2.3 Eigenkapital und Gläubigerschutz als Schlüsselstellung im Handelsrecht:
3. Urteile/Beschlüsse
3.2 Kein Rechtsmittel gegen prozeßleitende Verfügungen/Aussetzung des Verfahrens möglich
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3.1 Amtsermittlungsgrundsatz/freiwillige Gerichtsbarkeit/Aufklärungs- und Hinweispflicht - Fürsorgepflicht des Staates gegenüber den sozial Schwächeren

Amtsermittlungsgrundsatz: Das Landwirtschaftsgericht hat die Aufklärung des Sachverhaltes im Rahmen der Amtsermittlungspflicht durchzuführen:

Zu den vorgetragenen Zahlen und Bezifferungen durch den Antragsteller und der Erwiderung der Antragsgegnerin hat das Gericht zu verhandeln und Beweis zu erheben. Ein Verkündungstermin einer Entscheidung zur Beweiserhebung oder über die Hauptsache ist unter Hinweis auf ggf. weiteren erforderlichen Vortrag - welche Unterlagen noch vorgelegt werden sollen und was im Einzelnen nach den Vorträgen der Parteien streitig ist.

Insoweit obliegt dem Gericht auch eine Hinweis- und Aufklärungspflicht. Es kann auch erwartet werden, daß das Gericht einen Hinweisbeschluß erläßt. Die Hinweis- und Aufklärungspflicht kann das Gericht nur wahrnehmen, wenn es das Vorbringen der Parteien zur Kenntnis nimmt und rechtliches Gehör im Rahmen der mündlichen Verhandlung gewährt. Entscheidungserhebliches Vorbringen ist zu protokollieren, da andernfalls nicht überprüfbar - auch nicht in der weiteren Instanz.

Das Prozeßgrundrecht nach Artikel 103 Abs. 1 GG besagt, daß das entscheidende Gericht durch die mit dem Verfahren befaßten - auch ehrenamtlichen - Richter alle der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung dienenden Ausführungen der Prozeßbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen müssen. (BVerfGE 11, 220; 83, 35; FamRZ 1998, 606). Nach OLG Hamm (JMBINRW 1958, 7) folgt das auch aus dem Verhandlungsgrundsatz des § 128 ZPO. Der Grundgedanke der §§ 139, 278 Abs. 2 ZPO geht dahin, daß eine bestimmte Entscheidung nicht bewußt deshalb ergehen darf, weil eine Behauptung von einer Partei nicht aufgestellt oder ein Beweismittel dafür nicht benannt worden ist. Die Parteien dürfen darauf vertrauen, daß das Gericht danach fragt (OLG Köln JurBüro 1969, 645). Die Parteien dürfen davon ausgehen, daß ihnen nach einem konkreten Hinweis in der mündlichen Verhandlung auf einen rechtlichen Gesichtspunkt auch Gelegenheit gegeben wird, ihr Vorbringen schriftlich zu ergänzen (OLG Köln NJW-RR 1995, 890).

Ergeben sich im Laufe des Rechtsstreits Änderungen der Prozeßlage, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung führen, dann müssen Anträge angeregt werden, die dieser Rechtslage angepasst sind, bevor entschieden werden darf (BayOblG BayOblGZ 1950/51 Nr. 33).

Auch auf offensichtlich unrichtige Rechtsansichten einer Partei die dazu führen, daß sie ihren Tatsachenvortrag beschränkt, muß zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung hingewiesen werden (OLG Düsseldorf DRiZ 1974, 327).

Grundsätzlich widerspricht es den Erfordernissen eines rechtsstaatlichen Verfahrens, wenn eine Partei erst in der abschließenden Entscheidung mit Erwägungen überrascht wird, denen sie bei rechtzeitigem Hinweis leicht durch neues Vorbringen oder durch eine andere Fassung ihres Antrages hätte begegnen können (BGHZ 3, 213); OLG Hamm MDR 1970, 148). Werden solche Aufklärungs- und Hinweisfehler von einer Partei nach der Schlußverhandlung gerügt, dann ist das Gericht verpflichtet, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen (OLG Köln, MDR 1980, 674 = OLGZ 1980, 356; MDR 1983, 760 = ZIP 1983, 869).

Als Grundsatz gilt, daß kein Urteil auf mangelnde Schlüssigkeit der Klage gestützt werden darf, wenn das Gericht nicht sofort darauf hingewiesen und der Partei Gelegenheit gegeben hat, sich dazu schriftlich zu äußern (OLG München; OLGZ 1979, 355). Die übliche Floskel, "eine Partei habe weder substantiiert dargelegt noch unter Beweis gestellt", indiziert ein Verfahrensmangel (BGH MDR 1993, 469). Ergänzt die Partei ihren Vortrag, hält das Gericht ihn aber immer noch nicht für genügend präzisiert, dann muß es darauf erneut hinweisen (OLG München, NJW-RR 1997, 1425).

Wird eine Klage im Urteil als unschlüssig oder die Rechtsverteidigung als unerheblich bewertet und darauf im Berufungsverfahren ergänzend vorgetragen, dann ist es immer ein Anzeichen dafür, daß das Gericht seiner Hinweispflicht nicht nachgekommen ist. Andernfalls hätte der Berufungsführer dann das neue Vorbringen auf Anregung des Gerichtes schon in I. Instanz gebracht. Soweit in einem Verfahren die Aufklärung des Sachverhaltes gemäß § 12 FGG der Amtsermittlung unterliegt, muß das Gericht, um seiner Amtsermittlungspflicht nachzukommen, den Parteien entsprechende Hinweise schriftlich zu erteilen und Gelegenheit - auch zum schriftlichen Vortrag hierzu zu geben.

1.

BLw 44/92 vom 09.06.1993

 

2.

BLw 3/99 vom 26.10.1999

 

3.

Landgericht Itzehoe 6 O 523/97 vom 04.05.1998 Pflichtverletzung - hinweisende Aufklärungspflicht

 

4.

BLw 20/92 vom 04.12.92
Abfindungsvoraussetzungen


/ A 3/93

5.

BLw 19/92 vom 04.12.92 FGG
Amtsermittlung


/ A 3/93

6.

BLw 23/92 vom 04.12.92
Ermittlung von Amts wegen


/ A 3/93

7.

BLw 53/92 vom 24.11.93
Inhalt und Umfang der Amtsermittlung


/ A 3/94

8.

BLw 57/93 vom 24.11.93
wirksame Vereinbarung - Vertrag tatsächlicher Wille - Verzicht nach vertragliches Verhalten



/ A 4/94

2.3 Eigenkapital und Gläubigerschutz als Schlüsselstellung im Handelsrecht:
3. Urteile/Beschlüsse
3.2 Kein Rechtsmittel gegen prozeßleitende Verfügungen/Aussetzung des Verfahrens möglich