17.3 Die Wiedervereinigung vor dem Kadi
18. Landpachtfragen
18.2 Kein Schadensersatz nach Pachtvertragskündigung
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18.1 Vom Kampf ums Pachtland

Bangemachen gilt nicht! dachte sich ein ehemaliger LPG-Bauer und heutiges (Noch-) Genossen-schaftsmitglied und verpachtete seine 12 ha Land vernünftigerweise an einen Wiedereinrichter, nach-dem der seitherige Pachtvertrag mit der Agrargenossenschaft im Dezember 1999 ausgelaufen war. Grund war unter anderem die nicht korrekte Vermögensauseinandersetzung nach LwAnpG. Die zur Zeit noch beim Landwirtschaftsgericht ausgefochten wird.
Das Vertrauensverhältnis zu "seiner LPG" (Agrargenossenschaft), das auch bei einem Pachtvertrag mit Grundvoraussetzung ist, hatte dadurch erheblich gelitten. Also verpachtete er an einen privaten Bau-ern, obgleich er noch Genosse in der Agrargenossenschaft war und diese in ihrer auch von ihm aner-kannten Satzung bestimmt hat; daß Mitglieder ihr Land der Agrargenossenschaft zur Pacht andienen müssen.

Nun wollte die Agrargenossenschaft aber nicht hinnehmen, daß einer ihrer Genossen mit seinem Bo-den "fremdgeht" und ihr dadurch unter anderem lukrative Flächenprämien verloren gehen. Also ver-klagte sie den "Fremdgänger" auf Schadensersatz - 12.000,00 DM pro Jahr - für 3 Jahre, dem Ende der gekündigten Mitgliedschaft in der Agrargenossenschaft1 somit 36.000,00 DM.

Rechtsbeistand Dr. Werner Kuchs, der den Bauern vor dem Landwirtschaftsgericht in Sachen Vermö-gensauseinandersetzung nach LwAnpG vertritt, verteidigte den Bodeneigentümer beim Landwirt-schaftsgericht in Gera so gut es ging. Doch ein öffentlich bestellter und vereidigter "Sachverständiger" bestätigte die Schadenshöhe, obgleich die Agrargenossenschaft keinen Gewinn nachweisen konnte und ein Schaden nur durch Gewinnausfall denkbar ist.

Auch die übrigen Argumente der Verteidigung beeindruckten das Gericht in Gera nicht - der teilweise Eigenbedarf/die falsche Klage (auf Schadensersatz statt Verpflichtung zu Vertragsabschluß)/das ge-störte Vertrauensverhältnis, der falsche Zeitraum, auf den sich die Schadensklage stützte, die offene Frage in welcher Form (schriftlich oder mündlich) die Andienung zu erfolgen hat, denn schließlich hat-ten die beiden, der Vorstandsvorsitzende der Agrargenossenschaft und der Bodeneigentümer, über die künftige Verpachtung gesprochen und die Agrargenossenschaft hatte einen Pachtvertragsvorschlag vorgelegt - überzeugten das Landwirtschaftsgericht nicht und es sprach "Recht", indem es der Klage stattgab.

Dies konnte nun aber der Bauer nicht hinnehmen und ging mit der Revision vor das Oberlandesgericht in Jena Dort zerpflückten die Richter die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichtes Gera, änderten die Entscheidung ab und wiesen die Klage ab, da der Agrargenossenschaft als Klägerin "aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Schadensersatzanspruch wegen Nichtverpachtung landwirtschaftlicher Grundstücke zusteht, denn sie hat keinen durchsetzbaren Anspruch auf den Abschluß eines Pachtver-trages", denn bereits die Satzungsformulierung "alle in seinem Eigentum stehenden landwirtschaftli-chen Flächen, außer denen für den Eigenbedarf", seien anzudienen, ist gänzlich unbestimmt, weil je-des Mitglied ohne weiteres zunächst behaupten könne, das gesamte Land selbst zu brauchen.

OLG Jena Lw U 1037/01 vom 24.01.2OO2.

Fazit:

1.)
Privatbauern sollte alle Bodeneigentümer und diese sich auch gegenseitig hierüber informieren, einen möglichen Geschäftsanteil an "ihrer" Agrargenossenschaft kündigen, noch bevor die Agrar-genossenschaft ihre Satzung möglicherweise ändert, ihre Vermögensansprüche nach LwAnpG prüfen (Ansprüche auf bare Zuzahlung nach § 28 (2) LwAnpG sind in der Regel noch nicht ver-jährt, da die 10jährige Verjährungsfrist hier erst ab Folgejahr nach Eintragung in das Register be-ginnt - Eintragung in das Genossenschaftsregister 1992, Beginn 01.01.1993 plus 10 Jahre = 31.12.2002 - und ihr Land an Privatbauern verpachten.
2.)
Eine Pflicht des Bodeneigentümers, seinen Boden der Agrargenossenschaft für die Dauer seiner dortigen Mitgliedschaft oder gar noch länger zur Pacht anzudienen, besteht nicht, wenn die sat-zungsgemäße Andienungspflicht nicht wie in einem Vorvertrag genügend konkret bestimmt ist. Dabei muß der Pachtzins, die Pachtdauer, der Umfang der Pachtfläche (Parzellennummer), und al-le übrigen Pachtvertragsmodalitäten genügend bestimmt oder bestimmbar vorgegeben sein, So daß es möglich ist, eine Erfüllungsklage auf Abschluß des Hauptvertrages (Pachtvertrages) zu er-heben und notfalls zu vollstrecken.
3.)
Die Verweigerung eines Genossenschaftsmitglieds und Bodeneigentümers, seinen Boden der Ag-rargenossenschaft laut satzungsgemäßer Bestimmung zur Pacht anzudienen, führt nicht zum Schadensersatz.
B. Kein Schadensersatz nach Vertragskündigung Bereits im Urteil vom 14.12.1999 hat das LwAnpG in Chemnitz, Az: 14 XV 12/99, entschieden vom Oberlandesgericht Dresden mit Urteil vom 20.10.2000, Az: Lw U 1130/00 bestätigt, daß die Agrarge-nossenschaft keinen Schadensersatz fordern kann, wenn der Bodeneigentümer sein Land aus berech-tigtem Grund kündigt. Im Pachtvertrag war unter § 7 Abs. 5 vereinbart:

"Bei Verkauf von LN (Bauland) oder Eigenbedarf ist eine Herausgabe von LN aus der Pachtfläche durch schriftliche Kündigung möglich. Der Pächter kann das Pachtverhältnis zum Ende des Wirt-schaftsjahres kündigen - bei einer Kündigungsfrist von 6 Monaten. Die Herausgabe von bestellter Flä-che ist schadensersatzpflichtig." Ferner hieß es zur Beschreibung der Pachtsache:

"Beim Zustand der Pachtsache wird der Zustand beim Eintritt in die LPG zu Grunde gelegt. Geht aus dem Übernahmeprotokoll die Flächenbestellung nicht hervor, wird folgendes Anbauverhältnis unterstellt - davon 50% pauschale Bestellung. Grünland 25% Ackerland 75% der Nutzfläche von Ackerland 50% Getreide, 15% Feldfutter, 15 Kartoffeln, 10% Rüben, 10% Ölfrüchte Die Verrechnung erfolgt nach dem Termin des Eintritts und Kalkulation marktüblicher Preise." Der Bodeneigentümer hat seine 16 ha Land bei der Agrargenossenschaft wegen Eigenbedarf gekün-digt. Die Agrargenossenschaft fordert daraufhin für die Restlaufzeit von 6 Jahren einen Gesamtscha-densersatz in Höhe von über 74.000 DM, wobei die Agrargenossenschaft vor allem auch die Flächen-prämien in den Schaden einbezogen hat. Der Bauer, der von Rechtsbeistand Dr. Werner Kuchs beim Amtsgericht in Chemnitz und Oberlandes-gericht in Dresden beraten und vertreten wurde, konnte seine Gegenrechnung aufmachen, daß näm-lich die Flächen bei Einbringung in die LPG zumindest zum größten Teil bestellt waren, obgleich im LPG-Übernahmeprotokoll hiervon nichts festgehalten war. Nach § 44 Abs. 1, Ziffer 1 LwAnpG und der dazu vorliegenden gefestigten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann jedoch von der Bestel-lung und Einbringung gleichgestellter Leistungen ausgegangen werden.

Sowohl das Amtsgericht/Landwirtschaftsgericht in Chemnitz als auch das Oberlandesgericht in Dres-den haben dem Bauer Recht gegeben und die Schadensersatzforderung der Agrargenossenschaft zu-rückgewiesen. Dafür durfte die Agrargenossenschaft die Kosten des Verfahrens und die Vertreter bei-der Parteien zahlen. Wichtig ist daher immer wieder darauf hinzuweisen, das in Landpachtverträgen - wie auch sonst - ein-deutige schriftliche Vereinbarungen getroffen werden. Daß die Bodeneigentümer dennoch nicht ganz sicher sein können, daß die LPG-Nachfolgeunternehmen einen Grund erfinden und Schadensersatz fordern oder zumindest damit drohen, um Ängste zu schüren, kann erfahrungsgemäß nicht ausge-schlossen werden.

Den Schaden hatten die Agrargenossenschaften, statt 12.000,00 DM Schadensersatz 12.000,00 DM Gerichts- und Anwaltskosten beider Parteien.

Stollberg, den 01.03.2002

17.3 Die Wiedervereinigung vor dem Kadi
18. Landpachtfragen
18.2 Kein Schadensersatz nach Pachtvertragskündigung