2.1 Welche Bewertungsmethode ist richtig?
2. Gutachten
2.3 Eigenkapital und Gläubigerschutz als Schlüsselstellung im Handelsrecht:
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2.2 Was ist ein Gutachten wert?

Ein Sachverständiger hat keinen Anspruch auf Vergütung/Honorar, wenn sein Gutachten Mängel aufweist und daher ohne Nutzen ist - bei Gericht nicht verwendet werden kann.- Verstoß gegen Artikel 20 (3) GG analog - Dies kann auch für sogenannte Parteigutachten gelten.Im übrigen hat der BGH u. a. in seinen Beschlüssen BLw 28/95 vom 8.12.1995, BLw 16/98 vom 23.10.1998 und BLw 17/97 vom 8.5.19998 dargestellt, wie zu bewerten ist, was das Gericht/der Tatrichter und der Sachverständige bei der Erstellung eines Gutachtens zu beachten haben. (Dok. II, S. 15 ff., 79 ff., 114 ff., 302 ff.)

Landgericht Freiburg - 1. Zivilkammer - BESCHLUSS vom 31.05.1999 1 0 265/97 Rechtsstreicht

 

wegen Forderung wird von Amts wegen gemäß § 16 ZSEG die dem Sachverständigen Dipl.-Ing. ... zu gewährende Entschädigung auf

2.411,80 DM

 

festgesetzt.

Zugleich wird die Rückzahlung des überzahlten Betrages von DM 4.823,50 angeordnet.

Gründe:

1.

Der Sachverständige ... ist durch Beschluß des erkennenden Gerichts vom 22.08.1997/14.10.1997 (As. 91/105) beauftragt worden, ein Gutachten darüber zu erstatten, ob die von der Klägerin in den mit Anlagenkonvolut K 1 vorgelegten Rechnungen abgerechneten Vergütungen für die Absicherung des Grundstücks des Beklagten in L... ortsüblich, zumindest aber angemessen waren.

Der Sachverständige überreichte mit Anschreiben vom 08.05.1998 ein 42-seitiges Gutachten nebst Anlagen. Hierin findet sich inhaltlich eine Überprüfung der Kalkulationsgrundlagen der Klägerin im Hinblick auf die streitgegenständlichen Leistungen. Dabei ermittelt der sachverständige die Kalkulationsgrundlagen für die Überprüfung der Verrechnungs-Einheitspreise (Bl. 8 ff. des Gutachtens), die Einzelkosten der Teilleistungen (Bl. 11 ff. d. G.), die Verrechnungspreise unter Zugrundelegung von Lagerhaltungskosten in Höhe von 20 % (Bl. 21 ff. d. G.) und letztlich die neuaufzustellenden Rechnungen der Klägerin vom 01.05.1995 bis 27.11.1996 (Bl. 23 ff. d. G.) und kommt abschließend zu der Bewertung, daß aufgrund der beklagtenseits erfolgten Zahlungen die Leistungen der Klägerin vom 14.08.1994 bis 30.04.1995 bezahlt wurden und für den Zeitraum vom 01.05.1995 bis 27.11.1996 ein mittlerer Tagesverrechnungspreis von DM 18,70 "testiert" werden können. Weiter wird zusammenfassend angeführt, daß für den offenstehenden Abrechnungszeitraum vom 01.05.1995 bis 27.11.1996 insgesamt DM 10.811,01 als berechtigte Forderung festzustellen sei.

Dem Sachverständigen wurde die angeforderte Entschädigung i. H. v. DM 7.235,30 vollständig ausbezahlt.

Dem Sachverständigen war im Rahmen des Festsetzungsverfahrens nach § 16 ZSEG nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 3 ZSEG die beantragte Entschädigung auf ein Drittel zu kürzen, weil sein Gutachten für die Entscheidung des Rechtsstreits unbrauchbar war und dies der Sachverständige auch zu vertreten hat. In Rechtsprechung und Schrifttum ist anerkannt, daß einem Sachverständigen die Entschädigung verweigert oder gekürzt werden kann, wenn das Gutachten aufgrund besonderer, vom Sachverständigen zu vertretenden Umstände inhaltliche oder formale Mängel aufweist und deshalb für die Entscheidung des Rechtsstreits ohne Nutzen ist (OLG Düsseldorf in JurBüro 1996, 323 ff. mwN).

