12.2 Ohne Transparenz kein Rechtsstaat
12. Verfassungsrecht
12.4 Unrecht - eine Form der Gerechtigkeit
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12.3 Formen und Folgen der Fortsetzung vom kommunistischen Unrecht

(siehe auch Kapitel 1.15 - Erfolgsmeldungen ...)

Nach dem Ende des 2. Weltkrieges wurden von 1945 bis 1949 in der sowjetisch besetzen Zone (SBZ) viele tausende landwirtschaftliche Betriebe enteignet. Dabei ging es zunächst um Betriebe über 100 ha landwirtschaftlicher Fläche, unabhängig davon, ob der Eigentümer NSDAP-Mitglied oder anderweitig als nationalsozialistischer Systemträger zu identifizieren oder ein Gegner dieses Naziunrechtsdiktatursystems war. 

Ferner wurden auf der Grundlage des sowjetischen Militärbefehls auch noch bis 1953 zahlreiche kleinere landwirtschaftliche Betriebe enteignet und ihre Eigentümer verhaftet, sofern sie sich nicht rechtzeitig in den Westen absetzen konnten.  Ortsbauernführer, Kreisbauernführer und andere NS-Täter und Mitläufer des NS-Systems blieben davon nicht verschont. Aber auch viele Gegner jeder Diktatur, der NS-Diktatur und nun der kommunistischen Diktatur wurden verleumdet, denunziert, enteignet. 

In der DDR wurde Bauern das Eigentum entzogen, wenn sie zum Beispiel ihr Ablieferungssoll nicht erfüllen konnten oder Hausschlachtungen ohne Genehmigung vollzogen hatten. Auch bei Ausreiseanträgen auf der Grundlage der KSZE Schlussakte von Helsinki mussten Ausreisewillige ihr Eigentum in der DDR neuen Eigentümern, oft auch der Gemeinde, der Stadt, dem Kreis, übergeben. Bei Flucht in den Westen, was vor allem in 1960/61 aufgrund der Zwangskollektivierung viel tausendfach festzustellen war, wurde der Bauernhof ebenso Volkseigentum.  

Viele hunderttausendfach gingen dabei auch die Unternehmer der DDR verloren, zumal neben der Landwirtschaft von dieser Entwicklung auch das Handwerk, der Mittelstand und gewerbliche Großbetriebe und ihre Unternehmer betroffen waren. 

Rund 3 Millionen Menschen haben ab Frühjahr 1945 bis zum Bau der Berliner Mauer und der Abriegelung der innerdeutschen Grenze im Herbst 1961 die Ostländer, das heutige Beitrittsgebiet, verlassen.  

Ab 1989/90 bestand die Hoffnung, dass diese Eigentumsrechtsverletzung der UdSSR und der DDR soweit wie möglich rückgängig gemacht wird, die Unternehmer und ihre Erben zum Großteil in ihrer einstigen Heimat wieder aktiv tätig werden, investieren und den Wiederaufbau weitgehend, auch mit Hilfe diverser staatlicher Hilfen, auf den Weg bringen. Doch nichts von dem wurde Realität.  Das enteignete oder anderweitig entzogene Eigentum wurde zum größten Teil nicht, und wenn, dann mit unbegreiflich großer zeitlicher Verzögerung und in einem bedauernswerten, oft erbärmlichen Zustand, zurückgegeben. Der Zustand war oft so verheerend, dass die früheren Eigentümer auf die Rückübertragung verzichtet haben, zumal der Staat bei Eigentumsrückübertragung möglichen gezahlten Lastenausgleich nebst Zinsen von Bundesbürgern zurückgefordert hat. 

Die weitgehende Aufrechterhaltung der Eigentumsrechtsverletzung aus den Jahren 1945 bis 1990 hat die meisten Unternehmer veranlasst, im Westen zu bleiben und die Ostverhältnisse sich selbst zu überlassen. Hinzu kommt, dass die Ost-West- Ostunternehmer in den meisten Fällen ab 1990 im Osten bei vielen DDR-Bürgern unerwünscht waren.  Die antikapitalistische DDR-Mentalität wirkt bis heute tief nach, soziale Marktwirtschaft - Leistungsgesellschaft - stößt weiter auf innere Ablehnung. 

Die soziale Marktwirtschaft und der Unternehmer werden zum Teil unverändert als Klassenfeind identifiziert. Das Umfeld ist weitgehend unverändert unternehmerfeindlich.  

