0.3.7 Rechtsgrundlagen der LPG-Umstrukturierung
0.3 Umwandlung/Liquidation/Rechtsnachfolge
0.5.1 Zum Beginn und Ablauf der 10-jährigen Verjährungsfrist nach § 3b LwAnpG. Wann verjähren die Vermögensansprüche nach LwAnpG?
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0.3.8 Handlungsbedarf aufgrund gescheiterter LPG-Umwandlung

Die Tatsache, dass ein nicht geringer Teil der seit 1991/92 neuen, am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden sogenannten LPG-Nachfolgeunternehmen keine wirksam entstandenen juristischen Personen i. S. LwAnpG sind, beunruhigt zunehmend [1].

 

Dies war offensichtlich auch allen Teilnehmern an der im April dieses Jahres in Dresden stattgefundenen Vortragsveranstaltung anlässlich der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht bewusst. Treten hier doch Betriebe am Markt auf, investieren, beantragen Zusammenführung von Gebäude und Grund und Boden, beanspruchen Darlehen und Fördermittel, nehmen am Flächenerwerb und der Altschuldenregelung teil, die als Scheingesellschaften trotz Registereintragung rechtlich nie entstanden sind oder durch Eintragung ins Handelsregister/Genossenschaftsregister zwar entstanden, aber als Neugründung ohne Vermögensübergang im Rahmen der fehlgeschlagenen Umwandlung und daher von Anfang an vermögenslos waren.

Sie alle hätten nie in das Handelsregister eingetragen werden dürfen und sind nun von Amts wegen zu löschen - § 144 b Gesetz der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG) [2].

 

Da die Entstehung einer neuen juristischen Person, einer Kapitalgesellschaft, einen Gründungsakt voraussetzt, ein Gründungsbeschluss, ein Gründungsprotokoll der natürlichen Personen – der Gründer - der den Willen zur Neugründung einer juristischen Person zum Ausdruck bringen muss, bei fehlgeschlagener Umwandlung/ Teilung/Zusammenschluss aber der sogenannte Teilungs-/Umwandlungsbeschluss als Neugründungsakt ausgelegt wurde, sind letztere schließlich auch bei Verletzung des numerus clausus durch Eintragung in das Handelsregister entstanden. In einer nicht geringen Zahl von Fällen fehlt es aber bereits an einem solchen Gründungsakt, so zum Beispiel, wenn im Rahmen der Teilung die Mindestzahl an Gründungsgesellschaftern von 7 nach § 4 Genossenschaftsgesetz nicht erreicht ist, so dass keine Gesellschaft entstehen konnte und auch durch Registereintragung rechtswirksam nicht entstanden ist. In diesen Fällen liegen reine, vor allem handelsrechtlich nicht zulässige, Scheingesellschaften vor. Ob solche Unternehmen als Gesellschaft bürgerlichen Rechts existieren ist vorrangig auch eine haftungsrechtliche Frage. Schließlich haben diese Betriebe mehr als 10 Jahre auf eigene Rechnung und eigenes Risiko gewirtschaftet und am Wirtschaftsverkehr teilgenommen.

 

Ist anlässlich einer fehlgeschlagenen Teilung/Zusammenschluss oder Umwandlung zwar eine neue juristische Person in Form einer Kapitalgesellschaft entstanden, so ist das LPG- Vermögen bei der LPG geblieben. Diese besteht seit 01.01.1992 in gesetzlicher Liquidation fort - § 69 LwAnpG.

 

