22.7 Unrecht eine Frage der Gerechtigkeit
22.  Recht und Unrecht
22.9 Verdrängt und verschwiegen
Seite drucken Seite drucken

22.8 Zum Stand der Einheit

Am 03. Oktober 1990 war es so weit. Die 5 wieder gegründeten Bundesländer im Territorium der DDR traten gemäß Einigungsvertrag nach Artikel 23 Grundgesetz a. F. der Bundesrepublik Deutschland bei. Ost-Berlin kam zu Berlin.

Regelmäßig berichtet die Bundesregierung, die im Jahr 2000 von Bonn nach Berlin umzog, über dem Stand der Deutschen Einheit. Der letzte vorliegende Bericht wurde im November 2011 bekannt.

Hierzu wäre festzustellen, dass diese 5 Länder nicht neu sind, es hat sie schon bis 1952 gegeben, wurden aber von der DDR-Regierung aufgelöst und 1990 wieder gegründet.

Eingangs wird im Bericht von der Demokratischen Entwicklung in den neuen Ländern berichtet.

Der demografische Wandel, die Altersstruktur und Bevölkerungsentwicklung hat ab 1989 eine sprunghafte Entwicklung genommen.  Die Abwanderung von inzwischen mehr als 3 Mio. Menschen in den freien Westen, überwiegend jüngerer und qualifizierter Menschen, hat zum Leerstand von Wohngebäuden geführt. Wirtschaftsgebäude waren abgewirtschaftet, oft abbruchreif und stehen ebenfalls leer.

Die Zahl der Geburten ist auf etwa 50 % im Vergleich zu 1991 zurückgegangen, die Zahl der Einwohner, der jüngeren Generation - etwas bis zum 40 Lebensjahr - ist entsprechend gesunken. Dennoch liegt die Arbeitslosenquote doppelt bis 3-fach so hoch wie in Westländern, das Bruttoinlandsprodukt/Bruttosozialprodukt (BIP/BSP)  je Erwerbstätigen noch immer rund 25 % unter dem Westniveau (2010). 

Ein Modellvorhaben der Bundesregierung „Daseinsvorsorge 2030“ stützt sich auf 6 Modellprojekte. Die Sicherung der Infrastruktur, Verbesserung der Lebensqualität soll durch Zusammenwirken von Bund, Kommunen und Länder umgesetzt werden. Ländliche und periphere Räume leiden unter Fachkräftemangel. Die Ballungsräume weisen dagegen stabile Tendenzen aus. Fachkräftesicherung ist eine zentrale Aufgabe. Aktivierung der Beschäftigungssicherung, Vereinbarung von Familie und Beruf, Bildungschancen, Qualifizierung, Aus- und Weiterbildung, Integration und qualifizierte Zuwanderung sollen die Fachkräftebasis verbessern.

Die medizinische Versorgung macht Sorgen, die Altersstruktur belastet die Krankenkassen, so dass ein Sozialausgleich aus Steuermitteln erforderlich ist.

Pflegeversicherung, Rente, Energiewende und Umweltschutz sind weitere Kernfragen neben Forschung und Innovation.  

Die ostdeutsche Landwirtschaft steht weiterhin im Focus der Bundesregierung. Neben der Verbesserung der Agrarstruktur und den Küstenschutzes (GAK) steht die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) im Vordergrund. Festgestellt wird, dass die Zahl der landwirtschaftlichen Betriebe seit 1991 bis 2010 von 21.663 über 30.082 in 2003 auf 24.500 in 2010 wieder zurückgegangen ist - juristische Personen von 3.941 auf 3.500, Einzelunternehmen von 17.722 über 23.594 in 2003 auf 17.800 in 2010.

Der Rinderbestand ist von 1991 4,947 Mio. über 2,432 Mio. in 2003 auf 2,260 Mio. in 2010 zurückgegangen.

Im Rahmen der Förderung wird auf die Umwelt bezogene Maßnahme, dem so genannten Greening, so wie die Degression und Kappung der Direktzahlungen verwiesen, die von der EU ab 2014 zu erwarten sein können (GAP). 

Die Bundesregierung lehnt diese Kappung und Degression ab. Die Unterschiede, das Unrecht der jetzigen Direktzahlungszuteilung zwischen Familienbetrieben (5 bis 10.000 € je AK/Jahr) in Ost und West und Agrargenossenschaft/ Agrarkapitalgesellschaften (20 bis 50.000 € je AK/Jahr) werden verschwiegen.