Hinzu kommt der Umgang mit den Fördermitteln und dem gesamten Kapital West-Ost Transfer. Das es nie ganz ohne Fehlinvestitionen abgeht, ist nicht neu, aber hier hat eben auch die antikapitalistische und die oft anzutreffende Aufrechterhaltung der DDR-Mentalität zu tief greifenden Fehlentwicklungen geführt. Auch das noch immer weit verbreitete Leuchtturmdenken, Beispiel Spaßbäder, und ähnliche Verlustgeschäfte bleiben nicht ohne Folgen.  Dabei sind die Menschen weder dumm noch faul. Viele haben die Fehlentwicklung von Anfang an ab 1990 sicher erkannt und haben die Konsequenzen auf ihre Art gezogen.  So sind ab Mitte 1989 bis zur Gegenwart wieder nahezu 3 Millionen Menschen und mit ihnen viele tausende Unternehmertypen - aktive, ehrgeizige, zielorientierte, strategisch denkende, verantwortungsbewusste Menschen - in den freien Westen gegangen und sind inzwischen in praktisch allen westlichen, schon vor 1990 freien Ländern, anzutreffen.  

Das Heft hatten seit 1990 im Wesentlichen weiterhin die Altkader in der Hand und haben ihre Position seit Mitte der 90er Jahre auch wieder gefestigt. Sie waren es auch, die ab 1990 die ersten Kontakte zum Westmanagement, zu Westpolitikern und Verbandsfunktionären hatten. Diese Personen waren beeindruckt von dem Durchsetzungsvermögen und den internen Kenntnissen der betrieblichen und sonstigen Verhältnisse in der DDR.

Unternehmerische Menschen mit Vorstellungen von Westmentalität hatten dagegen schon vor 1990 keine Chancen, weder im landwirtschaftlichen Sektor - LPG, Rat des Kreises oder  - Bezirkes - noch im volkseigenen gewerblichen Sektor. Daran hat sich infolge der Fehleinschätzung durch viele Westpolitiker und das verantwortliche Westmanagement, das sich im Osten oft mit Altkadern geradezu verbrüdert hat, nichts geändert.

Angeblich hatte man niemand anders, dabei wurden diese frei, risiko- und verantwortungsbewusst, unternehmerisch denkenden DDR-Bürger von den Altkadern und ihren Anhängern - begünstigten Mitläufern - unverändert ausgegrenzt, so dass diesen nur den Weg in den freien Westen als Alternative blieb.  Daran hat sich bis heute nichts geändert.  Da ist es kein Wunder, wenn Fachkräfte fehlen. Auch die ziehen mit den Unternehmen. 

Der Bevölkerungsrückgang seit 1989 um nahezu 20 % hat dazu geführt, dass rund 2 Millionen Wohnungen leer stehen und auf den Abbruch warten. Daneben stehen gewerbliche Räume, Alt- und inzwischen auch Neubausubstanz in gleichen Umfang auf den Abbruchlisten.  

Sind seit 1990 jährlich viele Milliarden öffentliche Mittel West-Ost unter anderem in den Konsum geflossen, anstatt in nachhaltige rentable Arbeitsplätze zu investieren, wofür eben geordnete Eigentumsverhältnisse und Unternehmer erforderlich gewesen wären, sind nunmehr die anstehenden Abbruchkosten eine Kapitalvernichtungsangelegenheit, die keine rentablen nachhaltigen sicheren Arbeitsplätze schafft. Eine Kapitalwiedergewinnung (Amortisation) ist  nicht in Sicht. 

Auf dem Agrarsektor bringt die flächendeckende Fehlentwicklung den gesamten ländlichen Raum mit dem angrenzenden städtischen Sektor in Bedrängnis.  Die Entvölkerung und der Altbauleerstand ist mit allen finanziellen Folgen, auch für unsere Folgegeneration, nicht mehr wieder gut zu machen!

Vermögensämter und Wohnungsgesellschaften haben mit ihrer personellen Besetzung ebenfalls erheblich zu dieser Entwicklung beigetragen. 

Die gegenwärtige Diskussion um die notwendige Kürzung von EU-Direktzahlungen bei den größten Subventionsempfängern, die vorrangig die LPG-Kapitalgesellschaft treffen würde, ist daher schon reichlich unverantwortlich. Eine solche Kürzung sollte selbstverständlich sein.  Nur die konsequente Förderung der privaten Unternehmer - Bauern - auf allen Ebenen kann den ländlichen Raum und damit die Dörfer und die Heimat der dort lebenden Menschen noch zumindest zum Teil retten und nicht weiter entleeren und wüst fallen. 

Ergebnis: 

a)     Ungelöste bzw. falsch gelöste Eigentumsverhältnisse. 

b)     Abgewanderte Menschen, dabei auch viele Unternehmer.  

c)     Fehlinvestitionen, fehlendes Unternehmerkapital und Fördermittel aus öffentlichen Kassen konsumiert. 

d)     Leerstehende und abbruchreife Altbausubstanz in den Städten und Dörfern. 

e)     Weiterer Bevölkerungsrückgang um nahezu 1 % pro Jahr und damit auch Zunahme des Leerstands von Gebäude und Anlagen. 

f)     Unrentabler Kapitaleinsatz in Konsum und Altbauentsorgung sowie Altbausanierung. 

g)     Zu geringe Produktivität/Effizienz in den Betrieben/Dienstleistungen und Niedriglohn. 

h)     Leere öffentliche Kassen, Rückgang für Konsum verfügbarer Finanzen. 

i)     Personeller Altbestand und nostalgische Bindung an DDR-Mentalität. Wobei auch die nachwachsende Folgegeneration entsprechend geprägt ist. 

j)     Ausgrenzung und Abwanderung von Unternehmertypen. 

k)     Wie nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz wird im Bodenordnungsverfahren den Bodeneigentümern - Bauern - von den Ämtern nur der halbe Bodenwert zugebilligt, obgleich im Bodenordnungsverfahren nach Flurbereinigungsgesetz jede Rechtsgrundlage für den Halbteilungssatz fehlt. 

l)     Ohne Prüfung der Gesamtrechtsnachfolge werden in nicht wenigen Fällen Bodenordnungsverfahren zugunsten der LPG-Kapitalgesellschaften durchgeführt, obgleich die LPG-Gebäude eigentumsrechtlich bei der LPG i.L. geblieben sind.  

m)     Das Symptom Arbeitslosigkeit hat viele Ursachen. Die Fortsetzung des DDR-LPG-Unrechts, das Festhalten an der DDR-Mentalität und die Unternehmerfeindlichkeit sind hierfür Grundlagen. Die viel zu wenigen tatsächlichen Erfolgsmeldungen schaffen einen durchgreifenden, sich selbst tragenden Aufschwung nicht. 

n)     Seit 1991 jährliche Zahlung von Millionen DM/Euro an Fördermittel an LPG-Kapitalgesellschaften, ohne in den meisten Fällen die Fördervoraussetzungen gemäß Förderrichtlinien zu erfüllen. 

o)     Eigentumsordnente Flurbereinigungen wurden von den Ämtern trotz über hohen Personalbesatz nicht durchgeführt. Eine Agrarstruktur verbessernde Ordnung der Eigentumsfläche ist so unterblieben. 

p)     Politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklungen in Ost und West durch personelle Einflüsse und DDR-Mentalität in einer nun auch für diese Menschen freien Welt wird weiterhin nachhaltige Probleme, in bisher unabsehbarem Maße, zur Folge haben. Viele der in der DDR von Kinderhort an geprägten Menschen beurteilen diese auch ihre Situation oft recht abweichend, vielen Westbürgern ist diese Lage noch immer nicht bewusst. Die Mentalitäten der Menschen in Freiheit hier und kommunistische Diktatur dort, haben sich in 40 Jahren DDR, vorher 4 Jahre SBZ, tiefgreifend und nach nachhaltig auseinanderentwickelt. Eine aktive Information der Bürger der DDR über soziale Marktwirtschaft, freie demokratische Spielregeln des Zusammenlebens, Grundrechte und Verantwortungsbewusstsein im Rechtsstaat, so wie nach 1945 im Westen vor allem mit Hilfe des Marschallplans praktiziert wurde, wurde ab 1990 sträflich unterlassen. 

Ohne Anspruch auf Vollständigkeit sind dies die nachhaltigsten Probleme im Beitrittsgebiet, die ganz Deutschland und die EU langfristig zunehmend belasten werden, zumal in den übrigen (Ost-) EU Beitrittsländern der letzten Jahre die Probleme, wenn auch recht differenziert, so aber doch ähnlich liegen. 

Neu ist diese Entwicklung nicht. In meinen beiden Dokumentationen 

1.      „Einigkeit und Recht und Freiheit - auch für die deutsche Landwirtschaft“

2.      „Agrarpolitische Lage der (Ost) Landwirtschaft“ 

habe ich u. a. schon vor Jahren auf diese Fehlentwicklungen hingewiesen - Restbestand für  a) 10,00 € sind noch zu haben.  

12.2 Ohne Transparenz kein Rechtsstaat
12. Verfassungsrecht
12.4 Unrecht - eine Form der Gerechtigkeit