Nach dem der Erlass des Sächsischen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) vom 26.02.2003, Az: 21-8470.01/16, ausdrücklich feststellt, dass der ordnungsgemäße Vollzug des LwAnpG mit Teilung, Zusammenschluss, Umwandlung – Gesamtrechtsnachfolge i.S. §§ 4 – 42 LwAnpG und die Vermögensauseinandersetzung nach §§ 28 (2), 36, 37, 44 und 51 a LwAnpG im öffentlichen Interesse liegt und das öffentliche Interesse nicht an den Landesgrenzen des Freistaates Sachsen halt macht, da schließlich die Teilnahme dieser Unternehmen am wirtschaftlichen Geschäftsverkehr, die finanzielle Förderung aus öffentlichen Kassen dieser Betriebe im gesamten Beitrittsgebiet gemäß Einigungsvertrag gleichermaßen von erheblicher Relevanz ist und dies für den ländlichen Raum im Allgemeinen und für die Entwicklungsmöglichkeiten der privaten Bauern im Besonderen von Bedeutung ist, rückt Rechtsnachfolge und Vermögensauseinandersetzung trotz teilweiser Verjährung wieder in den Mittelpunkt. Vor allem aber sind die fehlerhaften Registereintragungen und entsprechend falschen Grundbücher, mit rechtsstaatlichen sowie wirtschafts- und eigentumsrechtlichen Grundsätzen unseres Rechtsstaats nicht zu vereinbaren – Artikel 1 bis 19 Grundgesetz.

 

I. Konsequenter Handlungsbedarf

 

Der Handlungsbedarf wird nunmehr nach 13 Jahren auch gerichtlicher Vermögensauseinandersetzung und 9 Jahre nach Veröffentlichung der ersten Gerichtsentscheidung zur fehlgeschlagenen Rechtsnachfolge – Verletzung des numerus clausus – von den Betroffenen und Beteiligten anerkannt, doch wer, wie handeln soll, ist umstritten. Dabei kann es grundsätzlich nur eine mit Rechtsstaatsprinzipien, den bekannten Gesetzen und der dazu vorliegenden gefestigten Rechtsprechung zu vereinbarende Lösung geben [3].

 

1.  Da viele – etwa 30 bis 60 % - der heute wirtschaftenden LPG-Unternehmen als Scheingesellschaften oder bei fehlgeschlagener Nachfolge seit ihrer Gründung 1991/92 vermögenslos sind, haben Wirtschaftsprüfer, Wirtschaftsprüfungsgesellschaften und Prüfungsverbände die Prüfungsbestätigungsvermerke zurückzuziehen - §§ 322, 323, 331, 341 m HGB/Wirtschaftsprüfungsordnung (WPO) §§ 49, 54, 83 [4].

Dies ist allen Empfängern der Bilanzen, den Gläubigerbanken, Leasingfirmen und sonstigen Gläubigern mitzuteilen.  Diese Konsequenz – Handlungsbedarf – ergibt sich zwingend, da die Bilanzen dieser neuen Unternehmen von Anfang an nichtig sind - § 241 Aktiengesetz - und der Gläubigerschutz grob verletzt wird.

 

2.  Registergerichte haben die Scheingesellschaften und andere vermögenslose Nichtrechtsnachfolger von Amts wegen – ggf. auf Antrag – zu löschen und für die LPGs, die sich seit 01.01.1992 in gesetzlicher Liquidation befinden - § 69 LwAnpG – einen Liquidator zu bestellen.

 

3.  Die Grundbuchämter haben von Amts wegen – ggf. auf Antrag – die Grundbücher zu berichtigen und Falscheintragungen nach §§ 39/40, 29, 35/49 GBO zu löschen [5].

 

4.  Einen Antrag an das Registergericht und/oder Grundbuchamt kann jeder stellen der Rechtschutzbedürfnis hat, vor allem jeder Gläubiger. Dies sind hier u.a. die LPG-Mitglieder, ehemalige LPG-Mitglieder und ihre Erben, Drittgläubiger, die Staatliche Fördermittelbewilligungsstelle – Ämter, Ministerien, Bodenordnungsämter, Notare (z.B.: bei Antrag nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz) der Liquidator der LPG, wenn das neue Unternehmen fortbesteht und das LPG-Vermögen nicht zurückgibt oder nicht gemäß § 44 Abs. 6 LwAnpG zahlt.

Ferner haben alle Bodeneigentümer ein Rechtschutzbedürfnis auf deren Boden LPG-Gebäude oder Anlagen stehen.

 

5.  Die Registergerichte sollten grundsätzlich alle LPG-Registereintragung seit 1989/90 sowie alle Registeranmeldungen ab 1990 überprüfen und durch Beschluss feststellen, ob Teilung, Zusammenschluss und Umwandlung den zwingenden, per Gesetz vorgegebenen Vorschriften entsprochen hat, ob evtl. Mängel mit spezifizierter Benennung der Mängel diese durch Eintragung geheilt sind oder die LPG-Umstrukturierung gescheitert ist. Im letzteren Fall ist für die LPG ein Liquidator zu bestellen und die Scheingesellschaft oder vermögenslose neue Gesellschaft von Amts wegen zu löschen.

Ist ein Liquidator bestellt, hat er im Interesse der LPG-Mitglieder, dessen Vermögen er treuhänderisch verwaltet, dies zu beantragen.

In diesem Prüfungsprozess sind auch alle sogenannten Tochtergesellschaften oder „unabhängigen“ neuen Gesellschaften einzubeziehen. Ebenso sind in allen Fällen die Bilanzunterlagen ab 30.06.1990/01.07.1990, die aufgrund der Offenlegungspflicht beim Register vorzulegen sind – auch nach LwAnpG bis zur Umwandlung – einzubeziehen. Jeder der berechtigtes Interesse hat, kann diese dort auch einsehen und in Kopie ausgehändigt bekommen. Auch Verträge zwischen der LPG und dem neuen Unternehmen sind zu beachten, ihre rechtliche und wirtschaftliche Rechtsmäßigkeit ist zu prüfen.

 

6.  Eine gründliche allumfassende Aufarbeitung der LPG-Umstrukturierung ab 1989/90 durch die Registergerichte ist unverzichtbar, da hiervon neben den rein registerrechtlichen Konsequenzen auch haftungsrechtliche Folgen abhängen können. Dies gilt bezüglich der Registergerichte selbst, da hier das sogenannte Richterprivileg nicht gilt, als aber auch gegenüber Geschäftspartnern der LPG-Unternehmen, Drittgläubigern, der BVVG bei Landpacht und Flächenerwerb, dem Staat bezüglich neuer beabsichtigter Altschuldenregelung und vor allem für die große Zahl der LPG-Mitglieder, die LPG-Vermögen mit der Umstrukturierung nur zu einem meist geringen Teil nach LwAnpG, Genossenschaftsgesetz, Handelsrecht, Aktiengesetz zu geordnet und zur Abfindung angeboten und ausgezahlt bekommen haben [6].

Auch die Verletzung der Sorgfaltspflicht sowie treuwidriges Verhalten kann zur Haftung der handelnden Verantwortlichen Personen führen.

Schließlich ist immer wieder darauf hinzuweisen, dass der Gleichbehandlungsgrundsatz nach LPG-Gesetz und Genossenschaftsgesetz, nach Handelsrecht sowie Treu und Glauben allgemein grundsätzlich zu beachten ist (BGH, II ZR 300/00, vom 24.06.2000).

Die LPG-Umstrukturierung hat diese,tragenden Grundsätze grob verletzt.

 

7.  Nachtragsliquidatoren haben die Vorschriften der § 42 Abs. 1 und 2, § 44 Abs. 6 und 1 sowie § 3 a LwAnpG zu beachten. Soll es zur sogenannten Nachzeichnung der fehlgeschlagenen Umwandlung kommen und zahlt das neue Unternehmen den zustehenden Preis nicht, hat der Liquidator die Löschung des neuen Unternehmens beim Handelsregister zu beantragen, um in Besitz des Vermögens der LPG zu kommen. Das Grundbuchamt ist entsprechend zu informieren, damit dort das Grundbuch bereinigt wird.

Da neugegründete Unternehmen bei gescheiterter Rechtsnachfolge das LPG-Vermögen seit 01.01.1992 ohne Rechtsgrund nutzen, ist ab diesem Zeitpunkt eine eiserne Pacht – Nutzungsentgelt – zu fordern und ferner eine Verzinsung des Eigenkapitals zu berechnen. Ferner ist das LPG-Vermögen wertgleich gemäß § 44 Abs. 6 LwAnpG vom Liquidator zurückzufordern und zu diesem Wert durch Vertrag/Rechnung zu verkaufen.

Dabei sind übernommene und realisierte Verbindlichkeiten der Bilanzpassiva – auch Erfüllung von Vermögensauseinandersetzung nach LwAnpG – als Anzahlung auf den Kaufpreis anzurechnen.

Kommt es zur Löschung der LPG, zur Löschung des neuen vermögenslosen Unternehmens im Register, steht dem Liquidator das noch vorhandene LPG-Vermögen wieder vollumfänglich zur Verfügung und ist nach Gesetz zu versilbern.

Dabei ist das Vorkaufsrecht der LPG-Mitglieder zu beachten - § 42 Abs. 2 LwAnpG.

Die Geschäftsanteile oder Aktien an dem neuen Unternehmen sind dabei wertlos, eine Einzahlung kann rechtlich nicht gefordert werden.

 

8.  Ohne grundlegende Prüfung der LPG-Umstrukturierung seit 1989/90 – Gesamtrechtsnachfolge und Bilanzvermögen - können keine Fördermittel mehr an die neuen Unternehmen ausgereicht werden. Rückforderungen von Fördermitteln sind dagegen angezeigt. Das öffentliche Interesse und der notwendige sorgfältige Umgang mit öffentlichen Mitteln (Haushaltsordnung), also Steuergeldern, machen dies unerlässlich.

 

9.  Praktisch in allen Fällen, in denen LPG-Nachfolgeunternehmen ( e. G. , GmbH, KG, AG) aufgrund von Verfahren bei Landwirtschaftsgerichten haben nachzahlen müssen – Beschluss oder Vergleich - kann davon ausgegangen werden, da dies Beweise sind, dass keine identitätswahrende Gesamtrechtsnachfolge i. S. des Gesetzes vorliegt, daher für die LPG ein Liquidator zu bestellen, das neue Unternehmen wegen Vermögenslosigkeit im Register zu löschen ist. Ein Insolvenzverfahren erübrigt sich dadurch.

Identitätswahrende Rechtsnachfolge setzt voraus, dass jedes LPG-Mitglied bei Teilung, Zusammenschluss und Umwandlung mit dem jeweils gleichen Vermögensanteil, der gleichen Quote, und der gleichen Rechtsstellung ausgestattet, identisch am neuen Unternehmen beteiligt wird.

In Fällen § 28 Abs. 2 LwAnpG – bare Zuzahlung - bei Fortbestand der LPG-Mitgliedschaft im neuen Unternehmen, ist aufgrund im Rahmen der Umwandlung von der LPG zur e. G. gebildeter Rückstellungen – gesetzlicher Rücklagen/freier Rücklagen – oder wie diese der Personifizierung entzogenen LPG-Eigenkapitalteile auch in den Bilanzpassiva bezeichnet sein mag, die zwingende vorgeschriebene Identität nicht gewahrt und die Umwandlung folglich gescheitert. Dabei ist von Bedeutung, dass die in der letzten für die Personifizierung maßgebenden LPG-Bilanz solche Werte nach § 44 Abs. 6 LwAnpG hinzuzurechen waren, nach der Umwandlung der Entstehung der e. G. durch Eintragung nach Genossenschaftsgesetz, dieser gleiche Bilanz Eigenkapitalteil – stille Reserven – bei einem Ausscheiden aus der e. G. aber nicht mehr zur Abfindung herangezogen werden kann, da hier die Vorschriften des Genossenschaftsgesetzes und der Satzung entgegenstehen. Daher ist der Grundsatz der Identität in alle diesen Fällen nicht gewahrt.

 

Bei Unternehmen andere Rechtsform – GmbH, Co. KG, AG – kommt es im Wesentlichen auf die Satzung an und die dortigen Vorschriften zur Abfindung. In aller Regel ist eine Teilnahme an stillen Reserven ausgeschlossen. Dies gilt auch bei Aktiengesellschaften, wenn die Aktien nicht frei handelbar, sondern als Namensaktien dem Vorstand/der Geschäftsführung oder der Gesellschaft nach Satzung anzubieten sind.

Daher hat praktisch jedes LPG-Mitglied/ehemaliges LPG-Mitglied/Erben das Rechtschutzbedürfnis um die Prüfung beim Handelsregister zu beantragen, sofern dies nicht bereits von Amts wegen seiner Aufgabe nachkommt.

 

Vor allem nach Ablauf der Verjährungsfrist oder bei Abschluss einer sogenannten Abfindungsvereinbarung kann die Prüfung der Rechtsnachfolge für die Vermögensansprüche aktuell werden, um die tatsächlichen zustehenden Ansprüche bei der LPG i.L. durchsetzen zu können.

 

10.  Jeder Rechtsberater, der ein LPG-Mitglied/ehemaliges LPG-Mitglied oder Erben berät und beim Landwirtschaftsgericht vertritt, muss auch unter Beachtung des Kostenrisikos grundsätzlich den „sichersten Weg“ gehen, (OLG Koblenz, Az: 5 U 238/02).

 

Da die Prüfung der Aktiv- und Passivlegitimation dabei vorrangige Aufgabe ist, hat der Rechtsberater bei auch nur geringsten Zweifel an der Rechtsnachfolge, praktisch in allen Fällen, durch einen Antrag an das Registergericht die Rechtsnachfolge von Amtswegen und daher kostenlos ab 1989/90 prüfen zulassen.

Dies gilt umso mehr, als LPG-Nachfolgeunternehmen zunehmend beim Landwirtschaftsgericht den Einwand der Verjährung oder die Vorlage einer angeblich abschließenden Abfindungsvereinbarung einwenden, und die Landwirtschaftsgerichte oft nicht abgeneigt sind, diesem Vorbringen des LPG-Unternehmens zu folgen. Die registergerichtliche Prüfung der Rechtsnachfolge – Passivlegitimation – ist daher vorrangiger Weg zur Schaffung von Rechtssicherheit.

 

Wie das Oberlandesgericht in Brandenburg in einem Urteil dargelegt hat, gilt dies auch im Falle von Rechtsstreitigkeiten bei Landpachtvertragskündigung (Urteil vom 28.09.2000, Az: 5 U 250/99).

Daher werden mit der Löschung der LPG-Unternehmen im Handelsregister auch die Pachtverträge frei.

 

11.  Die staatlichen Fördermittelbewilligungsbehörden/Ämter/Ministerien – Prüfungsstellen nach § 70 Abs. 3 LwAnpG - sowie Vermittlungsstellen in den Ministerien sind gehalten nachzuprüfen, ob Feststellungen, die im Rahmen der Prüfung und Fördermittelbewilligung oder bei Vermittlungsgesprächen bekannt geworden sind zu Konsequenzen führen müssen, die dem öffentlichen Interesse und der Schaffung von Rechtssicherheit dienen können. Die nicht nur im Handelsrecht geltende Sorgfaltspflicht, das Risiko der Amtspflichtverletzung sowie mögliche Haftungsrisiken bis hin zur Staatshaftung und Amtshaftung lassen hier praktisch keinen Ermessensspielraum. Aufgrund der langen Zeitdauer der vielen Jahre, die dieses LPG-Unrecht nun schon im Rechtsstaat Bundesrepublik Deutschland fortgesetzt wird, lässt die erforderliche Lösung auch keine Zeit mehr zum handeln [7].

 

12.  Da das öffentliche Interesse an der Rechtsnachfolge und Vermögensauseinandersetzung unbestritten ist, kann auch eine Anzeige bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Betracht kommen, da Fördermittelauszahlung, Subventionsvergehen, Verletzung des Gläubigerschutzes, Verletzung der Prüfungsvorschriften nach HGB und WPO, Verletzung des öffentlichen Glaubens wegen falscher Grundbuch- und Registereintragungen in diesen Fällen im Interesse des Schutzes unserer Eigentums-, Recht- und Wirtschaftsordnung nicht hingenommen werden kann.

 

13.  Von erheblicher Bedeutung ist in Bezug auf die Scheingesellschaften und die fehlgeschlagenen Gesamtrechtsnachfolge die Haftung der Gründer des LPG-Vorstands - § 3a LwAnpG – der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates der neuen Unternehmen, der Wirtschaftsprüfer und Prüfungsverbände. Dabei ist immer auch die Verletzung der Sorgfaltspflicht § 93 Aktiengesetz, § 347 HGB, §§ 24 und 43 GmbH-Gesetz von Bedeutung.

Dies gilt auch für Registergerichte nach §§ 8 bis 16 HGB sowie §§ 144 ff FGG und für die Grundbuchämter nach GBO.

 

Da die Problematik der Rechtsnachfolge seit 1993/94 aufgrund der 1. Prüfungsrund der Ministerien und der Veröffentlichung verschiedener Gerichtsentscheidungen bekannt ist, war auch reichlich Zeit bis vor Ablauf der Verjährungsfrist die Angelegenheiten zu bereinigen. Die Unterlassung der Klärung trotz offenkundig notwendigen Reglungsbedarfs geht daher allein zu Lasten der hierfür Verantwortlichen bei den Scheingesellschaften, bei der Nichtrechtsnachfolge-LPG-Unternehmen, der Registergerichte und Grundbuchämter sowie der verantwortlichen Landesregierungen und ihren nachgeordneten Dienststellen. Eine „Unschuldsvermutung“ kann daher nie beansprucht werden.

 

14.  Klar zum Ausdruck gebracht wurde anlässlich der Vortragsveranstaltung in Dresden auch, dass eine Einzahlungspflicht der Gesellschafter seitens der LPG-Mitglieder in die Nichtrechtsnachfolgegesellschaft nicht besteht, da die gesetzliche Einzahlungspflicht nichtig ist. Desgleichen sind die Geschäftsanteile/Aktien dem Grunde nach wertlos. Schließlich war ein gutgläubiger Erwerb nicht möglich, was auch für die evtl. Grundbucheintragungen wichtig ist. Ebenso bringt eine Kapitalverzichtserklärung oder Kapitalherabsetzung keine Rechtssicherheit und ist keine Lösung zur Rettung der neuen Nichtrechtsnachfolgebetriebe, zumal dann die Überschuldung offenkundig würde [8].

Auch eine nachträgliche Verschmelzung von der LPG i.L. mit dem neuen Unternehmen nach § 3 Abs. 3 Umwandlungsgesetz oder eines hierfür geforderten neuen § 38 b LwAnpG können keine Lösung sein, zumal dabei die LPG-Zwangsmitgliedschaft im neuen Unternehmen entgegen §§ 42, 43, 44 LwAnpG fortgeführt werden müsste und auch mit § 179 a Aktiengesetz nicht zu vereinbaren wäre.

Ein wirksamer „Verkauf“ der LPG durch den Liquidator mittels notariellen Vertrag an das neugegründete Nichtrechtsnachfolgeunternehmen scheitert ausnahmslos an der erforderlichen Zustimmung aller LPG-Mitglieder/Erben, da diese nur bei Abfindung nach § 44 Abs. 1 LwAnpG zustimmen könnten diese Liquidität nicht zur Verfügung steht und mögliche Gegenforderungen wegen Investitionen und realisierter Rückstellungen des neuen Unternehmens gegen die LPG i.L., sofern überhaupt begründet, nur einen Bruchteil der Forderungen des Liquidators der LPG i.L. ausmachen können – Pacht, Nutzungsentgelt, Zinsanspruch, wertgleiche Vermögensrückgabe.

 

Die Gefahr, dass auch im Rahmen der Nachtragsliquidation die Sorgfaltspflicht verletzt wird und durch treuwidriges, fahrlässiges handeln seitens des Liquidators wieder die gleichen Fehler begangen werde wie bei der Umstrukturierungsaktion 1990/91 und die Scheingesellschaften und Unrechts-Nichtrechtsnachfolgeunternehmen fortbestehen, ist offenkundig nicht gering. Ein Ende der LPG-Unrechtschaossituation, des juristischen „Super-Gaus" ist nicht abzusehen. Treu und Glauben kann dieses Unrecht auf keinen Fall für sich beanspruchen, so wenig wie gutgläubiger Erwerb oder irgendein Rechtsschutzbedürfnis. Eine Unschuldsvermutung zu Gunsten der Unrechtsunternehmen kann es auch nach so vielen Jahren, seitdem die Problematik auch den staatlichen Stellen bekannt ist, nicht geben.

Da infolge der nichtigen Bilanzen auch die Betriebskonzepte ausnahmslos falsch sind, ist die Grundlage der Förderung, der BVVG-Landpachtverträge sowie der Rangrücktrittsvereinbarung/Altschuldenregelung und des begünstigten Flächenerwerbs entfallen.

 

II. Die Problemlösung:

 

Der Ruf nach dem Bundesgesetzgeber zur Heilung des Unrechts kann keinen Erfolg haben. Auch kann der Gesetzgeber nicht den Weg ebnen für eine haftungs- und schuldbefreiende Lösung durch einen Liquidator und Notarvertrag zur Nachzeichnung durch Einzelrechtsnachfolge, da dadurch das Unrecht nicht beseitigt, sondern nur ein anderen Vornamen erhalten und fortgesetzt würde.

Was bleibt ist nur eine korrekte, offene und ehrliche Auflösung der LPG-Unternehmen und der LPGs auf der Grundlage der hierfür völlig ausreichenden zur Verfügung stehenden Rechtsgrundlagen - LwAnpG und Genossenschaftsgesetz sowie HGB und Aktiengesetz.

 

Der Aufbau und Ausbau der privaten, unternehmerischen, ehrlich finanzierten Privatbauernwirtschaften im Haupt- und Nebenerwerb, die z. B. zwischen 5 und 500 ha Land, bei 1 GV/ha, oder mit Sonderkulturen bewirtschaften, die ihre sicheren Arbeitsplätze korrekt finanzieren, muss das Lösungsziel sein. Dies bedarf der agrarpolitischen, wirtschafts- und sozialpolitischen Unterstützung und setzt das Ende des LPG-Unrechts voraus. Auf die Wiederherstellung rechtsstaatlicher Verhältnisse, wie sie der Einigungsvertrag vorsieht, die Herstellung des öffentlichen Glaubens in den Register- und Grundbucheintragungen, die Löschung der Scheingesellschaften und der vermögenslosen Betriebe, die Löschung der falschen Grundbrucheintragungen, auf die Herstellung des Gläubigerschutzes durch Rücknahme falscher Bestätigungsvermerk, auf die Beendigung der Förderung des fortbestehenden LPG-Unrechts aus öffentlichen Kassen, kann nicht verzichtet werden. Nur dann kann die Glaubwürdigkeit des Rechtsstaats, die unsere Rechtsordnung tragende Eigentumsordnung, wieder hergestellt und eine positive Wirtschaftsentwicklung erwartet werden.

 

[1] RdL 4/2003, RdL 5/2002.

[2] Bumiller/ Winkler, Kommentar §§ 141,142, 144 b, 147 FGG, Seite 593 ff.

      G. Schmidt, Handbuch der FGG, Tz. 1796, 1801 u.a. Löschungsgesetz

      §§ 2, 3.

[3] Wenzel, Schriften zum Agrarrecht, Symposium Juli 2000.

[4] IDW-Verlag, Düsseldorf, Prüfungsstandards, PS 400.

[5] OLG Dresden, 3 W 1286/95, vom 07.04.1997, Landgericht Dresden,

      2-T-0923/95, vom 06.10.1996. 

[6] Hagen, NJW 23/1970, Bromeyer, NJW 13/1977, § 839 BGB.

[7] Hagen, NJW, Heft 23, 1970, S. 1017, Blomeyer, NJW, Heft 12, 1977, S.

     557, BGH, III ZR 34/82, NJW, 1983, S. 2241, BGH, III ZR 195/01,

     Agrarrecht 10/2002, Verfassungsgerichtshof Sachsen, VF 4 - IV - 03,

     vom 24.04.2003, Verfassungsgerichtshof Thüringen, 1/00, vom

     15.03.2001, BGH, III ZR 201/01,vom 12.12.2002.

[8] Hommelhoff, Goette, Kleindick, Eigenkapitalersatzrecht, RWS Verlag,

     2003, Hammelhoff, Hagen, Röhricht, ZGR, Sonderheft 14, 1998.

0.3.7 Rechtsgrundlagen der LPG-Umstrukturierung
0.3 Umwandlung/Liquidation/Rechtsnachfolge
0.5.1 Zum Beginn und Ablauf der 10-jährigen Verjährungsfrist nach § 3b LwAnpG. Wann verjähren die Vermögensansprüche nach LwAnpG?