15.12 Stellungnahme zur Frage der Gebäude-/Anlagenzuordnung (Sächsisches OVG, Az. F 7 D 13/01, vom 18.10.2002)
15. Bodenordnung
15.14 Im Namen des Volkes
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15.13 Heimat - Freiheit und Eigentum

Einführung: 

Nach Artikel 1 Grundgesetz (GG) ist die Würde des Menschen unantastbar, die Menschenrechte sind unverletzlich, das Deutsche Volk bekennt sich zu Frieden und Gerechtigkeit, die Grundrechte binden Gesetzgeber, vollziehende Gewalt (Verwaltung) und Rechtsprechung. Dabei ist die Menschenwürde nicht nur immateriell zu verstehen, sondern betrifft auch eine ausreichende Materielle Grundlage (Schutz des Eigentums). Damit ist auch die öffentliche Fürsorgepflicht, wie vom Bundesverfassungsgericht bestätigt, mit  betroffen.

Nach Artikel 2 GG hat jeder das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung verstößt.

Artikel 3 GG sichert die Gleichheit der Menschen vor dem Gesetz.

Nach Artikel 14 GG wird schließlich Eigentum und Erbrecht gewährleistet. Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll dem Wohle der Allgemeinheit dienen. Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig, sie darf nur aufgrund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Dabei sind die Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen.  

Historische Entwicklung 

Seit nunmehr 60 Jahren, seit dem 23. Mai 1949, gelten diese Grundrechte in der Bundesrepublik Deutschland. In der DDR kannte man solche uns selbstverständlich erscheinende Grundrechte nicht. Marxismus, Leninismus haben dort nach dem auf Marxismus-Leninismus basierendem Stalinismus von 1945 bis 1949 den Inhalt der Verfassung geprägt. Enteignungen, politische Inhaftierung, Repressalien, Denunziation, die SED und ihre Stasi hatten die Alleinherrschaft. Unabhängigkeit der Gerichte? Fehlanzeige! 

Das LPG-Gesetz (Gesetz über die Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften) von 1952 entzog den Bauern jegliches Recht auf Nutzung ihres Bodens und ihrer Wirtschaftsgebäude. Hiervon haben die LPGs schrittweise, insbesondere ab 1960, Gebrauch gemacht.

Etwa 3 Millionen Menschen haben aus all diesen Gründen bis zum Mauerbau in 1961 die DDR verlassen. Von 1961 bis 1989 waren es knapp 1 Million Menschen, die im Rahmen der Familienzusammenführung und auf Grundlage eines Ausreiseantrages oder Freikauf politisch Gefangener die DDR verlassen haben. Seit Mitte 1989 sind es inzwischen wieder rund 3 Millionen überwiegend jüngere Menschen, die den Weg in den freien Westen gewählt haben und noch immer sind es jährlich mehr als 0,5 % der Bevölkerung, die das Beitrittsgebiet verlässt.  

Stand des Unrechts 

Die Frage der Ursachen dieser Fortentwicklung - auch 20 Jahre nach dem Fall der Mauer - drängt sich auf.

Im ländlichen Raum war, ja ist es unverändert, dass Landwirtschaftsanpassungsgesetz (LwAnpG) von 1990/91 das die LPG Unrechtsverhältnisse beenden und die Landwirtschaft nach dem Beitritt zum Geltungsbereich des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland in bundesdeutsches Recht überleiten sollte. Dieses Ziel wurde gründlich verfehlt. Enteignungsverhältnisse wurden entgegen der im Grundgesetz klaren gesetzlichen Regelung nicht in Ordnung gebracht. Die sogenannten Alteigentümer wurden schon in 1990 von der Bundesregierung vom  Recht auf ihr Eigentum ganz ausgeschlossen.  

Die LPG-Nachfolgeunternehmen haben nur etwas ¼ der Vermögensansprüche der geschädigten LPG-Bauern und ihrer Erben erfüllt.  Die in vielen Fällen gescheiterte LPG-Gesamtrechtsnachfolge wurde von den Registergerichten trotz Amtsermittlungsgrundsatz nicht beachtet. Der Staat, die Exekutive, hat entgegen der Förderrichtlinien auch dann in all den Jahren jährlich Millionen D-Mark/EUR Fördermittel an die LPG-Betriebe ausgezahlt, obgleich die Fördervoraussetzungen, nämlich rechtswirksame Gesamtrechtsnachfolge und ordnungsgemäße Vermögensauseinandersetzung, nicht erfüllt waren.  

