit den Direktzahlungen i. d. R. mehr als 80 % ihrer Personalkosten. Nach dem der Viehbestand bei den landwirtschaftlichen Kapitalgesellschaften bis in jüngster Zeit merklich zurückgegangen ist, die Direktzahlungen je Hektar aber geblieben sind, überschreiten die Direktzahlungen die üblichen vertretbaren Personalkosten nicht selten um das Mehrfache. 

Eine Obergrenze der Direktzahlungen je Betrieb und jeder AK ist daher im Interesse der Gerechtigkeit geboten. Dabei wäre auch zu beachten, dass außerlandwirtschaftliche Kapitalanleger über Investmentfonds oder z. B. einer Aktiengesellschaft im Beitrittsgebiet mehrere LPG-Betriebe - e.G./ GmbH - aufgekauft haben und als Kapitalanleger viele Millionen Direktzahlungen kassiere, wenn solche persönliche oder wirtschaftliche Verbundenheit nicht als ein einheitlicher Betrieb - ein Antragsteller der Direktzahlungsmittel - behandelt wird und so bei der betrieblichen Obergrenze gerechterweise Grenzen gesetzt werden.  

Der ländliche Raum, die bäuerlichen Familienbetriebe mit 20 ha bis 200 ha, so wie Nebenerwerbsbetriebe, mit beachtlicher Viehhaltung, das Dorfleben würde merklich gewinnen.  Die Notwendigkeit eines Minimums von Gerechtigkeit gegenüber diesen landwirtschaftlichen Familienarbeitskräften kann diese Kriterien nicht unbeachtet lassen. Gebotene Transparenz dieser seitherigen Ungerechtigkeit und der, an die Agrarminister, den DBV und seiner Lobby, die EU zu stellende Forderungen  einer gerechten Agrarpolitik ist dringlicher denn je.

Die Öffentlichkeit der Verbraucher, der Konsument  der Agrarprodukte interessiert sich zunehmend für die Herkunft gesunder Nahrungsmittel, einer gerechten Verwendung seiner Steuergelder, die den Menschen auf dem Lande, in den Dörfern berücksichtigt.  

Der Deutsche Bauernverband (DBV) und seine Lobby, und selbst als Hauptlobbyist bei nahezu allen die Agrarwirtschaft tangierenden Organisationen und Unternehmen - oft als Oligopole marktbeherrschend - wird seine Sympathien, die er seither den Kapitalgesellschaften im Beitrittsgebiet im stillen Hintergrund gegenüber agrarpolitisch vertreten und gleichzeitig die Familienbetriebsunternehmen Ost und West benachteiligt hat, nicht aufrecht erhalten können, wenn er nicht noch mehr an Vertrauen und Glaubwürdigkeit verlieren will. Transparenz und gerechte Verteilung der Direktzahlungen nach den neu auszurichtenden GAP ist unabwendbar. Die tatsächlichen Vertreter der Familienbetriebe (AbL, DBB, VDL. BDM) so wie der Verband der Nebenerwerbslandwirte haben hier noch ein hartes Stück Arbeit vor sich.

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