6.17 Die Vorschläge zur GAP
6. Förderrichtlinien
6.19 Wo kürzen, um die Direktzahlungen gerecht zu verteilen
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6.18 Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) und Gerechtigkeit

 Intensiv wird zurzeit über die Neuausrichtung der GAP diskutiert. Agrarminister und Fachpresse halten sich oft erstaunlich zurück. Einige Kernfragen werden zudem wenig beachtet:

  1. Erstens ist davon auszugehen, dass künftig an die Bauern in der Bundesrepublik weniger finanzielle Mittel aus der EU nach der GAP fließen werden, da die dazugekommenen neuen EU-Mitgliedsländer und ihre Landwirte künftig entsprechend am Gesamtagrarhaushalt der EU partizipieren werden.
  2. Für die Agrarpolitik der Bundesrepublik kommt es nun darauf an, wie diese geringeren Mittel verteilt werden, wo in welchem Umfang gekürzt werden soll. Dazu ist es wichtig, die Struktur der gegenwärtigen Direktzahlungsmittel etwas genauer zu analysieren. Dabei wird man einige Ungerechtigkeiten feststellen, die so nicht aufrecht erhalten werden können.
  3. Da bekommt der 1.000-ha-Ackerbaubetrieb - ohne Viehhaltung - mit 3 Arbeitskräften rund 300.000 EUR, je Arbeitskraft also 100.000 EUR pro Jahr.

    Da erhält der im Haupterwerb gut verdienende Nebenerwerbslandwirt bei 100 ha reinem Ackerbau mehr als 30.000 EUR pro Jahr, unabhängig davon, ob dieser Nebenerwerbslandwirt im Haupterwerb z. B. EU-Abgeordneter, Bundestags- bzw. Landtagsabgeordneter oder gut verdienender Bankangestellter ist. Einen Bedarfsnachweis, etwa wie bei Hartz-IV mit Bedarfsgemeinschaft gibt es nicht.
  4. Da erhält eine 3.000-ha-Kapitalgesellschaft mit 500 Kühen und 35 Arbeitskräften rund
    1 Mio. EUR Direktzahlungen pro Jahr, mehr als 28.000 EUR je Arbeitskraft/Jahr.
  1. Der 100-ha-Familienbetrieb mit 80 Kühen und 4 Familienarbeitskräften erhält rd. 30.000 EUR, pro Arbeitskraft also 10.000 EUR pro Jahr.

Wo bleiben da unsere Familienbetriebe im Vergleich zu den Kapitalgesellschaften (eingetragene Genossenschaften, GmbHs, Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften)? Und letztere bewirtschaften im Beitrittsgebiet, der ehemaligen DDR, noch etwa 50 % der landwirtschaftlichen Fläche - bei stark zurückgegangenem und weiter rückläufigem Viehbestand.

Die vom Agrarkommissar Ciolos angestrebte Obergrenze von 300.000 EUR ist sicher noch reichlich bemessen, denn sie würde ja z. B. den hier oben genannten 1.000-ha-Betrieb noch gar nicht berühren. Eine Obergrenze von 150.000 EUR wäre sicher vertretbar. Schließlich müsste es ohne Milchviehhaltung eine Obergrenze pro Arbeitskraft von 15.000 EUR/Jahr bis max. 20.000 EUR/Jahr geben. Welcher Familienbetrieb bekommt denn schon 50.000 EUR oder mehr pro Jahr.
Dabei sind mehrere Betriebe bei einer Obergrenze als Einheit zu betrachten, wenn diese wirtschaftlich oder/und personell verbunden sind oder einen Kapitalgeber haben. Vor allem wären auch Fördermittel anderer, aller Subventionsprogramme zu berücksichtigen, auch die Säule II.  Bei Hartz IV Empfängern gilt schließlich die Bedarfsgemeinschaft (Familie).

Außerdem müsste, um der Gerechtigkeit zum Durchbruch zu verhelfen, ein Bedarfsnachweis eingeführt werden, denn nicht nur im Haupterwerb gut verdienende Nebenerwerbsbetriebe könnten ein Problem bleiben, sondern auch große Betriebe mit reichlich Sonnenenergie, Windenergie oder ähnlichen, gewerblichen Einkünften können, nach den Haushaltsordnungen der Länder, des Bundes und der EU, Steuermittel nicht erhalten, denn nach den Haushaltsordnungen ist mit Steuergeldern sparsam, d. h. verantwortungsbewusst, umzugehen.

Eine Beibehaltung der jetzigen Regelung, allein auf der Grundlage der Fläche, wie von den Ostländern gefordert, wäre reichlich ungerecht und würde auch nach 2013 weiterhin zu heftigen Diskussionen und möglicherweise auch zu nicht absehbaren Konsequenzen führen. Beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte würde eine solche Regelung sicher nicht standhalten können. Der Europäische Rechnungshof hat sich schon kritisch geäußert.

Bei solchen Obergrenzen von 150.000 EUR/Betrieb (Betriebsgruppenkapitaleigner), 20.000 EUR/AK und Bedarfsnachweis - Grenze 45.000 EUR/AK (Einkommen) wäre es möglich, dass die Familienbetriebe in Ost und West keine weiteren Kürzungen ab 2014 hinnehmen müssten. Andernfalls ist die zu befürchtende Kürzung nicht absehbar.

Die gleichen Überlegungen gelten im Übrigen auch bezüglich der Mittel aus der sog.
zweiten Säule und aller andern Förderprogramme.

6.17 Die Vorschläge zur GAP
6. Förderrichtlinien
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