Seit Jahren schon löst die von der EU vorbereitete Reform der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) kontroverse Diskussionen aus. Dabei geht es vorwiegend um die Direktzahlung der so genannten I. Säule an die Landwirtschaft. Strittig ist die Tatsache, dass diese Zahlungen von rund 330 €/ha/Jahr seit etwa 10 Jahren allein nach der Fläche/ha berechnet und ausgezahlt werden. Bauernhöfe mit oder ohne Zupachtland, allein von der Bauernfamilie bewirtschaftet, von 5 ha, 50 ha, 200 ha bei intensiver Viehhaltung (Milchvieh) evtl. mit 1 bis 3 Lohnarbeitskräften erhalten bei z. B. 200 ha und 200 Großvieheinheiten (GVE) und 5 Arbeitskrafteinheiten (AKE) rund 65.000 €/Jahr, also knapp 13.000 €/AKE/Jahr. Der 50 ha Bauernhof mit 50 Kühen und Nachzucht, insgesamt 70 GVE und 3 Familienarbeitskräfte erhält noch 16.000 €/Jahr, folglich 5.500 €/AKE.
Anders sieht dies beim 2.000 ha Betrieb mit 500 Kühen, 700 GVE und 30 AKE aus. Hier erhält der Betrieb 660.000 €, je AKE 22.000 € und deckt damit einen Großteil seiner Personalkosten bei einer 40-Stunden-Woche.
Diese Verhältnisse sind festzustellen bei den mehr als 1.000 Agrarkapitalgesellschaften, Agrar-GmbH, Agrargenossenschaften, Agrar-KG, Agrar-Aktiengesellschaften im Osten Deutschlands und einigen wenigen auch im Westen der Republik.
Die ganz überwiegende Mehrzahl der in den Großbetrieben beschäftigten sind dort als Arbeitnehmer, nur wenige als Gesellschafter, Mitunternehmer, Genossenschaftsmitglieder, denn Entscheidungen möchte man ja ohne Mitsprache der Beschäftigten treffen können. Und selbst wenn eine Mitgliedschaft in der e.G.
besteht, haftet das Mitglied nur mit dem e.G. Geschäftsanteil von vielleicht 1.000 € und nicht wie der Bauer im Familienbetrieb mit seinem Gesamtvermögen. Das e.G.
Mitglied ist eben kein Unternehmer, die Agrargenossenschaft kein Mehrfamilienbetrieb, wie auch in Fachzeitschriften immer wieder vorgetäuscht wird.
Die im Rahmen der GAP Reform vorgesehene Degression und Kappung der Direktzahlungen hat zur Folge, dass die Subventionierung der Großbetriebe mit EU Steuergeldern der der Bauernfamilienbetriebe angenähert werden soll. Sicher bleibt die Förderung immer noch einen ganz ordentlichen Betrag darüber.
Entsetzlich ist, das sich nicht nur der Genossenschaftsverband - Raiffeisenverband -, sondern auch der Deutsch Bauernverband (DBV) und die Bundesregierung, die Ministerin, gegen diese Degression und Kappung (300.000 €) stark äußern und die Benachteiligung der Bauernfamilienbetriebe fortbestehen lassen möchten, wobei infolge der Begrenzung der EU Mittel und Ausweitung der Direktzahlungen auch auf die Südosteuropäischen EU Mitglieder und die dortigen Landwirtschaftsflächen, hier die Bauernfamilienbetriebe eine Kürzung befürchten müssen. Raiffeisen-Genossenschaftsverbände, Deutscher Bauernverband und Bundesregierung, die Ministerin, grenzen in ganz Deutschland die Bauernfamilienbetriebe aus, lassen diese hängen. Zwar kassiert man gern ihre Steuern und Beiträge, ansonsten werden die Bauernfamilienbetriebe offen benachteiligt. Kein Wunder, wenn viele dieser Betriebe keine Nachfolger mehr haben. Der ländliche Raum, die Heimat vieler Millionen Menschen leidet schwer. Die Bauern müssen sich verraten fühlen.
Bäuerliche Familienbetriebe beschäftigten infolge intensiver Viehhaltung mehr Familienarbeitskräfte als die Großbetriebe Arbeitnehmer. Zehn 100 ha Betriebe mit je 100 GVE beschäftigen bekanntlich wesentlich mehr AKE als ein 1.000 ha Betrieb mit 400 GVE.