Eine schwerwiegende Eigentumsrechtsverletzung wurde in den zurückliegenden 18 Jahren auch im Rahmen der Zusammenführung von LPG-Gebäuden auf fremden

Grund und Boden, nämlich dem Boden der geschädigten LPG-Bauern, nach §§ 53 ff LwAnpG praktiziert. Zwar soll nach § 58 LwAnpG der Bodeneigentümer wertgleich abgefunden werden, doch in der Praxis wird eine Halbteilung des Bodenwertes nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz praktiziert, obgleich im Bodenordnungsverfahren nach LwAnpG hierfür die Rechtsgrundlage fehlt. Schließlich gilt hier auch keine Mindestrestnutzungsdauer von 25 Jahren bezüglich der Gebäude, die der Bodeneigentümer gelten machen könnte. Dieses Recht nach Sachenrechtsbereinigungsgesetz wird den Bodeneigentümern von den Flurneuordnungsbehörden vielmehr verwehrt. Schließlich gilt nach § 63 LwAnpG auch hier das Flurbereinigungsgesetz und danach sind wertgleiche Ausgleichsleistungen zwingend und für Enteignungen oder enteignungsgleiche Handlungen sehr hohe Hürden zu überwinden, die das öffentliche Interesse berücksichtigen müssen.  

Nach dem nahezu alle LPG-Gebäude nach LPG-Gesetz auf fremden Grund und Boden standen, waren dies bei rund 4.500 LPGs in der DDR viele Tausend solcher Unrechtsfälle, die inzwischen seit 1990 zum großen Teil nach LwAnpG unter offenkundiger Verletzung des Eigentumsrechts bei viel zu geringer Gegenleistung zum Nachteil der schon zu DDR-Zeiten nach LPG-Gesetz geschädigten Bauern zusammengeführt wurden. Praktiziert wurde und wird noch immer eine Art Teilenteignung ohne öffentliches Interesse.

Nicht wenige solcher Fälle sind  jedoch auch noch offen und warten auf ihre  Entscheidung. So jener Fall im Vogtland, der schon nahezu 15 Jahre strittig ist (Az.: 46059). 

Die LPG Rinderstallanlage liegt 35 bis 75 Meter vorm Schlafzimmer- und Wohnzimmerfenster der Bauernfamilie. Ein Zufahrtsweg zur Anlage führt direkt an der Hofstelle des Nebenerwerbsbauern wenige Meter an seinem Wohnhaus angrenzend vorbei.  Noch zu DDR-Zeiten, Anfang 1990, hat das Hygieneinstitut in Zwickau auf die damals geltenden Mindestabstände von 85 Metern hingewiesen, die hier nicht eingehalten sind und so aus hygienischer Sicht bei einem geplanten Umbau eine Reihe Bedingungen einzuhalten sind. Diese Maßnahme fand nie statt.  

Anordnungen der unteren Wasserbehörde des Vogtlandkreises aus dem Januar 1997 wurden nicht befolgt. Tag und Nacht über Monate Kälber- und Rinderlärm, eine regelmäßig überlaufende Jauchgrube, Emissionen ohne Ende, Fliegenplage, Lärm, Luft- und Umweltverschmutzung, Melkhaus, heute Abstellraum, Abwasser, offene Dunglagerstätten und dadurch bedingtes Niederschlagswasser mit reichlich Gülle durchsetzt, so wie schwerer  Fahrzeugverkehr 20 m vor dem Wohnhaus (Düngerlager-, Getreidelager- und Handel, Pestizidfahrzeuge) bis in die späten Abendstunden und in den frühen Morgenstunden ganzjährig, Tag und Nacht, täglich 24 Stunden der Lärm der Stalllüfteranlagen 35 m vor den Wohnhausfenstern belasten die Lebensbedingungen der Familie weit über die Grenze des Zumutbaren und wird  von dieser als eine Art Foltermethode, wie zu DDR-Zeiten, empfunden. 