Die Förderung durch Bund und Länder, so wie weitere EU-Programme sind nicht dargestellt.

Die durch die BVVG noch zu privatisierenden einst enteignete land- und forstwirtschaftliche Flächen werden mit rund 400.000 ha angeführt. Dass die Agrargenossenschaften, die Agrarkapitalgesellschaften seit 20 Jahre Millionen Hektar zu niedrigsten Preisen erhalten haben, ist nicht erwähnt.

Das Verhältnis Unternehmensgründung 2010 mit 72.500 zu Liquidation mit 65.400 weist noch eine positive Differenz von rund 10 % aus. Betriebsaufgaben ohne Liquidation oder ohne Betriebsnachfolger sind nicht aufgeführt.

Ein Bundesprogramm „Initiative Demokratie Stärken“ soll sich Extremistenfragen annehmen und der Aufarbeitung der DDR-Diktatur dienen. Opfer von Unrecht und Misshandlungen Ostdeutscher Heimkinder werden finanziell unterstützt und erhalten Hilfsangebote. Wenn auch erst nach vielen Jahren und in bescheidener Höhe.

Rehabilitierung und Entschädigung von Opfern der SED-Diktatur soll in 3 Rehabilitationsgesetzen geregelt werden, die wiederholt aktualisiert wurden, um den Bedürfnissen anzupassen. Die zeitliche Verzögerung und geringe Höhe ist bedenklich.

Großer Bedeutung kommt unverändert dem Stasiunterlagengesetz zu, das inzwischen 8 Änderungen erfahren hat.

Nach 50 Jahren Mauerbau am 13. August 1961 erfolgt eine Fortschreibung der Gedenktstättenkonzeption. Mauergrundstücke wurden von Bund mit finanziert. Die 1.200 km lange innerdeutsche Grenze, die DDR und Bundesrepublik 40 Jahre getrennt hat, wird nur indirekt am Rande im Zusammenhang mit der Eröffnung des „Tränenpalasts“ in Berlin erwähnt.

Bis 2017, dem Jubiläum 500 Jahre Reformation, wird es jährlich überkonventionelle Schwerpunkte mit kulturellen Veranstaltungen in den Ländern  Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt geben. Wittenberg, der Ort Luthers Thesenanschlags, so wie die Wartburg werden neben Erfurt von zentraler Bedeutung sein. Die vom Thesenanschlag ausgehenden Impulse für die christliche Welt, sollen im Mittelpunkt stehen.

Sport und Sportstättenbau kommt durch den demografischen Wandel, so wie die unterschiedlichen Sportsysteme in Ost und West beachtliche Bedeutung zu.

Nach dem Ausblick auf den Wandel in Mitteldeutschland sei der Aufbau Ost ein Zeichen für den Erfolg des Zusammenwachsens von Ost und West. Dabei hat sich die Aufgabenstellung nicht verändert. Gleiche Lebensweise bleibt das Ziel. Die Verringerung der Wettbewerbsnachteile, der kleinteiligen ostdeutschen Wirtschaftsstruktur bleibt aktuell Herausforderung. Das kapitalkräftige Unternehmer fehlen, bleibt unerwähnt.  

Eine Übersicht über „Aktuelle Maßnahmen und laufende Programme der Bundesregierung für die neuen Länder“ führt 72 Maßnahmen und Programme auf.

Die Kosten hierfür, so wie der Personal- und Verwaltungsaufwand sind nicht erwähnt.

Ein Hinweis darauf, dass der „Stadtumbau Ost“ und die hierfür jährlichen angesetzten Millionen Euro im Wesentlichen der Entsorgung leerstehender Gebäude dient, fehlt. 

Das Bruttoinlandsprodukt (BIP), der wirtschaftliche Produktivitätsmaßstab, lag 2010 in den neuen Bundesländern bei 23.462 € je Einwohner, in den alten Ländern  32.340 € je Einwohner.  Je Arbeitsstunde lag dieses BIP in den neuen Ländern bei 35 €, in den alten Ländern bei 45,5 €.  

45 Jahre Teilung - 1945 bis 1949 Sowjetisch besetzte Zone (SBZ), Stalinismus, Enteignungen und Demontagen, sodann 40 Jahre DDR haben ganz offensichtlich so tiefe wirtschaftliche, mentale, kulturelle Spuren hinterlassen, in Deutschland, in Europa und der Welt, die ganz offensichtlich über Generationen sichtbar bleiben.

22.7 Unrecht eine Frage der Gerechtigkeit
22.  Recht und Unrecht
22.9 Verdrängt und verschwiegen