0.3.5. Handlungsbedarf zum Erlass des Sächsischen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) vom 26.02.2003 zur Prüfung der Rechtsnachfolge und Förderfähigkeit der LPG-Unternehmen betrifft jedes LPG-Mitglied und deren Erben
0.3 Umwandlung/Liquidation/Rechtsnachfolge
0.3.7 Rechtsgrundlagen der LPG-Umstrukturierung
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0.3.6. Handlungsbedarf zur Lösung gescheiterter LPG-Umwandlung spitzt sich weiter zu:

Wie ernst die Lage ist, darüber waren sich die Teilnehmer einer Vortragsveranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Agrarrecht am 11.April in Dresden einig. Weit auseinander gingen jedoch die Meinungen, wenn es um die Analyse der Problematik und Lösungsansätze zur Bewältigung dieses "juristischen Supergaus" geht. Nachfolgend soll versucht werden die wesentlichen Überlegungen zur Veranstaltung zusammenfassend darzustellen:

  1. Unstrittig ist und dies wurde von allen Vortragenden und Teilnehmern dem Grunde nach bestätigt, dass die von der rechtswissenschaftlichen Fakultät in Jena festgestellten 11% fehlgeschlagener Umwandlungen bei einer weiterführenden Prüfung auch unter Einbeziehung der Teilungen und Zusammenschlüsse auf ein mehrfaches steigen kann.

    Der Ernst der Lage ist auch insofern erkann, als keine Zweifel darüber bestehen, dass bei fehlgeschlagener Teilung, Zusammenschluss oder Umwandlung, das Vermögen nicht auf das neue Unternehmen übergegangen ist, diese von Anfang an vermögenslos waren und folglich alle Bilanzen seit 1992 nichtig sind, alle Prüfungsbestätigungsvermerke der Genossenschaftsprüfungsverbände, Wirtschaftsprüfer oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften zurückgezogen werden müssten und eine Finanzierung der neuen aber vermögenslosen Unternehmen durch keine Bank mehr möglich ist. Die Gewährung von Fördermittel scheidet unter diesen Umständen selbstverständlich ebenso aus. Ebenso scheitert die Landpacht von der BVVG oder der begünstigte Flächenerwerb, da in all diesen Fällen auch das Betriebskonzept Makulatur ist. Der öffentliche Glaube bei den Handelsregistern und den Grundbüchern ist in all diesen Fällen flächendeckend von Erzgebirge bis zur Ostsee massiv tausendfach verletzt, da die dortigen Eintragungen fehlerhaft sind.

  2. Eindeutig war die Rechtslage seit 1990. Zwar lässt das LwAnpG sowohl in der ersten Fassung als auch nach seiner Novellierung 1991 einige Wünsche bezüglich der Präzisierung der Umwandlungs- und Teilungsvorschriften offen, doch ließ der Referent keinen Zweifel darüber aufkommen, dass es bereits seit 1978 und in den Folgejahren rechtliche Vorschriften nach dem Aktienrecht und mit den Umwandlungs-Verschmelzungsrichtlinien aus den 80-ziger Jahren klare Vorgaben vorlagen, die analog angewandt auch bei der Umstrukturierung der LPG-Unternehmen ausgereicht hätten, um dies korrekt, offen und ehrlich zu vollziehen. Einige Beispiel hierzu liegen bekanntlich vor, denn keineswegs ist die Umstrukturierung in allen Fällen gescheitert. Wenn auch in nahezu allen Fällen gewisse Fehler festzustellen sind, so sind doch in einigen Fällen die noch heilbaren Fehler durch Eintragung in das Register geheilt.

    Die Gründe für unheilbare Fehler liegen in den allermeisten Fällen bei fehlender Identität und damit auch der Verletzung des Gläubigerschutzes. In nicht wenigen Fällen wurden LPG-Mitglieder im Rahmen der Umstrukturierung aus der LPG mit einer zu geringen Abfindung herausgedrängt, die nicht ihrer tatsächlichen Beteiligungsquote an der LPG entsprach. Oder es ist nicht alles LPG-Vermögen im Rahmen der Umstrukturierung im neuen Unternehmen angekommen, sondern wurde teilweise an andere "privatisierte" Unternehmen abgezweigt und abgewertet. Daraus folgt, dass bei nachträglicher Liquidation die Vermögensauseinandersetzung generell neu aufzurollen ist. Eine Verjährung der Ansprüche ist dabei nicht eingetreten, zumal durch die zwischenzeitliche Löschung der LPG im Register der Ablauf der Verjährungsfrist gehemmt war.

    Auch die Übertragung der LPG auf das neue Unternehmen unter Auflösung der LPG, die Einschaltung eines Treuhändlers ohne Treuhandvertrag, das Fehlen eines eigentlichen Umwandlungsbeschlusses, die Wahl einer unzulässigen Rechtsform oder das Verbot der Kündigung der Mitgliedschaft im Rahmen der Umstrukturierung waren danach häufig Gründe der durch Eintragung in das Handelregister/Genossenschaftsregister unheilbaren Fehler bei Teilung, Zusammenschluss oder Umwandlung.

  3. Das die Gründerhaftung nach HGB, GmbH, AktG von Bedeutung ist, wurde auch von BGH bereits deutlich zum Ausdruck gebracht. Da in allen Fällen die nach Handelsrecht aber auch nach LwAnpG maßgebende Sorgfaltspflicht für den Vorstand, den Aufsichtsrat und die Geschäftsführung des neuen Unternehmens von Bedeutung ist, können Haftungsfolgen nie ausgeschlossen werden. Eine Einzahlungspflicht betreffs Geschäftsanteils der Gesellschafter der neuen Unternehmen besteht grundsätzlich nicht, dies gilt auch nach AktG und Genossenschaftsgesetz. In vielen Fällen sind offensichtlich die neuen Unternehmen nicht wirksam entstanden, da ein Beschluss zur Neugründung fehlt oder andere gravierende Gründungsmängel vorliegen, die nicht heilbar waren.
  4. Schließlich ist klarzustellen, dass, wie die Agrarberichte der Bundesregierung der zurückliegenden Jahre die Agrarberichte der Bundesländer, die entsprechenden Berichte des Deutschen Bauernverbandes und der Buchführungsergebnisse der bayerischen Jungbauernschaft zeigen, die LPG-Unternehmen in aller Regel weithin von der Substanz gezehrt haben, Eigenkapital und Vermögens von 1991 bis 2001/2002 verwirtschaftet wurden. Zudem hat die Jenastudie bestätigt, dass die LPG-Unternehmen nur rund 27 % des Eigenkapitals personifiziert haben, so dass von Anfang an mind. 70 % des von ihnen auf der Bilanzpassivseite ausgewiesenen Eigenkapitals als Schuld an die LPG-Mitglieder einzuordnen war. Siehe hierzu im Internet: www.kuchs.de, dort in Infozentrum Ost - unter Kapitel 7. Theoretisch denkbare Forderungen der neuen Unternehmen gegenüber der LPG i.L. sind nicht realistisch. Soweit die neuen Unternehmen Vermögensabfindungen gezahlt oder Rückstellungsmaßnahmen realisiert und finanziert haben, sind die Empfänger längst entreichert, und im Übrigen können solche Zahlungen als Pacht- und Zinsanspruch - Anzahlung angerechnet werden.

    Beispiel:

    1. 3 Mio. Vermögensanspruchszahlungen durch die e.G.
    2. 6 Mio. Eigenkapital 31.12.1991, 4 % Zins/Jahr x 11 Jahre = 2,64 Mio. DM Zinsforderungen der LPG i.L./des Liquidators an die e. G.
    3. 11 Jahre Pacht für die Bilanzaktivawirtschaftsgüter, Stand 31.12.1991, 10.000 DM/Monat x 132 Monate = 1.320.000 DM Pachtforderungen an die e. G. .

    Die Forderungen an die e. G. belaufen sich somit auf rund 4 Mio. DM die der e. G. an die die LPG i.L. auf 3 Mio. DM.

    Ferner hat die e. G. das Bilanzaktivvermögen wertgleich zu übergeben und hierfür ggf. einen finanziellen Ausgleich zu zahlen. Entsteht ein Guthaben der e. G. , so ist dieses auf den möglichen Kaufpreis im Jahre 2003 rückwirkend zum Wert 31.12.1991 ganz oder teilweise anzurechnen. Da infolge fehlgeschlagener Vermögensübernahme die e. G. von Anfang an vermögenslos war, ist sie heute wegen Vermögenslosigkeit im Register zu löschen.

    Ausgehen müsste man von der Annahme einer eisernen Verpachtung. Danach wären die Bilanzaktiva der LPG an das neue Unternehmen verpachtet, unter der Auflage der Werterhaltung. Eine mögliche Wertdifferenz, insbesondere Wertabnahme aufgrund der erwirtschafteten Verluste, wäre durch eine Ausgleichszahlung auszugleichen und zwar vom neuen Unternehmen an den Liquidator. Selbst wenn das neue Unternehmen Sanierungsmaßnahmen/Rückstellungsmaßnahmen realisiert hat, gleichen die den Wertverzehr durch Abnutzung/Abschreibung der Bilanzaktiva in aller Regel nicht aus. Dies gilt auch für neue Unternehmen, die größere Neuinvestitionen getätigt haben. Hinzu käme bei Annahme einer eisernen Verpachtung mit Werterhaltungspflicht, dass nicht nur die Bilanzaktiva überlassen wurde und wertgleich zurückzugeben sind, sondern zudem mit der Bilanzpassiva Eigenkapital übernommen wurde, für das zusätzlich neben der Pacht für die zurückliegenden 12 Jahre eine Verzinsung von mind. 4% Zins pro Jahr nach BGB gefordert werden kann.

    Der Liquidator muss daher vom neuen Unternehmen a) das Vermögen unter Berücksichtigung der Bewertung nach § 44 Abs. 6 LwAnpG, Stand 31.12.1991, zurückfordern, b) eine Pacht für die zurückliegenden 12 Jahre und c) eine Verzinsung für das ebenso mit überlassene Eigenkapitals der Bilanzpassivseite fordern. Verzicht er hierauf, macht er sich haftbar.

    Es besteht kein Zweifel, dass keines der LPG-Unternehmen diese Aktion überleben kann. Dies gilt umso mehr, als aufgrund der Nichtigkeit der Bilanzen und der dadurch erforderlichen Rücknahme der Prüfungsbestätigungsvermerke und Wegfall der Finanzierung, die neuen Unternehmen, sondern sich überhaupt wirksam entstanden sind, wegen Vermögenslosigkeit im Register gelöscht werden müssen.

    Oft handelt es sich um reine Scheingesellschaften mit allen Haftungsfolgen für die Gründer und die Geschäftsführung.

    Wie geht es weiter:

  5. Schließlich wurde in Dresden die Frage einer möglichen Gesetzesänderung diskutiert. Hierzu ist anzumerken, dass es sehr wohl einige Unternehmen gegeben hat, wie oben bereits erwähnt, die die Sache von Anfang an offen und ehrlich durchgeführt haben, die von Anfang an den Willen hatten, die Angelegenheit im Interesse ihrer Mitglieder und der Menschen im Dorf und ländlichen Region ehrlich durchzuführen.

    Es ist offenkundig irrig zu glauben, dass in all jenen Fällen, wo man sich bisher nicht bemüht hat, die Angelegenheit offen und ehrlich durchzuführen oder nachträglich zumindest seit 1995, seitdem die Problematik bekannt ist, diese Sache zu reparieren, nunmehr mit einer korrekte Lösung des Problems zu rechnen ist. Wer sich 12 Jahre einer korrekten, rechtsstaatlichen, dem Gesetz entsprechenden Lösung verweigert hat, wird sich auch in Zukunft einer korrekten Lösung verweigern.

    1960/74 hat man den Bauern das lebende und tote Inventar genommen und oft noch Geldzahlungen - Inventarbeitrag/Fondsausgleich - das Nutzungsrecht des Hofes entzogen, ab 1990 haben die gleichen LPG-Führungskräfte die Umsetzung des LwAnpG, das dieses Unrecht beseitigen will soweit dies geht, verweigert. Spätestens seit 1995 ist die Rechtsprechung hierzu gefestigt und bekannt, und nichts wurde zur Lösung der Problemfälle unternommen. Vielmehr wurden diese noch jährlich mit Mitteln aus öffentlichen Kassen rechtwidrig gefördert. Da kann man nicht glauben, dass die hierfür verantwortlichen jemals einen ehrlichen Weg einschlagen. Denn die verantwortlose und kriminelle Energie sitzt da viel zu tief. Zu viel Haftungs- und Straftatbestände sind hier auch bereits erfüllt. Der Rechtsstaat ist offensichtlich noch immer vielen ein Dorn im Auge und nur so gut, wie er zahlt und die Fortsetzung des LPG-Unrechts duldet. Einen Anspruch auf Gesetzesänderung haben die LPG-Unternehmen und ihre Befürworter daher nicht (Artikel 18 Grundgesetz).

    Eine Gesetzesänderung kann daher, wie auch in Dresden zum Ausdruck gebracht wurde, nur das rechtlich nicht zu verantwortende Ziel haben, die Liquidationsverfahren zu vereinfachen und zwar dahingehend, dass die Mitglieder der LPG, die ehemaligen Mitglieder und die Erben von ihren Rechten abgeschnitten werden und das Unrecht ohne Haftungsrisiko auch nach Liquidation fortbestehen kann. Selbst bei einer Verschmelzung der LPG i.L. mit dem neuen Unternehmen sind die Rechte am Vermögen nicht mehr zu retten, zumal diese durch Verlust seit 1992 geschmälert wurden.

    Daher ist klarzustellen, dass die jetzige Gesetzesregelung vollkommen ausreicht, um eine korrekte ehrliche Liquidation durchzuführen. Eine Gesetzesänderung ist daher grundsätzlich abzulehnen, zumal der Gesetzgeber bezüglich der Verjährungsfrist nicht tätig geworden ist und eine Verlängerung seitens der verantwortlichen Parlamentarier nicht zugestimmt wurde. Einer nachträglichen Sanktionierung des Unrechts darf der Gesetzgeber nicht zustimmen.

  6. Auch die steuerlichen Konsequenzen wurden in Dresden klar angesprochen, die das neue Unternehmen trifft, da diese seither der Besteuerung nichtige Bilanzen zugrunde gelegt haben und daher alle Verlustvorträge verloren gehen. Schließlich wurde das Problem der Möglichkeit bzw. Notwendigkeit der Kapitalherabsetzung bei den neuen Unternehmen diskutiert, dass allerdings äußerst problematisch ist, da dann die Bilanzpassiva in aller Regel weit überschuldet sein dürfte und die Probleme der Vergangenheit - nichtiger Bilanzen/Gründerhaftung nicht geheilt werden.

    Da die Kapitalverhältnisse zum Zeitpunkt der Eintragung in das Register maßgebend sind, ist die Gründerhaftung, die Haftung des Aufsichtsrats sowie der Wirtschaftsprüfer/Genossenschaftsverbände auch nach einer Kapitalherabsetzung von Bedeutung. Gleiches gilt bei notariellen Verträgen, die abweichend von Gesetz beurkundet wurden und im Rahmen der sogenannten Nachzeichnung durch verkauft des LPG-Unternehmens im Rahmen der Liquidation von Notaren beurkundet wurden. Nur ein Verkauf gegen eine korrekten Kaufpreis und bei Zustimmung aller LPG-Mitglieder, sowie unter Berücksichtigung des Pacht- und des Zinsanspruchs (oben Ziffer 4) kann man einer korrekten Lösung näherkommen. Dazu bedarf es aber keiner Gesetzesänderung, sondern den Willen zu seiner ehrlichen, korrekten, rechtsstaatlichen Lösung. Schließlich haben die LPG-Mitglieder, vor allem auch Wieder- und Neueinrichter ein Vorkaufsrecht, auch bezüglich einzelner Wirtschaftsgüter bereits vor Verkauf der Gesamt-LPG.

    Auch nach GmbH-Gesetz, HGB, AktG, Genossenschaftsgesetz haftet der Vorstand/Geschäftführung, Aufsichtsrat und Beirat der Kapitalgesellschaft und der letzte LPG-Vorstand nach § 3 a LwAnpG, die der Liquidator geltend machen muss.

    Schließlich haften die Verantwortlichen unter Umständen wegen Fahrlässigkeit und Verletzung der Sorgfaltspflicht.

    Fazit:

    Zusammenfassend wäre festzustellen, dass es praktisch nur eine korrekte rechtsstaatlich vertretbare Lösung geben kann, nämlich die korrekte ehrliche Auflösung der LPG-Unternehmen, die Aufteilung, den Verkauf durch den Liquidator an die privaten Bauern, Wiedereinrichter, Neueinrichter im Haupt- oder Nebenerwerb sowie weiterer Existenzgründer bei korrekter ehrlicher Finanzierung. Andernfalls werden die durch LPG-Gesetz seit 1952 entstanden Unrechtsunternehmen noch lange Zeit wie Fremdkörper im ländlichen Raum fortwirken und wie Krebsschäden das Umfeld, das dörfliche Klima vergiften. Denn "das Dorf vergisst nichts".

    Da der Staat hier eine erhebliche Mitverantwortung trägt, wäre der Erlass der Altschulden in jenen Fällen angezeigt, in denen die LPG-Bauern die Ansprüche nach § 44 Abs. 1, Ziffer 1 LwAnpG anders nicht erfüllt bekommen. Registergericht und Grundbücher sind rechtliche zu verpflichten, ihre Falscheintragungen zu berichtigen. Registergericht haben von Amtswegen und nicht nur auf Antrag die Liquidatoren zu bestellen und die neuen Unternehmen wegen Vermögenslosigkeit zu löschen. Hierzu könnten neue gesetzliche Grundlagen/Auflagen erforderlich sein, denn einen solchen juristischen "Super-Gau" hat es seither in der deutschen Rechtsgeschichte noch nie gegeben.
0.3.5. Handlungsbedarf zum Erlass des Sächsischen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft (SMUL) vom 26.02.2003 zur Prüfung der Rechtsnachfolge und Förderfähigkeit der LPG-Unternehmen betrifft jedes LPG-Mitglied und deren Erben
0.3 Umwandlung/Liquidation/Rechtsnachfolge
0.3.7 Rechtsgrundlagen der LPG-Umstrukturierung