Nach einem 1998 vom Amt bestellten Gefälligkeitsgutachten  hatte ein sächsicher Gutachter (vermutlich ein Stasi) eine Restnutzungsdauer der Gebäude - Baujahr 1966 bis 1968 - von 30 Jahren festgestellt. Ein Gutachter aus Bayern hatte für die Bauernfamilie im Jahre 2000 auf den hier maßgebenden Stichtag, den 08.07.1994 (Antragstellung der Agrargenossenschaft beim Amt), eine Restnutzungsdauer von durchschnittlich 10 Jahren ermittelt. Der Milchviehstall, heute als Jungviehstall und für Mutterkühe so wie Quarantänestall genutzt, und das Melkhaus hatten danach keine Restnutzungsdauer mehr, die Bergelagerhallen, heute als Getreide- und Düngerlager bzw. gewerblichen Getreidehandel genutzt, hatten danach 1994 noch eine Restnutzungsdauer von 25 Jahren. Der Rest der Anlage (Kälberstall, Abkalbestall, Siloanlage, Dunglager) lagen damals schon bei Null Restnutzungsdauer. Im Übrigen wurde die gesamte Anlage mit reichlich Eternitmaterial errichtet, woran sich bis heute nichts geändert hat. 

Inzwischen sind wieder 15 Jahre seit jenem Stichtag vergangen. Die Katastrophe besteht fort. Dabei hat die Anlage eine Insellage. Die Agrargenossenschaft nutzt mit dieser Anlage rund 1,5 ha Land des Bauern. Rings um die Anlage werden alle Flächen von Privatbauern genutzt, die offensichtlich nicht daran denken, der Agrargenossenschaft auch nur einen Quadratmeter Land abzugeben. Durch das Dorf und rund 300 Meter Zufahrt von der Straße zur Anlage/Lagerhallen löst die Agrargenossenschaft ihr Transportproblem.

Von der viel zu kurzen Restnutzungsdauer will der Staat, das Amt, heute der Landkreis, das Ministerium in Dresden und der Ministerpräsident, einst auch Landwirtschaftsminister, an den sich die LPG-DDR-geschädigte Bauernfamilie  gewandt hat, nichts wissen.

Auch die übrigen hier offen vorliegenden Grundrechtsverletzungen gegenüber der betroffenen Bauernfamilie werden vom Freistaat ignoriert und verharmlost. (Az.: SK 22 SMUL-0221.40). 

Ein weiteres Gutachten 2005 im Auftrag des Amtes erstellt, ermittelt unter Anwendung der Halbteilung nach § 68 Sachenrechtsbereinigungsgesetz einen Wert von 2,65 €/m².

Der offizielle Bodenrichtwert des Kreises liegen dagegen für diese Lage und Nutzung bei rund 10,00 €/m².

Dabei ist in der Fachliteratur nachzulesen, das für den Halbteilungssatz hier jede Rechtsgrundlage fehlt und nach LwAnpG sowie dem hier maßgebenden Flurbereinigungsrecht - Schutz des Eigentums, Artikel 14 GG - zu beachten ist. Kaiser, Agrarrecht 3/89, Weiß, Recht der Landwirtschaft (RdL) 11/1997 und 6/2006, Dippold, RdL 2/2001, Bundesverwaltungsgericht 10.05.1990 - 5 C 1.87 in Agrarrecht 6/1991. 

20 Jahre Mauerfall!  Medien berichten fleißig darüber, der Büchermarkt blüht, viele waren dabei und wollen sich einen Erfolg der so genannten friedlichen Revolution auf die eigene Fahne schreiben. Doch was wurde von den verantwortlichen Menschen daraus gemacht?  20 Jahre Mauerfall wird gefeiert!? Und wie viel Unrecht besteht fort?! 

Die Fortsetzung der flächendeckenden Menschenrechtsverletzungen, Verletzungen der Menschenwürde und des Eigentumsrechts, die tägliche Abwanderung fleißiger Menschen, der Leerstand von Bausubstanz - Ursachen und ihre Folgen? - wer fragt schon danach? 

Ob es dem Freistaat gelingt, auch die Bauernfamilie und ihre Kinder aus dem Vogtland, aus ihrer Heimat noch in den freien Westen zu vertreiben? Noch kämpft sie dagegen! 

15.12 Stellungnahme zur Frage der Gebäude-/Anlagenzuordnung (Sächsisches OVG, Az. F 7 D 13/01, vom 18.10.2002)
15. Bodenordnung
15.14 Im Namen des Volkes