Im vorliegenden Fall war bei der - durchaus häufigen - Fragestellung nach der Ortsüblichkeit oder Angemessenheit einer Vergütung nicht auf die betriebsinterne Kostenstruktur der Klägerin abzustellen, sondern mangels eines Bestimmungsrechts des Auftragnehmers nach §§ 315, 316 BGB darauf, welche Preise/Vergütungen bei den beteiligten Verkehrskreisen allgemein als üblich angesehen werden (vgl. Palandt, BGB, 56. Aufl., Rz. 7 ff. zu § 632). Zur Feststellung der üblichen Vergütung hätte sich angeboten, Preiserhebungen bei vergleichbaren Betrieben vorzunehmen, um objektivierbare Befunde für den üblichen Preis bzw. Preisrahmen zu ermitteln. Die Bewertung des ortsüblichen Preises allein anhand der Kalkulationsgrundlagen der Klägerin verfehlte das gestellte Beweisthema. Soweit der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 07.03.1999 vorträgt, der Umfang der klägerischen Leistungen sei unklar gewesen, ist er darauf hinzuweisen, daß ihm nicht aufgegeben war, diesbezüglich eine Klärung herbeizuführen. Er konnte sich darauf beschränken - ggfs. alternativ - die jeweils ortsüblichen, hilfsweise die angemessenen Preise darzustellen.

Wenn der Sachverständige darauf verweist, er hätte bei einer Einholung von Vergleichsangeboten bei Konkurrenzfirmen der Klägerin nur "Scheinangebote mit nicht relevanten ortsüblichen und nicht angemessenen Preisen" erhalten, so muß er sich fragen lassen, woher diese Erfahrung rührt. Nachdem er offensichtlich nicht einmal versucht hat, entsprechende Angebote einzuholen, verbleibt seine Argumentation im Bereich der Mutmaßung. Entsprechende Hinweise wurde vom Sachverständigen im Rahmen der Bearbeitungszeit weder an Gericht noch an Parteien gegeben. Auch die weiteren Ausführungen des Sachverständigen, z. B. der Verweis auf eine ,"direkte Monopolstellung" der Klägerin, gehen an der Sache vorbei.

Konkret hat es der Sachverständige unterlassen, sich einen Überblick über die ortsüblich angesetzten Preise zu verschaffen, er hat vielmehr an die Stelle eines Preisvergleichs eine eigene, nicht veranlaßte Kostenkalkulation gesetzt und daraus die seines Erachtens angemessenen Preise abgeleitet. Diese Überlegung hätten aber angesichts des Beweisthemas allenfalls Kontrollfunktion haben dürfen, die Feststellung der ortsüblichen Vergütung ermöglichte sie nicht.

Diese fehlerhaften Feststellungen sind Folge eines grob fahrlässigen Verhaltens des Sachverständigen. Schon aus der gestellten Beweisfrage selbst ergibt sich ein eindeutiger Hinweis darauf, daß die angesetzte Vergütung der Klägerin ins Verhältnis zu setzen war zu den üblicherweise in Leipzig für derartige Leistungen verlangten Preise, hierzu bedurfte es keines Blickes in eine Kommentierung.

Daß eine gutachterliche Ermittlung einer ortsüblichen Vergütung, die sich allein auf eine Überprüfung der klägerischen Kostenkalkulation beschränkt, diese Beweisfrage nicht beantwortet, liegt auf der Hand und war auch für den Sachverständigen klar erkennbar. Indem sich der Sachverständige darüber hinweggesetzt hat, hat er grob fahrlässig gehandelt. Letztlich wird dies vom Sachverständigen in seiner Stellungnahme vom 07.03.1999 auch mit den Worten eingeräumt: "Es ist richtig, daß der Sachverständige den Beweisbeschlußpunkt-Nr. 1 ... über die Ortsüblichkeit, zumindest der Angemessenheit der beantragten Vergütung, nicht über den Begriff Ortsüblichkeit direkt behandelt hat, weil diese wegen der ... (es folgen Ausführungen zu Fragen des Leistungsumfang) .

Den Sachverständigen entschuldigt auch nicht sein Hinweis auf das zur Kenntnis des Gerichts gegebene Schreiben an die Parteien vom 17.02.1997, da sich hieraus nicht ergibt, daß der Sachverständige bei der Beantwortung der Beweisfrage allein auf die Kalkulationsgrundlagen der Klägerin abstellen würde.

Abgesehen davon hat der Sachverständige in seinem Gutachten unzulässigerweise rechtliche Bewertungen getroffen, wenn er die Reichweite von Erfüllungshandlungen des Beklagten bestimmt und in der Folge bestimmte Rechnungskomplexe als erledigt ansieht. Die Sachverständigenentschädigung war daher auf DM 2.411,80 (Aufrundung gemäß § 12 ZSEG) zu kürzen. Ein vollständiger Ausschluß des Entschädigungsanspruches war nicht auszusprechen, weil die sachverständigerseits angestellten Erhebungen und Feststellungen als Kontrollüberlegungen - wenn auch in weit geringerem Umfang - sachdienlich hätten sein können und insoweit auch Einfluß auf die letztlich erfolgreichen Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien genommen haben.

3.

2.1 Welche Bewertungsmethode ist richtig?
2. Gutachten
2.3 Eigenkapital und Gläubigerschutz als Schlüsselstellung im Handelsrecht: