6.25 Jede Rechtsform ist brauchbar
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
7.2 Auszug aus der Strukturanalyse des Landvolkverbandes Sachsen-Anhalt
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7.1 Agrarberichte des Bundes und der Länder

Alljährlich, wenn die Agrarberichte des Bundes und der Bundesländer vorgelegt werden, sind in den Medien, insbesondere der landwirtschaftlichen Fachpresse der neuen Bundesländer "Erfolgsberichte" zu lesen, die glauben machen wollen, die LPG-Unternehmen hätten sich stabilisiert und daß der Agrarstrukturumwandlungsprozeß nach dem Zusammenbruch der LPG-Wirtschaft im wesentlichen abgeschlossen sei.

Die nüchternen Zahlen der Agrarberichte sprechen jedoch eine deutlich andere Sprache.

Bereits in meinem beiden Dokumentationen hatte ich dies klar zum Ausdruck gebracht. In meiner zweiten Dokumentation von 1999, dort Seite 255 - 272, war aus den Agrarberichten auszugsweise zitiert und nachgewiesen, daß die LPG-Unternehmen unverändert - bis zum heutigen Tag - ganz überwiegend von der Substanz leben, der Substanz, die sich die LPGs bei ihrer Gründung im Zuge der Zwangskollektivierung durch Übernahme des Bauernvermögens angeeignet haben, das nach der Wende nur zum Bruchteil gemäß LwAnpG zurückgezahlt wurde und wodurch der Staat durch jährliche Millionensubventionen, Altschuldenentlastung und Verzicht auf Zinsen bezüglich der Altschulden nunmehr seit 1991 die Aufrechterhaltung dieses Unrechts gefördert hat.

Daß sich bis zum aktuellen Stand der Agrarberichte 2001/2002 daran im Grunde nichts geändert hat, beweisen die nachfolgenden Zahlen.

1. Mecklenburg-Vorpommern

Agrarbericht 1997, Tabelle 3.2.1.1/2,

Kennzahlen 1995/96 Eigenkapitalminderung Futterbaubetriebe,
von -15 DM pro ha. (Marktfruchtbaubetriebe +11 DM pro ha)

Alle Betriebe (Einzelunternehmen, Personengesellschaften und juristische Personen) bei den Marktfruchtbaubetrieben +160 DM und bei den Futterbaubetrieben +68 DM pro ha.

Agrarbericht 2000, Tabelle 3.2.1.1/2

Eigenkapitalveränderung in DM/ha bei den juristischen Personen:
-88 DM/ha
bei den privaten Einzelunternehmen und Personengesellschaften dagegen:
+116 bzw. 235 DM/ha

Bei den Marktfruchtbaubetrieben, Tabelle 3.2.1.1/1

Eigenkapitalveränderung in DM/ha bei den juristischen Personen:
-46 DM/ha
bei den privaten Einzelunternehmen und Personengesellschaften dagegen:
+149 bzw. 216 DM/ha

Agrarbericht 2001, Tabelle 3.2.1.1/2

Kennzahlen 1999/2000
Futterbaubetriebe: Eigenkapitalveränderung -158 DM pro ha bei den juristischen Personen, während die Einzelunternehmen und die Personengesellschaften ein Plus von 5 bzw. 170 DM pro ha ausweisen.

Agrarbericht 2002, Tabelle 3.2 -1

Kennzahlen 2000/2001

Marktfruchtbaubetriebe +21 EUR pro ha Eigenkapitalzunahme. Insgesamt aller Betriebe, also einschließlich Einzelunternehmen, Personengesellschaften +38 EUR pro ha. Bei den Futterbaubetrieben beläuft sich die Eigenkapitalveränderung bei den juristischen Personen auf ein Minus von 33 EUR pro ha.

2. Brandenburg

Agrarbericht 1997

Wirtschaftsjahr 1995/96, Tabelle 103
Verluste in DM/ha:
1993/94: -62 DM/ha
1994/95: -106 DM/ha
1995/96: -11 DM/ha
1996/97: -42 DM/ha (Tabelle 47/1999)
1997/98: +4 DM/ha (Tabelle 47/1999)

Agrarbericht 2001, Tabelle 3.13

Im Wirtschaftsjahr 1999/2000
Eigenkapitalrentabilität -1,5 bis -3,8% bei den juristischen Personen.
Gewinn +18,00 bis +20,00 DM/ha.

3. Freistaat Thüringen

Agrarbericht 1996

Wirtschaftsjahr 1994/95, Tabelle 7.28
Juristische Personen: Verlust -34 DM/ha
Die Haupterwerbsbetriebe und GbR dagegen + 484 bzw. +535 DM/ha Gewinn.

Kennzahlen 1996/97 Wirtschaftsjahr

Juristische Personen: Verlust -60 DM/ha (Seite 16)
Juristische Personen, Futterbau/Marktfrucht, S. 32 Verlust -33 DM/ha
S. 34 Gewinn bzw. Verlust im Durchschnitt pro ha -121 DM/ha.

Die Einzelunternehmen - Haupterwerb und GbR liegen dagegen durchweg bei einem Gewinn von rund 400 DM/ha im Durchschnitt.

Agrarbericht 2000 - Tabelle 7.23

Juristische Personen: Eigenkapitalveränderung
1996/97: -78 DM/ha
1997/98: -8 DM/ha
1998/99: -40 DM/ha

Verluste:

1996/97: -80 DM/ha
1997/98: -26 DM/ha
1998/99: -67 DM/ha

Kennzahlen des Freistaats Thüringen

Juristische Personen:
Wirtschaftsjahr 1998/99, ordentliches Ergebnis, S. 13, Gruppe 1
Eigenkapitalrentabilität: -0.8 %
Eigenkapitalveränderung: -34 DM/ha

Agrarbericht 2001, Wirtschaftsjahr 1999/2000, Tabelle 7.5

Juristische Personen: Eigenkapitalveränderung: -49 DM/ha
Eigenkapitalzunahme bei den Haupterwerbsbetrieben und GbR: + 153 bzw. +200 DM/ha Tabelle 7.22
Eigenkapitalveränderung in DM/ha: Juristische Personen:
1997/98: -15 DM/ha
1998/99: - 47 DM/ha
1999/2000: +3 DM/ha

Bei den Haupterwerbsbetrieben dagegen jeweils ein Plus von rund 200 DM/ha Tabelle 7.20 und 7.21.

Agrarbericht 2002

Juristische Personen: ordentliches Ergebnis
Tabelle 7.6.5: -32,00 DM/ha
Tabelle 7.12: -8,00 DM/ha
4. Sachsen-Anhalt:

Agrarbericht 1996, Tabelle 3:

Betriebsergebnisse des Wirtschaftsjahres 1994/95
Verlust bei den juristischen Personen: -41 DM/ha
Bei den Einzelunternehmen bzw. GbR: +414 bzw. +485 DM/ha Gewinn.

Agrarbericht 1999, Tabelle 36:

Gewinn in DM/ha:
bei Haupterwerb und GbR rund +550 DM/ha
bei den juristischen Personen +157 DM/ha

Agrarbericht 2001, Tabelle 19:

Gewinn in DM/ha:
bei den juristischen Personen:
bei den Marktfruchtbaubetrieben +127 DM/ha
bei den Futterbaubetrieben: -37 DM/ha Verlust.

Private Bauern: +500,00 DM/ha bis +700,00 DM/ha Gewinn

Unternehmensverlust in DM/ha
bei den juristischen Personen: Minus/Verlust -81 DM/ha (Kennziffer 9051)
(Durchschnitt der juristischen Personen)

5. Situationsberichte des Deutschen Bauernverbandes

Die Situationsberichte des Deutschen Bauernverbandes bestätigen die negative Entwicklung der juristischen Personen/Agrargenossenschaften. So zum Beispiel im Situationsbericht 1999, Kennzahlen der Agrargenossenschaften, S. 334, Abnahme der Bilanzsumme, Abnahme des Eigenkapitals, Umsatzrentabilität: -0,4.
2000, S. 238 Bilanzsumme -0,3%
2001, S. 246 Eigenkapital -0,1%

6. Bericht der Bayerischen Jungbauernschaft e. V

Ebenso bestätigt der Bericht zur Situation der Landwirtschaft des Buchführungsdienstes der bayerischen Jungbauernschaft e. V. zum Beispiel für die Agrargenossenschaften im Bericht 2000 der Wirtschaftsjahre 1997/98 und 1998/99, S. 31, bei den Agrargenossenschaften eine Abnahme der Bilanzsumme von 0,3%.
Die Arbeitsrentabilität lag bei -12,5%

Bruttoinvestitionen haben um 26,2%, Nettoinvestitionen um 68,6% im Vergleich zum Vorjahr jeweils abgenommen.

7. Freistaat Sachsen

Agrarberichte 2000, Übersicht 2/43, S. 37

Juristische Personen, Marktfruchtbau im Wirtschaftsjahr 1999/2000
ordentliches Ergebnis: oberes Viertel +228 DM/ha
unteres Viertel -189 DM/ha

Eigenkapitalveränderungen:
beim unteren Viertel: -6.6% bzw. -67 DM/ha
beim oberen Viertel: +55,00 DM/ha

Bei den juristischen Personen und Futterbaubetrieben:

oberes und unteres Viertel, Übersicht 2/42, S. 36
ordentliches Ergebnis: 170 DM/ha bzw. -220 DM/ha

Eigenkapitalrentabilität 4,5% bzw. -6,6%

Agrarbericht 2001, Übersicht 1/23:

Vergleich der Unternehmen nach Rechtsform:
ordentliches Ergebnis bei den Einzelunternehmen und Personengesellschaften 1998/1999, 1999/2000 und 2000/2001, jeweils rund +400 bis +500 DM/ha. Bei den juristischen Personen dagegen ein Minus von -27 DM/ha bis +62 DM/ha

8. Agrarbericht der Bundesregierung 2001, Tabelle 29:

Jahresüberschuß/Gewinn in DM/ha:
Juristische Personen: 31 DM/ha
Private Bauern und Personengesellschaften: 900 bis 1.100 DM/ha
Entsprechend zeigt auch die Eigenkapitalentwicklung bei den juristischen Personen Stagnation bzw. abnehmende Tendenz, wobei jeweils noch zu berücksichtigen ist, inwieweit Altschuldenentlastung im Eigenkapital ausgewiesen ist.

In der ganz überwiegenden Mehrzahl der Fälle kann von einer positiven Entwicklung der LPG-Unternehmen nicht die Rede sein.

9. Die privaten Bauern

Und wenn auch die privaten Bauern nicht immer nur positive Ergebnisse ausweisen, ist dabei festzustellen, daß diese ihren Gewinn nicht als Lohn entnehmen, sondern bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen in aller Regel die Privatentnahmen auch entsprechend einschränken.

Fazit:

Sicher dokumentieren die Agrarberichte, daß:

a) die juristischen Personen die Betriebskonzepte nicht einhalten und daher die Voraussetzung zur langfristigen Landpacht von der BVVG nicht erfüllt sind.

b) Der Erlaß von Altschulden zu einer nicht vertretbaren Wettbewerbsverzerrung gegenüber den privaten Bauern führt. Eine abgezinste Teiltilgung kommt dabei einem Teilerlaß gleich. Die bisherigen Betriebsergebnisse und Nichteinhaltung der Betriebskonzepte dokumentieren, daß auch die künftige Altschuldenregelung in aller Regel nicht zum tragen kommen kann, da die Mehrzahl der LPG-Unternehmen nicht sanierungsfähig sind.

c) Aufgrund der Tatsache, daß in vielen Fällen im Bilanzeigenkapital auch die Altschulden mit erfaßt sind und die Unternehmen folglich auch 12 Jahre nach Beginn der Altschuldenentlastung keine gesunde Entwicklung genommen haben, eine weitere Entlastung nicht in Betracht kommen kann, sondern nur eine Auflösung der Unternehmen, die eigentlich schon 1991 hätte durchgeführt werden müssen. Einen weiteren wettbewerbsverzerrenden Vorteil haben die LPG-Unternehmen dadurch, dass sie den Boden - Funktionsfläche - zu ihren Gebäuden noch mehrere Jahre kostenlos genutzt haben und dann zum großen Teil zum halben Preis (Kaufpreisteilung - SachBerG) erwerben konnten - siehe hierzu auch Kapitel 15.

d) In der Mehrzahl der LPG-Unternehmen aufgrund der fehlenden positiven Geschäftsentwicklung die Voraussetzung für Investitionen, Gewährung von Fördermitteln und Landesbürgschaften nicht erfüllt sind, da der Kapitaldienst nicht erbracht werden kann.

