5.2 Eigenkapitalwertermittlung durch Sachverständige/Gutachter § 44 Abs. 6 LwAnpG
5. ordentliche Bilanz
5.4 Bundesverfassungsgericht, 1 BVR 1759/91, Verfassungsbeschwerde (zur Prüfungspflicht der Genossenschaften) - gekürzt -
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5.3 Das Bundesverfassungsgericht zum Schutz des Eigentums bei Umwandlung, BVerfG, 1 BvL 16/60 vom 07.08.1962 - auszugsweise, NJW 1962 Heft 37 Seite 1667 ff. -

Leitsatz:

 

1. GG Art. 14; UmwG § 15 (Vorsaussetzungen für die Ermächtigungsausübung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG; Mehrheitsumwandlung nach § 15 UmwG nicht verfassungswidrig – Feldmühle Fall - )

 

a) In Ausübung der durch GG Art 14 Abs. 1 Satz 2 erteilten Ermächtigung, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, muß der Gesetzgeber sowohl die Wertentscheidung des GG zugunsten des Privateigentums beachten als auch alle übrigen Verfassungsnormen, insbesondere den Gleichheitssatz, das Grundrecht der freien Entfaltung der Persönlichkeit und das Prinzip der Rechts- und Sozialstaatlichkeit.

 

b) Normen des Aktienrechts widersprechen wegen ihres ambivalenten Charakters dem GG nicht schon deshalb, weil sie einen Missbrauch nicht ausschließen, sofern wirksame Möglichkeiten zu seiner Abwehr zur Verfügung stehen. Diese Möglichkeit besteht bei der Mehrheitsumwandlung, weil sie nicht dadurch, dass sie den formelen Voraussetzungen entspricht, von der Anfechtung wegen Missbrauchs freigestellt ist.

(Ergangen auf Vorlegungsbeschluss des AG Düsseldorf, NJW 60, 1224)

 

Aus den Gründen:

Die Mehrheitsumwandlung, die bewirke, daß die Gesellschaft aufgelöst werde und alle Mitgliedschaftsrechte untergingen, sei zwar keine Enteignung im Sinne des Art. 14 Abs. 3 GG , aber mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG nicht vereinbar.

 

Die Einräumung der Umwandlungsbefugnis an die Hauptversammlung ist auch keine" Enteignung durch Gesetz", denn das Umwandiungsgesetz selbst greift nicht unmittelbar in bestehende Rechte ein. Es grenzt für den Fall der Umwandlung die

Befugnisse zwischen Mehrheit und Minderheit in einer Aktiengesellschaft allgemein ab; eine solche Rechtsetzung ist nicht an sich schon eine Enteignung.

 

Das Eigentum ist ebenso wie die Freiheit ein elementares Grundrecht; das Bekenntnis zu ihm ist eine Wertentscheidung des Grundgesetzes von besonderer Bedeutung für den sozialen Rechtsstaat. Das Eigentum ist das wichtigste Rechtsinstitut zur

Abgrenzung privater Vermögensbereiche. Es bedarf deshalb besonders der Ausgestaltung durch die Rechtsordnung. Demzufolge enthält Art. 14 Abs. 1 GG in Satz 2 die Ermächtigung an den Gesetzgeber, Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen. Der Regelungsbefugnis des Gesetzgebers scheinen nach dem Wortlaut des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG keine Schranken gesetzt zu sein. Es ist jedoch selbstverständlich, daß jede gesetzliche Inhalts- und Schrankenbestimmung sowohl die grundlegende Wertentscheidung des Grundgesetzes zugunsten des Privateigentums im herkömmlichen Sinne (vgl. BVerfGE 1, 264 (276); 4, 219 (240» zu beachten hat als auch mit allen übrigen Verfassungsnormen in Einklang stehen muß, also insbesondere dem Gleichheitssatz, dem Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und den Prinzipien der Rechts- und Sozialstaatlichkeit.

 

Das Bundesverfassungsgericht verkennt nicht, daß gegen die Mehrheitsumwandlung erhebliche Bedenken geltend gemacht werden können. In einer freiheitlichen Eigentumsordnung, wie sie das Grundgesetz anerkennt und gewährleistet, dürfe der Gesetzgeber, so wird gesagt, dem Eigentum auch im Rahmen der Inhaltsbestimmung nur solche Grenzen setzen, die sich aus der Besonderheit der jeweiligen Eigentumsart oder aus den Bindungen zwingend ergeben, denen die Eigentumsrechte zur Verhinderung von Mißbräuchen und zur Herbeiführung einer ausgewogenen Sozial- und Eigentumsordnung unterworfen werden müssen.

 

Im Schrifttum besteht Einigkeit darüber, daß der Ausscheidende das erhalten soll, "was seine gesellschaftliche Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist".

 

Diese Auslegung ist auch allein mit Art. 14 GG vereinbar; denn wenn Art. 14 Abs, 3 Satz 3 GG für die Enteignung durch den Hinweis auf die Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit und der beteiligten eine geringere als die volle Entschädigung zuläßt, fehlt doch jeder Grund für eine solche Abwägung im Verhältnis zwischen Gleichstehenden, zumal wenn der den Entschädigungsanspruch begründende Sachverhalt im eigenen Interesse des Großaktionärs liegt und von ihm herbeigeführt worden ist.

 

Das Bundesverfassungsgericht hat auch nicht feststellen können, daß der Gesetzgeber durch seine Regelung den im Aktienrecht anerkannten Grundsatz der Gleichbehandlung der Aktionäre willkürlich verletzt und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen habe.

 

Anmerkung:

Wie der Bundesgerichtshof im Beschluss vom 08.12.1995, BLw 28/95 festgestellt hat, ist der Abfindungsanspruch nach LwAnpG einmal Art. 14 GG geschützter Eigentumsanspruchs. Abweichungen hiervon verstoßen gegen das GG, sind somit verfassungswidrig und daher meist nichtig (dazu auch 1 BvR 1759/91 vom 19.01.2001).

5.2 Eigenkapitalwertermittlung durch Sachverständige/Gutachter § 44 Abs. 6 LwAnpG
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5.4 Bundesverfassungsgericht, 1 BVR 1759/91, Verfassungsbeschwerde (zur Prüfungspflicht der Genossenschaften) - gekürzt -