Ferner ist der zunehmende Einfluss von nichtlandwirtschaftlichen Kapitalgebern, Monopolgesellschaften, die hinter vielen Großbetrieben stehen, bedenklich.
Dabei ist „Gegen das Vergessen“ immer wieder daran zu erinnern, dass die Ostgroßbetriebe entstanden sind im Rahmen der Zwangskollektivierung der Bauern in 1960 und ihrer Gesamtrechtsnachfolge - Umwandlung in 1990/91 - folglich in Fortsetzung von DDR-LPG-Unrecht bei rechtswidrig viel zu geringer Vermögensauseinandersetzung (§44 LwAnpG).
Wird heute von den Agrarkapitalgesellschaften/Agrargenossenschaften eine Gegenrechnung der Lohnkosten über die Kappung/Degression hinaus gefordert, würde jede Begrenzung ins Leere gehen, die Personalkosten würden weiterhin von den EU Direktzahlungen, I. Säule der GAP, getragen.
Welcher mittelständige Betriebsleiter könnte sich dies in seiner Branche vorstellen?
Eine bäuerliche Landwirtschaft, Bauern, Familienbetriebe pflegen mit ihrer Landbewirtschaftung die Natur, den ländlichen Raum und erbringen damit gleichzeitig die „öffentlichen Leistungen“ die in Regionen wo Großbetriebe, Agrarkapitalgesellschaften, Agrargenossenschaften zuhause sind trotz großen öffentlichen Aufwand nur notdürftig erbracht werden kann.
Der viehlose 1.000 ha Betrieb erhält seither unabhängig von seiner Rechtsform bezogen auf vielleicht 3 AKE - 3 Familien - je 100.000 €/AKE/Jahr.
Der 50 ha Familienbetrieb mit 60 GVE ebenso 3 Familienarbeitskräften - 1 Familie - 5.000 €/AKE/Jahr.
Auch der 50 ha Nebenerwerbsbetrieb ohne Vieh bekommt zu seinen - guten - Lohneinkommen noch 16.000 € von der EU. Der aktive Landwirt steht in den Sternen.
Ein Bedarfsnachweis wird im Gegensatz zu Hartz-IV - Bedarfsgemeinschaft - nicht gefordert.
Selbst die Agrarberichte und statistischen Jahrbücher erbringen dazu nicht die notwendige Transparenz.
Über www.agrar-fischerei-zahlungen.de stehen einige Informationen zur Verfügung.
Auch ist die Subventionierung zum Bau - Investitionen - von Massentierhaltungsanlagen, Agrarkapitalgesellschaften, für den ländlichen Raum und gesunder Nahrungsmittelproduktion schädlich.
Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass die Rechtsform unbedeutend ist, wenn es um eine gerechte verantwortungsbewusste Zuordnung der EU Direktzahlungen - Subventionen, Steuergelder - geht.
Entscheidend kann aber nicht die Fläche/ha sein. Maßgebend ist die Betriebsstruktur des aktiven Landwirts, des Bauern, des Familienbetriebes, der Kapitalgesellschaft, der Agrargenossenschaft und muss Rechtsgrundlage werden. Viehbesatz (Milchvieh?) notwendiger Bedarf an AKE, außerlandwirtschaftliches Einkommen (Windenergie/Solar u. a.) sind zu berücksichtigen, da mit den Steuergeldern auch nach den gesetzlichen, rechtlichen gesellschaftlichen Vorschriften europaweit verantwortungsbewusst sparsam umzugehen ist.
Vom Mehrfamilienbetrieb kann man sprechen, wenn mehrere Familien (Eltern, Kinder) einer Familie oder auch Nachbarfamilie, Nachbarbetriebe, Bauern in einer Region/Dorf, in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) nach BGB zusammen einen Betrieb bewirtschaften. Diese tragen nach BGB gemeinsam die Verantwortung und Haftung mit ihrem Vermögen.
Alle übrigen Rechtsformen sind im rechtlichen und wirtschaftlichen Sinne keine Mehrfamilienbetriebe. Bei Genossenschaften, GmbH, KG, Agrarkapitalgesellschaften sind Verantwortung und Haftung auf den vertraglichen Inhalt begrenzt, selbst wenn Arbeitnehmer und Gesellschafter mehrer Familien tätig sind.
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