In nicht wenigen Fällen haben LPG-Unternehmen in den zurückliegenden Jahren Bilanzaktiva/Substanz verkauft, um liquide Mittel zu beschaffen und so - trotz jährlicher Millionen Fördermittel aus den öffentlichen Kassen - zu überleben, von der Substanz zu zehren.

e) Aufgrund der bisher nicht korrekt durchgeführten Vermögensauseinandersetzung nach LwAnpG von den LPG-Unternehmen ein erheblicher Teil der fremden, den Mitgliedern zustehenden Vermögensansprüche unverändert als Eigenkapital ausgewiesen ist, daß von den Unternehmen im Laufe der Jahre verbraucht wurde und weiterhin verbraucht und von den Banken als Sicherheit in Anspruch genommen wird. Die Banken verstoßen gegen Treu und Glauben - Art. 2(1), § 242 BGB -, wenn sie das den LPG-Mitgliedern gehörende, nach LwAnpG nicht personifizierte und nicht ausgezahlte Vermögen der LPG-Bauern als Eigenkapitalsicherheit beanspruchen.

f) Nach § 44 (1) LwAnpG ist den LPG-Unternehmen nur 10% des LPG-Vermögens als Eigenkapital zuzurechnen - zuzüglich Geschäftsguthaben/KG-Anteil, GmbH-Anteil, Aktienwert der nicht aus der LPG ausgeschiedenen und im neuen Unternehmen verbliebenen Mitglieder/Gesellschafter mit ihrem dortigen Anteil. Ansprüche nach § 36, 44, 28 (2) und 51a LwAnpG sind im neuen Unternehmen Fremdkapital. Da die neuen Unternehmen ab 1992 - bis auf ganz wenige Ausnahmen - kein Eigenkapital gebildet, sondern solches vielmehr durch Verlustabdeckung verbraucht haben, liegt das tatsächliche Eigenkapital der neuen Unternehmen heute im Durchschnitt bei Null - Beleihungsgrenze = Null!

g) Schließlich ist darauf hinzuweisen, daß die Agrarunternehmen bei Fördermitteln und Zuschüssen aus öffentlichen Kassen von jährlich 600 bis 800 DM/ha in den zurückliegenden Jahren etwa 80% ihrer Personalkosten damit decken konnten. Welcher private, ehrlich finanzierte Unternehmen bekommt auf Dauer Fördermittel in einem solchen Umfang und zeigt dennoch keine positive Entwicklung? Das von den Unternehmen in den Agrarberichten ausgewiesene Eigenkapital besteht in der Regel aus Altschulden und Ansprüchen der LPG-Bauern nach LwAnpG - sowie noch zu einem geringen Teil Geschäftsguthaben, soweit dieser ursprüngliche Eigenkapital-Anteil nicht inzwischen durch Verluste aufgebraucht ist.

Nach Feststellungen der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Jena haben die LPG-Unternehmen 27% der Ansprüche der LPG-Bauern nach LwAnpG erfüllt. Unter Berücksichtigung der stillen Reserven/Rückstellungen und §§ 17, 36 DMBilG wären es wohl nur 15% bis 20%. Rund 80% des von den LPG-Unternehmen ausgewiesenen Eigenkapitals war daher ab 1992 eine Schuld an die LPG-Mitglieder. Siehe hierzu auch Kapitel 3.3 und 2.3

Abschließend sei darauf hingewiesen, dass die Auswertung und Vergleichbarkeit der Agrarberichte auch für den Experten ein reichlich aufwendiges und kaum nachvollziehbares Unterfangen ist, da die Agrarberichte in ihrer Darstellung - auch der Zahlenergebnisse - über mehrere Jahre regelmäßig wechselt und zudem von Bundesland zu Bundesland und Agrarbericht der Bundesregierung sowie Situationsbericht des DBV (und Buchführungs-Berichtsergebnisse der Bayerischen Jungbauernschaft) zum Teil erhebliche Differenzen aufweisen.

Gelegentlich kann man sich schon des Eindrucks nicht erwehren, dass die Darstellung klare Erkenntnisse über die Buchführungsergebnisse der juristischen Personen der Ost-Landwirtschaft verhindern soll.

6.25 Jede Rechtsform ist brauchbar
7. Agrarberichte, Agrarstruktur
7.2 Auszug aus der Strukturanalyse des Landvolkverbandes Sachsen-Anhalt